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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sah Balkan-Freund Friedel Knaup beflissen hin und her wieseln. Als er mich erblickte, gefroren seine Gesichtszüge und er drehte schnell ab.
    »Hallo, Grappa«, hörte ich Tom Piny sagen. »Ganz schön was los heute Abend.«
    »Allerdings«, brummte ich. »Ich habe die Nase voll von dem Wahlkampfgetümmel.«
    »Was ist los?«
    »Ich habe wenig geschlafen.«
    »Bist du krank?«
    »Ach wo. Ich habe noch lange über die Morde nachgedacht.«
    »Und? Zu welchem Ergebnis bist du gekommen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das weißt du doch.«
    Tom Piny brach in herzhaftes Gelächter aus. »Da oben sitzt er. Guck dir Nagel an! Sieht so ein Doppelmörder aus?«
    »Alles Tarnung. Er ist der Einzige, der ein Motiv hat, weil er unbedingt an die Macht will.«
    Ich musterte Nagel. Er saß auf der Empore des Saals, richtete gerade sein Namensschild, suchte den Kontakt zu seinen Beratern. Es wirkte rührend und hilflos. Hinter Nagel hing der Gekreuzigte in Großformat an der Wand, darunter ein auf die Wand gepinselter Spruch aus der Bibel: Der Herr ist mein Hirte ...
    Geraune kam auf, CDU-Kandidatin Smart rückte an. Sie war in Begleitung ihres Wahlkampf-Oldies Dr. Seemann. Smart erklomm die Bühne, ihr Manager setzte sich auf einen der reservierten Plätze. Als Letzter nahm der OB-Kandidat der Grünen Platz.
    Jeder der Kandidaten sollte zunächst ein Statement abgeben – der Kandidat der kleinsten Partei als Erster.
    Der Grüne griff Smart vehement an. Er bezeichnete die Wahl des Sumpfhuhn-Logos als persönliche Beleidigung und »Aufforderung zur Gewalt und Tierquälerei« und kündigte Gegenaktionen der Öko-Tierschutz-Gruppe »Arche Noah« an.
    Danach vertrat er die üblichen Positionen: Er proklamierte soziale Gerechtigkeit für bewusst allein erziehende Mütter, stellte den sofortigen Ausbau des Radwegenetzes in Bierstadt und eine öffentliche Unterstützung des Schwulen- und Lesben-Vereins in Aussicht. Den meisten Applaus erhielt er – allerdings von den eigenen Leuten – für seine Vision, die Abfertigungshalle des Bierstädter Flughafens in ein Haus für misshandelte Frauen zu verwandeln.
    Es folgte Gerry Smart. Sie bestritt, dass es Armut in Bierstadt gebe, auch die Arbeitslosigkeit sei ein aufgebauschtes Problem, denn jeder, der ernsthaft einen Job wolle, würde ihn auch bekommen. Drogenabhängige sollten in Umerziehungslager, straffällige Ausländer umgehend abgeschoben werden. Ihre Claqueure jubelten ihr zu. Dann hob Smart an, ein Loblied auf die Funktion einer intakten Familie in unserer Gesellschaft zu singen. Sie selbst sei zwar allein stehend, doch sie würde die Wärme einer Familie kennen und schätzen. Deshalb habe sie ihre alte, gebrechliche Mutter bei sich aufgenommen und spiele mit dem Gedanken, sich ein oder zwei Pflegekinder zuzulegen.
    »Sie hat vergessen zu erwähnen, dass diese Pflegekinder gut gebaut und männlich sein müssen«, raunte mir TOP grinsend zu.
    Dann lobte sich Gerry Smart für ihren großen finanziellen Einsatz beim Betrieb katholischer Waisenhäuser, ihr Engagement bei Hilfslieferungen in die Krisengebiete dieser Welt und huldigte die von ihr gegründete Initiative, jungen Menschen aus der Dritten Welt ein Studium zu ermöglichen.
    »Wenn die weiter so aufdreht, fällt der Gekreuzigte von der Wand und erschlägt sie«, flüsterte ich.
    »Das wäre dann ein klassisches Gottesurteil«, gab Piny zurück.
    Nach der Eigenlob-Arie der CDU-Frau war Jakob Nagel dran. Das Publikum war schon ein wenig genervt, brannte darauf, selbst Fragen zu stellen.
    Hoffentlich fasst er sich kurz, dachte ich. In Diskussionen war Nagel erheblich besser als bei langatmigen Statements.
    Meine Befürchtungen waren unbegründet. Nagel legte einen Frontalangriff gegen Gerry Smart auf die Bretter. Er warf ihr Lüge und Ignoranz vor, attestierte ihr völlige Unkenntnis sozialer Zusammenhänge und nachprüfbarer Fakten und attackierte ihr überhebliches Auftreten.
    »Wer in einer Millionärsvilla lebt, der kann seine alte Mutter, die ihr die Millionen vererben wird, ja wohl bei sich aufnehmen. Besonders dann, wenn sie von der Pflegeversicherung noch einen Zuschuss für eine Altenpflegerin bekommt.«
    Die Smart-Anhänger buhten, doch sie konnten sich gegen den aufbrausenden Applaus der anderen nicht durchsetzen.
    »Wer als Unternehmerin in Jugoslawien und im Kaukasus jahrelang mit dubiosen Geschäften gut verdient hat«, fuhr Nagel fort, »kann auch mal ein paar Medikamente, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, und ein

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