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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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»Das sollte sie auch besser nicht!«, brummte er, doch
auch er wirkte erleichtert. »So, nun reden Sie! Wo ist meine
Tochter? Vorausgesetzt, Sie wissen es und versuchen nicht
nur, uns an der Nase herumzuführen. Es würde Ihnen Leid
tun, wenn Sie das versuchen, das verspreche ich Ihnen.«
»Jane ist in London«, entgegnete ich, ohne auf seine Drohung einzugehen, auch wenn sich in mir der starke Impuls
regte aufzustehen und das Haus zu verlassen. »Sie wohnt
gegenwärtig bei mir.« Falls ich jetzt ging, wäre Tig verloren
und er überzeugt, dass er doch Recht gehabt hatte. Dass ich
versucht hatte, sie beide übers Ohr zu hauen, und dass er
mir den Mumm genommen hatte.
»Und was soll das für eine Wohnung sein?« Sein Verhalten und seine Stimme waren eine einzige Beleidigung.
»Ich habe rein zufällig eine Souterrainwohnung in einer
sehr respektablen Straße«, antwortete ich und ließ mich dazu verleiten, meine Empörung zu zeigen.
»Wie bezahlen Sie denn die Miete für Ihre Wohnung? Haben Sie Arbeit? Oder sind Sie eine Sozialschmarotzerin, die
auf Kosten der Gesellschaft lebt, wie all die anderen auch?«
Ich war wirklich froh antworten zu können, dass ich eine
Arbeit hatte, jawohl, in einem Zeitungsladen. Mir wurde
bewusst, dass ich diese Unterhaltung in den Griff bekommen musste, oder ich würde hier sitzen und mich von Colin
Quayle schikanieren lassen, bis er meiner überdrüssig war
und mich rauswarf.
»Nun«, sagte ich forsch und stellte meine Tasse auf den
Tisch zurück, »Sie werden sicher erfreut sein zu hören, dass
Tig – ich meine Jane – wohlauf und gesund ist. Sie hat stark
abgenommen …«
Sheila Quayle stieß einen Schreckenslaut aus und legte
die orangebraunen Fingernägel an die Lippen. Ihr Ehemann
bedachte sie mit einem ärgerlichen Blick.
»War sie krank?«, fragte er.
»Nein … aber sie hat auf der Straße gelebt.«
Sheila stöhnte leise. Colin Quayle bedachte sie mit einem
weiteren wütenden Blick. »Hör auf zu jammern, Sheila, um
Himmels willen! Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es
einfach!«
Doch er gab ihr keine Chance dazu. Er wandte sich zu
mir und sprach ohne Pause weiter. »Damit meinen Sie
wohl, dass Jane unter Brücken und in Hauseingängen geschlafen hat.«
»In letzter Zeit, ja. Nicht die ganze Zeit. Sie hat an verschiedenen Orten gewohnt. Einmal haben wir zusammen
mit ein paar anderen in einem besetzten Haus gewohnt.«
»Ich dachte, Sie hätten gesagt, dass Sie eine Wohnung besitzen?«, schnappte er aufgebracht.
»Bevor ich die Wohnung hatte, habe ich an verschiedenen Orten gewohnt. Hören Sie«, ich wurde allmählich ebenfalls ärgerlich, »möchten Sie nun etwas über Ihre Tochter
erfahren oder nicht?«
»Fangen Sie mir nicht so an …«, wollte er aufbrausen,
doch zu meiner nicht gelinden Überraschung wurde er von
seiner Frau unterbrochen.
»Lass sie ausreden, Colin. Wenn du sie ständig unterbrichst, kommen wir nicht weiter.«
Er sah sie verblüfft an und verstummte. Ich begann meine Geschichte zu erzählen.
»Jane würde gerne nach Hause zurückkommen, doch Sie
müssen vorbereitet sein … falls sie kommt, weil sie sich
nämlich sehr verändert hat. Sie hat eine Reihe schlimmer
Erfahrungen hinter sich. Es war eine harte Zeit für sie. Sie
vertraut niemandem mehr. Sie hat Angst vor der Polizei.«
Seine Augen traten hervor, und er öffnete den Mund, doch
bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich hastig fort. »Nicht,
weil es einen Grund dafür gäbe, sondern wegen des Lebens,
das sie geführt hat. Die Polizei hat sie schikaniert, wie alle
anderen Obdachlosen auch. Sie … während ihrer Zeit auf
der Straße wurde sie überfallen. Sie wurde verletzt. Außerdem musste sie Dinge tun, die hart am Rande des Gesetzes
waren …«
Beide starrten mich in sprachlosem Entsetzen an. Ich
wusste, dass ich ihnen nichts davon erzählen durfte, dass
Tig sogar auf den Strich gegangen war, ganz zu schweigen
von der Vergewaltigung durch die Stadttypen.
»Beispielsweise betteln«, beendete ich meinen Satz.
»Betteln!«, kreischte Sheila Quayle.
»Betteln?«, rief auch Colin ungläubig. Vielleicht wäre ihnen die Vorstellung, dass man ihre Tochter vergewaltigt
hatte, doch nicht so grauenvoll erschienen. Er brüllte beinahe, als er fortfuhr. »Meine Tochter hat auf der Straße gebettelt? Um Himmels willen, warum … warum hat sie denn
nicht einfach das Telefon genommen und zu Hause angerufen? Wir wären doch sofort gekommen und hätten sie abgeholt! Oder

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