Grappa 11 - Grappa und das große Rennen
waren.
»Freu dich nicht zu früh«, warnte Jansen. »Wenn die Frau tatsächlich Oberbürgermeisterin werden sollte, ist für uns beide kein Platz mehr in dieser Stadt. Das wird sie uns nie vergessen.«
»Rechnest du denn damit, dass ihre Partei jetzt noch an ihr festhält?«, fragte ich erstaunt.
»Sie wird es zähneknirschend müssen«, sagte Jansen voraus. »Die Frist, einen neuen Kandidaten zu präsentieren, ist nach dem neuen Kommunalwahlgesetz abgelaufen. Wenn die CDU Smart fallen lässt, hat sie überhaupt keinen Kandidaten für den OB-Thron mehr.«
»Und wie werden die Wähler auf unseren Bericht reagieren?«
»Frag mich was Leichteres, Grappa«, seufzte Jansen. »Wenn sich der amerikanische Präsident in seinem Büro von einer Praktikantin ohne Konsequenzen einen blasen lassen kann, wird sich wahrscheinlich auch hier niemand ernsthaft drüber aufregen, wenn die ›Unternehmerin zum Anfassen‹ das wörtlich nimmt und sich von einem Jungen anfassen lässt. Wahrscheinlich wird der Kleine demnächst in einer Schmuddel-Talkshow bei den Privatsendern erzählen, wie Frau Smart es besonders gern hat.«
Jansen behielt Recht, die CDU trennte sich nicht von ihrer Kandidatin. Ganz im Gegenteil. Am Nachmittag erreichte die Redaktionen eine Pressemitteilung, in der Smarts Besuch im Chez Justine als ›Kampagne des politischen Gegners‹ dargestellt wurde. Frau Smart habe eine persönliche Einladung zu einer Vorstandssitzung des Rotary Clubs erhalten, die vermutlich gefälscht war. So habe man die Kandidatin in das ›Etablissement‹ gelockt, um sie politisch und moralisch zu desavouieren. Die Behauptung, dass sie mit einem jungen Angestellten des Clubs eng befreundet sei, entbehre jeder Grundlage. Die Partei habe die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es müsse geprüft werden, ob gegen das ›Presseorgan‹, das die Vorwürfe gegen Smart erhoben habe, rechtliche Schritte eingeleitet würden.
»Aus der Nummer ist die Luft raus«, stellte ich nach Lektüre der Pressemitteilung fest. »Hat die SPD sich eigentlich schon gemeldet? Das muss für die doch ein gefundenes Fressen sein.«
»Ich habe mit Nagel telefoniert«, sagte Jansen. »Er hat sich köstlich amüsiert, will sich aber nicht in die Geschichte reinhängen. Das Niveau sei ihm zu niedrig.«
»So kann man die Sache natürlich auch sehen.«
»Okay, Grappa«, sagte Jansen. »Die erste Schlacht ist gewonnen. Was passiert als Nächstes?«
Ich kam nicht dazu, eine Antwort zu geben, denn mein Handy klingelte.
Ich erkannte auf dem Display Nazmis Telefonnummer. Ich nahm das Gespräch an.
»Hier ist Nazmi. Kennst du einen guten Rechtsanwalt?«
»Wozu brauchst du den denn?«
»Ich bin gerade verhaftet worden.«
»Was?«
»Kannst du mir helfen?« In seiner Stimme war Angst.
»Natürlich helfe ich dir. Wo bist du?«
»Im Polizeipräsidium.«
»Was wirft man dir vor?«
»Den Anschlag auf den Club. Sie haben meine Werkstatt durchsucht und ... ein paar Sachen gefunden.«
»Sag bloß nichts ohne Anwalt«, riet ich ihm. »Aus der Sache kommst du bestimmt raus. Dein Freund Lika muss ein Gutachten abgeben, dass du an einem schweren Trauma leidest, und dann ...«
»Das ist noch nicht alles«, sagte Nazmi. »Sie beschuldigen mich auch, die beiden Politiker umgebracht zu haben.«
Schweigepflicht
Schlimmer hätte es für Nazmi Radic nicht kommen können. In seiner Autowerkstatt hatten die Kriminalbeamten nicht nur die Reste der Brandsätze gefunden, sondern auch eine Ledermaske der Marke Junghans-Manthey und eine Waffe des Kalibers, mit dem die beiden Politiker erschossen worden waren. Ob genau diese Waffe die Tatwaffe war, würde zurzeit kriminaltechnisch untersucht – so die lapidare Auskunft der Polizeipressestelle.
Ich besorgte Nazmi einen Anwalt. Er war ein langjähriger Bekannter von mir und ich würde alle Informationen von ihm bekommen. Nazmi saß nämlich in Untersuchungshaft und durfte keinen Besuch – außer dem seines Anwaltes – empfangen.
Nachdem das geregelt war, rief ich Dr. Arnim Lika an. »Ich möchte mit Ihnen über Nazmi Radic sprechen«, sagte ich.
»Ich wüsste nicht, was ich Ihnen zu sagen hätte«, blockte er ab.
»Ich aber. Ich bin in zehn Minuten in Ihrer Praxis.«
»Ich glaube nicht, dass ich ...«
»Hören Sie«, unterbrach ich ihn grob, »machen Sie keine Zicken. Oder wollen Sie, dass morgen in der Zeitung steht, dass ein bekannter Bierstädter Prominenten-Arzt an einer Sklavinnenauktion teilgenommen hat? In Begleitung einer
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