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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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behauptete der Brandbombenwerfer.
    »Danke für die Blumen. Haben Sie Milch?«
    »Leider nicht. Ich habe nie viel im Haus, weil ich kaum hier bin.«
    »Und wo basteln Sie die Brandbomben?«
    »Ich habe eine Werkstatt.«
    »Wie praktisch.« Ich griff zum Kaffeebecher und trank.
    »Nazmi ...«, sagte ich dann. »Woher kommt dieser Name?«
    »Ich bin Bosnier.«
    »Moslem?«
    »Ja.«
    »Warum dieser Anschlag?«
    »Das habe ich doch schon gesagt – weil ich diese Leute hasse.«
    »Woher kannten Sie den Club? Ich lebe seit zwanzig Jahren in dieser Stadt und hatte noch nie von ihm gehört ...«
    »Ich kenne ihn über einen Freund. Er ist Bosnier – wie ich. Allerdings bosnischer Serbe. Soll ich Ihnen eine Wolldecke bringen?«
    »Ist nicht nötig. Ich bin schon wieder einigermaßen aufgewärmt.«
    Er betrachtete mich, ich schaute ihn an. Die Zeit blieb eine Weile stehen.
    »Wirst du mich verraten?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Warum?«
    »Ich mag deine Augen«, hörte ich mich sagen, »weil sie so traurig sind. Und so unendlich tief.« Ich rückte näher an ihn heran. »Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?«
    »Du erinnerst mich an meine Vergangenheit.«
    »Erzähl es mir!«, forderte ich.
    »Du siehst aus wie sie. Du lachst wie sie. Sie hat den Kopf auch so nach hinten geworfen. Und sich durchs Haar gestrichen, wenn sie aufgeregt war ... so wie du.«
    »Haben wir uns neulich eigentlich zufällig kennen gelernt?«
    »Nein«, gestand Nazmi. »Ich habe dich damals gesehen. Und mich erkundigt, wer du bist.«
    »Wo hast du mich gesehen?«
    »Auf dem Rathausplatz. Zusammen mit einem Fotografen.«
    »Als Mantheys Leiche gefunden wurde? Ich habe dich nicht bemerkt, obwohl ich ein geschultes Auge für attraktive Männer habe. Was hast du dort gemacht?«
    »Ich war zufällig dort«, behauptete Nazmi.
    »Zufällig? Ein merkwürdiger Zufall.«
    »Es war wirklich so. Ich hatte im Rathaus etwas zu erledigen. Es ging um meine Aufenthaltsgenehmigung.«
    Das klang plausibel.
    »Mir ist sofort die Ähnlichkeit aufgefallen. Da musste ich dich kennen lernen.«
    Ich fragte nicht, wem ich so ähnlich war, denn ich ahnte, dass dies eine lange, schmerzliche Geschichte sein würde, die er vielleicht noch nicht erzählen wollte.
    »Der serbische Freund, der dir von dem Club erzählt hat – wie heißt er?«, wechselte ich das Thema.
    »Arnim Lika. Er ist mein Arzt.«
    »Das kann doch nicht wahr sein«, rief ich. »Lika war mit einer Sklavin im Chez Justine , als du die Bomben geworfen hast. Er ist ein unangenehmer, widerlicher Frauenquäler! Ich dachte, du hasst diese Leute!«
    »Er besucht den Club nur, um Material für seine Bücher zu sammeln. Genau wie du es getan hast – um Stoff für eine Geschichte zu bekommen.«
    »Lika hatte eine Sklavin dabei. Sie musste ihre Cola aus einem Hundenapf trinken!«
    Nazmi schien wenig beeindruckt. »Arnim therapiert masochistische Frauen. Er spult mit ihnen ein Programm ab, das in mehreren Phasen abläuft. Das war bestimmt eine Patientin.«
    »Da lachen ja die Hühner«, entgegnete ich. »Hat Lika von dem Brandanschlag gewusst?«
    »Nein. Ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen. Das war ganz allein meine Idee. Außerdem wusste ich nicht, dass er heute Abend da sein würde.«
    Nazmi war aufgestanden und ging unruhig durchs Zimmer. Ich hatte ja schon im Biergarten geahnt, dass irgendetwas mit ihm nicht in Ordnung war. Doch jetzt wollte ich es genau wissen.
    »Warum bist du Likas Patient? Welche Krankheit hast du?«
    »Depressionen, Melancholie, Neurose, Schuldgefühle ... so was in der Richtung.«
    »Lika ist Serbe. Wie kannst du mit einem Serben befreundet sein, nach dem, was die Serben deinen Leuten im Bürgerkrieg angetan haben?«
    »Wir kennen uns seit fast dreißig Jahren, sind zusammen aufgewachsen. Unsere Familien stammen aus demselben Dorf und haben Jahrzehnte friedlich zusammengelebt. Arnim und ich sind als Kinder nach Deutschland gekommen – sollen wir uns jetzt bekämpfen?«

Stahlwolle und reines Weiß
    Nachdem er mir seine Geschichte erzählt hatte, fielen wir im Morgengrauen erschöpft in sein Bett. Als ich aufwachte, lag ich an seinen nackten Rücken geschmiegt, wusste zuerst nicht, was passiert war, erinnerte mich dann an die Nacht, in der ich aus einem Feuer geflüchtet war, eine Geschichte von Trauer, Gewalt und Tod gehört hatte und mit einem seelisch gestörten Attentäter eine Affäre begonnen hatte, die weiß der Himmel wo enden würde.
    »Guten Morgen«, sagte Nazmi. Er

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