Grappa 11 - Grappa und das große Rennen
schüttelte den Kopf. »Ich habe alles, was ich brauche. Ich schlafe sowieso die meiste Zeit.«
»Okay, Baby. Halt die Ohren steif.«
Ich winkte ihm in der Tür stehend zu – sein Blick war entwaffnend traurig, doch tief innen glimmte ein Fünkchen Hoffnung.
Likas Besuch
Am Morgen des nächsten Tages rief ich Peter Jansen an und fragte, ob ich Überstunden abfeiern könnte.
»Muss das sein?«, knurrte er unwillig, ließ sich dann aber doch überzeugen.
Ich frühstückte und legte mich wieder ins Bett, wollte entspannen, vielleicht noch ein wenig schlafen – doch meine Gedanken machten mir einen Strich durch die Rechnung.
Drei Tote, ein kranker Lover, eine Story, die ich nicht im Griff hatte – all das trudelte in meinem Hirn herum und setzte es unter Dauerstrom.
An der politischen Front herrschte im Moment Ruhe. Alle großen Veranstaltungen waren absolviert, alle Bösartigkeiten, Schläge und Argumente ausgetauscht. Jetzt hieß es abwarten.
Noch immer lag CDU-Kandidatin Gerry Smart in den Umfragen knapp vor Jakob Nagel. Die Bierstädter hatten die Nase voll von einem halben Jahrhundert Sozialdemokratie – sie wollten einen politischen Wechsel. Dieser Wunsch nach Veränderung wurde Mittelpunkt der Wahlkampfkampagne der CDU-Frau und sie setzte darauf, dass sie Unternehmerin war – diese Berufsbezeichnung wurde gleichgesetzt mit Durchsetzungsvermögen, Kreativität, neuen Ideen und schlagkräftigen Rezepten.
In drei Tagen war Wahl und da würde es sich entscheiden – zumindest, wer im Bierstädter Rat künftig den Ton angeben würde. Für die Kandidaten des Oberbürgermeisterpostens konnte die Sache anders aussehen – einer der Bewerber musste über 50 Prozent kommen, um zu siegen. Lagen die Kandidaten darunter, würde es zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen den beiden Höchstplatzierten geben.
Ich musste wohl doch wieder eingenickt sein, denn das Klingeln meines Handys riss mich aus dem Schlaf.
»Hier ist Big Mäc«, hörte ich. »Ich hab was für dich. Tolle Sache, das.«
Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich in dieser Welt war. »Ja?«
»Lika war gerade im Rathaus. Genau zweieinhalb Stunden.«
»Und? Wo war er? Bei Nagel?«
»Da ging er zuerst hin«, berichtete Big Mäc. »Doch Nagel war ausgeflogen. Also ist der Doktor wieder weg.«
»Und?«, sprach ich in seine Pause.
»Ich also durchs Rathaus getigert. Glaubte schon, dass er mich ausgetrickst hat, doch da kam er mir quietschvergnügt auf dem Flur entgegen. Ich hab mich ins Treppenhaus geflüchtet. Dann ging ich in die Richtung, aus der er gekommen war. Und, was glaubst du?«
»Mach's bitte nicht so spannend!«
»Plötzlich stand ich vor dem Büro von Gregor Gottwald.«
Was hatte Lika mit dem Alt-OB zu schaffen?
»Bist du sicher? Du hast ihn ja nicht rauskommen sehen. Er kann überall gewesen sein. Auf dem Flur gibt es viele Büros.« Ich war skeptisch.
»Ich hab bei Gottwald geklopft«, setzte Big Mäc seine Erzählung fort, »und seine Vorzimmerdame gefragt, ob Dr. Lika schon weg sei. Sie sagte mir, dass ich ihn gerade verpasst hätte. Ich bedankte mich und zog ab. Schlaue Sache, das, oder?«
»Große Klasse«, lobte ich. »Was macht Lika zweieinhalb Stunden bei Gottwald?«
»Das musst du schon selbst rauskriegen, Grappa«, sagte der Fotograf.
»Und wo ist er danach hingegangen?«
»Keine Ahnung. Glaubst du, der hat vor dem Rathaus auf mich gewartet, damit ich ihn wieder beschatten kann?«
»Nö. Hänge dich aber so bald wie möglich wieder an ihn dran!«
»Erst mal hol ich mir 'n Döner. Der Typ hat mich ganz schön auf Trab gehalten.«
»Hat er gemerkt, dass er observiert wird?«
»Glaub nicht.«
Date mit Gottwald
Es war kein Problem, einen Termin bei Gregor Gottwald zu bekommen. Ich hatte den langjährigen Oberbürgermeister, der nur noch wenige Wochen im Amt sein würde, um ein Interview gebeten. Es sollte um den Zustand der Partei gehen und um die aktuelle politische Lage – kurz vor der Wahl. Das Gespräch mit dem OB sollte am Samstag erscheinen, am Sonntag würden die Bierstädter zu den Wahlurnen gehen.
Der Kaffee war fertig und eine Schale Kekse stand auf dem Besuchertisch. Gottwald thronte hinter seinem Schreibtisch, kam mir aber höflich entgegen, als mich sein Referent ins Zimmer führte. Wir setzten uns. Ich kramte Block und Stift hervor. Der Referent bekam ein Zeichen und er drückte die Tür von außen zu.
Wir tauschten ein paar Höflichkeitsfloskeln aus, die, was mich betraf, noch nicht einmal
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