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Granger Ann - Varady - 05

Titel: Granger Ann - Varady - 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Und hute dich vor deinen Feinden AEA4CEC7
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Haaren. Er sah nicht gerade freundlich aus.
    »Was willst du?«, fragte er.
»Nichts«, antwortete ich. »Ich dachte, dass er vielleicht
jemand ist, den ich kenne.« Ich deutete auf das erbärmliche
Bündel am Boden.
»Und?« Er klang noch unfreundlicher, wenn das denn
möglich war.
»Hör mal«, sagte ich, »ich will keine Scherereien, okay?
Ich bin ihm vor ein paar Tagen begegnet, und er war noch
so jung; deswegen hab ich mir Sorgen gemacht.«
Er grinste mich link und feindselig an. »Das ist kein Junge.«
Ich sah auf die zusammengekauerte Gestalt unter der Decke hinab. War das tatsächlich eine Frau? Es gab viel weniger Frauen als Männer, die draußen übernachteten.
Genau in diesem Augenblick bewegte sich die Gestalt,
schob die Decke zurück und richtete sich auf. Es war ein älterer Mann, ein kleiner, verschrumpelter, an einen Gnom
erinnernder Kerl. Was mir im ersten Augenblick wie
schwarzes Haar erschienen war, entpuppte sich nun als grau
und dunkel von Fett. Er starrte mich erschrocken an, dann
an mir vorbei zu dem Typen mit der Wollmütze, den er zu
kennen schien, und fixierte ihn hoffnungsvoll.
»Alles in Ordnung, Billy«, sagte der Kerl mit der Wollmütze überraschend freundlich. »Es war ein Versehen. Die
Lady hier sucht nach jemand anderem.«
»Es tut mir leid, bitte entschuldigen Sie«, sagte ich zu Billy, dessen Blick wieder zu mir zurückgewandert war und der
mich nun mit den Augen von jemandem musterte, der bereits zur Hälfte im Land der Schatten ist. Ich drehte mich zu
dem Typen mit der Wollmütze um und wiederholte: »Tut
mir leid, ehrlich.«
»Schon gut«, sagte er. »Wir haben alle ein Auge auf ihn.
Wenn sich jemand für ihn interessiert, sehen wir nach.«
Sein Gesichtsausdruck wurde erneut grimmig. »Manche
Leute, Betrunkene und auch Nüchterne, scheinen es für lustig zu halten, ihn noch mehr fertigzumachen. Er ist nicht
mehr ganz klar hier oben.« Er tippte sich an die Schläfe.
»Er sollte gar nicht hier draußen schlafen«, sagte ich. Der
Typ erwiderte nichts darauf. Ich hatte auch nicht mit einer
Antwort gerechnet.
Ich setzte meinen Weg fort. Die Begegnung hatte mich
erschüttert. Sie hatte außerdem die Erinnerung an den Jungen wieder in mir wachgerüttelt. Gab es jemanden, der auf
ihn aufpasste, wie die Straßenbewohner auf den wirren alten
Mann? Oder war er ganz allein in einer gefährlichen und
fremden Welt? Ich beschloss, Ganesh doch noch von meiner
Begegnung zu erzählen.
»Es gibt da etwas, worüber ich gerne mit dir reden würde«, sagte ich, als wir dem Rose Pub und unserer Probe entgegeneilten. »Aber wir haben im Moment nicht viel Zeit,
sonst kommen wir zu spät. Ich erzähl’s dir hinterher.«
Ganesh setzte den Fuß in eine Pfütze und sah mich an.
»Was auch immer du vorhast, lass es sein«, grollte er.
An diesem Abend gab es einen furchtbaren Krach unten
in der Bar, und wir hörten den Lärm bis oben im Veranstaltungsraum. Es war noch immer eisig kalt, und wir hatten
uns bei Denise über die ungeheizten Räumlichkeiten beschwert. Es wäre sinnlos gewesen, sich bei Freddy zu beschweren, doch Denise zeigte mehr Verständnis und grub
einen alten Calor-Gasofen aus, der mitten auf der Bühne
sein Bestes gab. Wenn man im Umkreis von einem Meter
um das Gerät stand, war es absolut in Ordnung. Ein Stück
weiter, und man fror immer noch. Ich stand an der Seite,
bei den Vorhängen, und versuchte, nicht allzu tief zu atmen.
Sie rochen nach Staub, Feuchtigkeit und Moder.
»Wir sollten diese Dinger vielleicht einmal ausprobieren«,
warnte ich Marty. »Womöglich funktionieren sie gar nicht
mehr. Und überhaupt … Wer übernimmt eigentlich die
Vorhänge?«
»Denise«, antwortete Marty gestresst und raschelte wütend mit seinen Papieren. »Vorhänge und Souffleuse. Während der Vorstellung, heißt das. Bis dahin müssen wir ohne
sie auskommen.«
»Wie können wir das? Ich meine, wir brauchen unsere
Souffleuse jetzt, und sie muss außerdem wissen, wann sie
die Vorhänge ziehen soll.«
»Ich frage sie, okay? Denise wird dabei sein, wenn wir in
Kostümen proben. Sie hat schon für andere Produktionen
die Vorhänge gemacht; sie kennt sich aus damit. Keine Sorge, sie baut keinen Mist, okay? Also schön, alles herhören!
Ich habe mit Kreide die Stellen auf der Bühne markiert, wo
die Möbel stehen werden, sobald die Vorhänge hochgehen.
Und jetzt gehen wir durch den ersten Akt.«
»Woher kriegen wir die Möbel, wenn es so weit ist?«, fragte
Carmel unverzüglich.

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