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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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an!«
    »Was, meine Gnädigste, ist schon Freundschaft?«, imitierte er den Tonfalls Nellos, »ein Zweckbündnis oder eine Herzensangelegenheit? Oder nur ein schöner Schein, der dann verschwindet, wenn das grelle Licht der Wahrheit auf ihn fällt?«
    »Höfnagel, Sie sprechen in Rätseln! Was wissen Sie?«
    »Fragen ist Silber, Rauskriegen ist Gold! Sie sind doch so eine Superschlaue, also strengen Sie Ihren Grips an!«
    »Was ist mit dieser ›Loge‹? Hat sie damit zu tun?«
    »Sie sind neugierig, Grappa, und das ist gut so. Nello war auch neugierig, aber zu neugierig, wenn Sie mich fragen. Sein Tod ist die Folge von zu viel Wissen. Und der Unfähigkeit, damit richtig umzugehen. Er hat seine Kräfte überschätzt.«
    »Also ist er nicht wegen seiner Schreiberei umgebracht worden?«
    »Natürlich nicht! Er schreibt seit vielen Jahren. Die Leute ärgern sich, und dann beruhigen sie sich auch wieder. Nichts ist älter als eine Zeitung von gestern.«
    »Höfnagel! Wollen Sie mir helfen oder nicht? Mit dubiosen Andeutungen kann ich nichts anfangen. Ich brauche den Anfangsfaden vom Knäuel. Was hat er gewusst?«
    »Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall wollte die ›Loge‹ ihn loswerden.«
    »Tatsächlich? Warum?«
    »Ich weiß nichts Konkretes, sondern ich vermute nur. Feudel hat sich in den letzten Monaten von Nello distanziert. Beutelmoser ging auch auf Abstand. Beide hatten Angst vor Nello, doch ich bin nicht dahinter gekommen, um was es genau ging. Das müssen Sie rauskriegen, Grappa!«
    »Welche Rolle haben Sie in dem Spiel?«
    Er strich sich sein feuchtes Haar hinter die Brillenbügel. Er sah jetzt aus wie ein frischgebackener Pennäler, etwas beschränkt und wild darauf, das richtige Leben kennenzulernen. Er wollte mich in eine kriminelle Geschichte verwickeln, aber selbst nichts damit zu tun haben, wenn es Schwierigkeiten geben würde.
    »Welche Rolle?«, beantwortete er meine Frage. »Ich beobachte nur. Leider weiß ich zu wenig. Ich bin nur sicher, dass ich Nello von Prätorius nicht umgebracht habe!«
    »Das wird sich erst noch zeigen!«, gab ich zurück. Dann überließ ich die Trauergemeinde ihrem Leichenschmaus und stellte mich innerlich schon mal auf Möhrenkuchen mit Honig und Gerstenkaffee im »Café Samowar« ein.

Es fehlen zwei Tage in Nellos Leben
    Mein Buttermilchflip schäumte, sein Kräutertee zog in einer irdenen Tasse. Aristide von Prätorius war tatsächlich ein ziemlich ungezogener Junge, dessen Erzählung – oder war es eher ein Geständnis? – viele originelle Wortspiele aufwies, sprachlich über dem Durchschnittsniveau der ihm gleichaltrigen Jugend lag und zudem noch possierlich vorgetragen wurde. Er hatte eine Menge Talente. Schade nur, dass er vermutlich die nächsten fünf bis 20 Jahre im Knast wenig Gelegenheit haben würde, seine Begabungen noch weiter auszubauen. Wirklich jammerschade.
    Das war seine Geschichte: Er und drei Kumpel hatten Nello nach einem Kneipenbesuch nach USA-Serien-Manier in ein Auto gezerrt und ihn in dem Melpomene-Büro untergebracht. Am nächsten Tag gaben sie ihm ein Textbuch von Kleists »Zerbrochnem Krug« und schlugen ihm vor, einige Passagen der Rolle des Dorfrichters Adam auswendig zu lernen.
    »Warum das?«, fragte ich.
    »Wer so kritisiert wie Nello, der muss zeigen, dass er's besser kann!«, antwortete er trotzig.
    »Muss ich, um die Qualität von Hühnereiern zu beurteilen, erst selbst welche legen?«, fragte ich zurück.
    »Nein, aber Sie kritisieren die Henne ja auch nicht, wenn Ihnen das Ei nicht schmeckt.«
    »Würde ich schon, doch finden Sie mal in einer Legebatterie die Urheberin eines einzelnen Eies!«
    »Der Vergleich hinkt irgendwie!«
    »Wenn Sie meinen! Weiter! Hat Ihr Vater Sie nicht erkannt?«
    »Wir hatten uns Masken aufgesetzt!«
    »Wie im Mantel-und-Degen-Film! Zorro, der Rächer der Enterbten!«
    »Lassen Sie Ihre Ironie! Wir wissen heute auch, dass die Sache ein Fehler war!«
    »Die Reue kommt zu spät. Hat Ihr Vater die Rolle denn gelernt?«, wollte ich wissen und testete den Buttermilchflip. Er schmeckte nach Himbeer und Holzkleber.
    »Er weigerte sich«, erzählte Aristide, »da haben wir ihm das Essen gestrichen. Damit sein Widerstand gebrochen würde.«
    »Eben mal das Essen gestrichen! Jetzt brech ich zusammen! Das sind Foltermethoden!«, rief ich. »Ist Ihnen das nicht klar?«
    »Ich nenne so was lieber erfolgsorientiertes Handeln«, widersprach der Nello-Sprössling ungerührt, »hat ja auch geklappt. Der Zweck heiligt die

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