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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Gefährt herum und startete.

Schön und scheu
    Einige Minuten lang sprach niemand von uns. Auf der Straße kamen uns die ersten Feuerwehrautos mit gleißendem Blaulicht entgegen. Ich betrachtete Nazmi. Sein dunkles Haar hing feucht und wirr in seine Stirn. Ich fand ihn erneut ungemein attraktiv, geheimnisvoll und auf eine rührende Art scheu.
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte ich.
    Nazmi antwortete nicht.
    Ich schaute an mir hinunter. Geistesgegenwärtig hatte ich meine Tasche gepackt, doch mein Mantel war im Chez Justine geblieben. Das Lederkostüm war etwas verrutscht, ich bemerkte, dass ich eine blutige Schramme am Oberschenkel hatte, und erinnerte mich, an irgendetwas hängen geblieben zu sein während der schnellen Flucht. Doch sonst war ich okay.
    »Also – noch mal«, wiederholte ich. »Warum haben Sie das getan?«
    »Ich hasse diese Leute«, erklärte Nazmi mit unterdrückter Wut in der Stimme. »Und ich hasse Sie – weil Sie dazugehören.«
    »Ich bin keine von denen. Wenn Sie mir nicht glauben – warum haben Sie mich dann gerettet?«
    »Ein Reflex.«
    »Wo fahren wir hin?«
    Er schwieg.
    Ich schaute aus dem Fenster und versuchte herauszufinden, wo wir uns befanden. Die Straße führte in die Bierstädter Innenstadt.
    »Lassen Sie mich in der City aussteigen!«, forderte ich.
    »In dieser Kleidung?«, fragte er und schaute an mir hinunter.
    »Sie haben Recht«, sagte ich. »So kann ich mich nicht blicken lassen. Können Sie mich zu meiner Wohnung fahren?«
    »Ich glaube nicht, dass ich das tue. Sie haben mich erkannt und werden die Polizei informieren«, stellte er fest.
    »Ich würde wohl kaum mit Ihnen in diesem Auto sitzen, wenn ich das vorhätte.«
    »Wir fahren zu meiner Wohnung. Ich brauche Zeit, um zu überlegen.«
    »Wie Sie wollen.«
    Ich war ruhig, rechnete nicht damit, dass er mich umbringen würde, zumindest noch nicht. Er war kein Verbrecher, zumindest keiner der gewöhnlichen Art. Etwas Geheimnisvolles umgab ihn, ein Rätsel, das darauf wartete, gelöst zu werden. Natürlich von mir.
    »Okay«, sagte ich. »Wir stehen das durch.«
    »Dann kommen Sie also freiwillig mit?«
    »Habe ich eine Wahl?«
    Den Rest des Weges zu seiner Wohnung schwiegen wir. Ich schaute auf die Uhr, es war gegen zwei. Es regnete immer noch.
    Er stoppte den Wagen, stieg aus, kam zur Beifahrertür und öffnete sie.
    »Damit Sie nicht nass werden«, sagte er und legte mir seine Jacke um die Schultern. Ich stöckelte in den lächerlichen Stiefeln hinter ihm her, hoffte, dass mich niemand in dem Aufzug sehen würde. Mein Wunsch wurde erfüllt, denn im Treppenhaus war alles still.
    Nazmi Radic stand an der Tür. Er schloss auf, schob mich sanft in den Flur, dann in ein Zimmer.
    »Wollen Sie etwas trinken?«, fragte er.
    »Ein Kaffee wäre nicht schlecht«, antwortete ich. »Aber zuerst mal brauche ich ein Handtuch.«
    »Geht in Ordnung.«
    Er ging, kam mit einem Handtuch zurück.
    »Haben Sie etwas anzuziehen für mich? Ich will unbedingt aus diesen Klamotten raus.«
    »Ich habe nur Männersachen.«
    »Das macht nichts. Eine Jogginghose, ein T-Shirt ... oder so was Ähnliches. Mir ist so schrecklich kalt.«
    Nazmi nickte. »Moment. Ich hole Ihnen etwas.«
    Als er draußen war, blickte ich mich um. Ich war in einer typischen Junggesellenbude, die zweckmäßig und nicht besonders gemütlich eingerichtet war.
    »Nehmen Sie!« Nazmi war inzwischen zurückgekehrt, hielt mir eine Jogginghose und ein T-Shirt hin. »Das müsste Ihnen passen. Das Bad ist dort drüben. Wenn Sie wollen, können Sie auch heiß duschen.«
    »Danke.«
    Im Bad schälte ich mich aus den Ledersachen, atmete durch und setzte mich auf den Badewannenrand. Meine Gedanken torkelten durcheinander.
    Ich wusch mich, rieb mir die grelle Schminke vom Gesicht, sah nach ein paar Minuten wieder fast normal aus. Mit einer Bürste entfernte ich den Haarlack aus meinem roten Schopf, hielt den Kopf unter den Wasserhahn und frottierte das Haar. Meine Lippen waren fast lila, so kalt war mir noch immer. Schnell schlüpfte ich in die Sachen. Sie waren mir ein bisschen zu weit, doch nach der Enge des Leders war das eine echte Wohltat.
    Nazmi hatte inzwischen Kaffee gekocht, er dampfte auf dem Tisch in zwei hohen Bechern. »So sehen Sie besser aus. Schwarzes Leder steht Ihnen nicht«, meinte er.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich hatte noch nie Talent zur Verworfenheit. Andere Frauen sehen in Leder hocherotisch aus, ich nur saukomisch.«
    »Jetzt sehen Sie erotisch aus«,

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