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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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steht fest, dass die Entführer ihn getötet haben. Er hat unter ihnen seinen eigenen Sohn entdeckt, und der hatte Angst vor einer möglichen Entlarvung. Und falls die Kidnapper es nicht waren … ich dachte immer, die Polizei sei für Ermittlungen in Mordfällen zuständig!«
    »Der Erfolg heiligt die Mittel. Frau Grappa glaubt, dass Nellos Tod etwas mit der ›Loge‹ zu tun hat. Ich habe ihr gesagt, dass ich mir das gar nicht vorstellen kann. Also habe ich Frau Grappa zu dieser Weinprobe eingeladen. So kann sie sich selbst davon überzeugen, dass ihr alle ganz harmlos seid!«
    Dabei blickte er in die Runde und fixierte Beutelmoser und Pistor. Die beiden warteten erst einmal ab und machten neutrale Gesichter. Eine lockere Stimmung würde nicht aufkommen. Irgendwer störte, und ich hatte das Gefühl, dass ich diese Person war.
    Vielleicht würde der Alkohol etwas Leben in die langweilige Herrenrunde bringen! Flinkes Personal stellte winzige Probiergläser vor uns auf. Laut Liste gab's nun leichte Weißweine.
    Der Präsentator des kühlen Nasses tauchte auf. Otto Grünger begrüßte seine Freunde mit Handschlag und ließ die üblichen Begrüßungsfloskeln ab. Dann begann das Ritual.
    Auch ich schätze einen guten Tropfen, so dass ich seinen Worten andächtig lauschte. Die wahre Poesie unserer Zeit wird hier gesagt, dachte ich, der Mensch beschreibt Genüsse und wächst dabei verbal über sich selbst hinaus.
    Aus »sauer« wird »fruchtig«, aus »dumpf« wird »abgeklärt«, und aus »überfällig« wird »reif«. Otto Grünger schien ein Meister seines Fachs. Er senkte die Zunge in die erste Probe, sog den Wein ein, legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen.
    Nach einer kurzen Weile der Andacht sprach er: »Es handelt sich bei diesem Weißwein um einen Grünen Veltliner, Rotes Tor, Kabinett. Lassen Sie ihn wirken, geben Sie sich hin, und Sie werden die rauchige typische Note schmecken, fest und kompakt, relativ streng. Im Abgang lässt es sich dann nicht mehr verbergen. Es handelt sich um einen harmonischen und charakteristischen Veltliner. Tauchen Sie ein, meine Dame, meine Herren!«
    Die »Loge« schloss gemeinsam die Augen, um den Tropfen zu genießen. Mit den Zungen wälzten sie die Flüssigkeit von einer Maultasche zur anderen, schmeckten fachmännisch ab, spitzten die Lippen und schluckten. Sie verharrten eine Weile, um den Abgang des Weißen nicht zu verpassen.
    »Typischer Veltliner«, bestätigte Paul Pistor, »ich habe dort mal Urlaub gemacht. Ich kenne die Tropfen. Ein schönes Weinchen, ja wirklich!«
    Die anderen schwiegen. Ich hielt mein Glas gegen die Sonne. Es war leicht beschlagen, der Wein hatte einen leicht grünlichen Ton. Ich liebe diese frischen, kühlen, säuerlichen Tropfen.
    Reiß dich zusammen, sagte ich mir, trink nicht zu viel und zu schnell, damit du die Sache im Griff behältst.
    Otto Grünger gab seinem Personal ein Zeichen. Die Gläser wurden abgeräumt und flugs durch neue ersetzt.
    Lazarus Beutelmoser saß mir schräg gegenüber. Die Abendsonne machte sein Gesicht runder und verlieh seiner Haut einen seidigen Glanz.
    Ich nahm noch einen Schluck. Mein Herz wurde leicht, und meine Seele balancierte auf Daunen. In solchen Momenten werde ich meist sentimental. Schon passierte es: Dieser arme alte Mann, dachte ich. Wenn er wüsste, was du gegen ihn im Schilde führst! Willst ihm die Freude an seinem Werk nehmen. Dann fiel mir ein, dass es wahrscheinlich nicht sein Werk war, und ich riss mich zusammen. Journalisten auf Recherche kennen keine Gnade! Ich schnappte das letzte Weißbrotstückchen vom Teller.
    »Jetzt werde ich Ihnen meine Theorie über den Mord an Ihrem Vereinsmitglied Nello von Prätorius erläutern!«
    Um die Spannung zu erhöhen, kaute ich etwas länger als notwendig auf dem Brot herum. Ich fühlte mich wie Meisterdetektiv Sherlock Holmes, der seine Fälle zum Schluss im Kreise der Verdächtigen löst. Geniale Ermittlungsmethoden, überdimensionale Intelligenz und ausgefeilte Redetechnik – ich ging ähnlich vor wie das britische Superhirn. Nur Holmes hatte nie ein Weinglas in der Hand, wenn er die Verbrecher zur Strecke brachte.
    »Der Mörder von Nello von Prätorius hat die Gunst der Stunde genutzt«, erzählte ich mit leichten Schwierigkeiten bei den Zisch-Lauten.
    »Als Ihr Logen-Bruder freigelassen wurde, ist Nello freiwillig zu seinem Mörder hingegangen. Um sich auszuweinen, sich zu erholen oder nur, um mit jemandem zu sprechen.«
    »Wer von uns könnte das

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