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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Tom Pinys Stimme am anderen Morgen. Es war Samstag, eigentlich wollte ich ausschlafen.
    »Mann – du hast mich geweckt!«, gähnte ich.
    »Sorry. Gibt es was Neues?«, wollte er wissen.
    »Nichts, was du nicht schon mitbekommen hättest.«
    »Dein Artikel über Gottwald ist mir richtig zu Herzen gegangen«, behauptete Piny. »Der arme alte Mann – dass ich nicht lache. Einen solchen larmoyanten Stil kenne ich gar nicht von dir. Glaubst du eigentlich den Schwachsinn, den er dir erzählt hat?«
    »Was meinst du?« Der Frontalangriff hatte mich wacher gemacht.
    »Das angebliche Lebenswerk, die tiefe Sorge um die Partei, das Gejammer, dass Bierstadt die Beute von verfilzten Politikern geworden sei ... alles Quatsch. Gottwald hat dich ganz schön an der Nase herumgeführt. Er hat in den über zwanzig Jahren seiner Herrschaft auch nichts anbrennen lassen, hat seine Leute in die entsprechenden Positionen gehievt, hat die städtischen Unternehmen straff regiert und seinen eigenen Vorteil zu wahren gewusst.«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Mensch, Grappa! Für so naiv hätte ich dich wirklich nicht gehalten. Du musst blind sein! Zugegeben – Gottwald hat es nicht so plump angestellt wie Junghans und Manthey. Unser Alt-OB hat nun mal Charme und Charisma – das gebe ich ja zu. Aber Bierstadt war genauso seine Beute – und nicht nur die der anderen.«
    »Ich glaube ihm, dass er sich Sorgen macht.«
    »Keine Frage«, gab TOP zu, »immerhin will er nach seinem Ausscheiden noch mitmischen. Es wird gemunkelt, dass er einen Job in der Abteilung Stadtmanagement kriegen soll. Als Berater mit Honorarvertrag. Wenn Smart die Wahl gewinnt, wird da nichts draus. Also macht er sich tatsächlich Sorgen – um seinen Beratervertrag.«
    »Du bist ein Zyniker.«
    »Na ja, du wirst schon noch dahinter kommen«, seufzte er. »Sehen wir uns morgen?«
    »Na klar«, sagte ich – froh, dass er das Thema gewechselt hatte. Morgen war Wahlsonntag, da sollte das große Rennen entschieden werden. »Wir haben volle Besetzung«, tat ich kund. »Jansen macht die politische Kommentierung, ich schreibe die Reportage vom Wahlabend und der Volontär begibt sich auf die Jagd nach den kleinen Schmankerln am Rande.«
    »Okay, Grappa. Bis dann. Schlaf noch 'ne Runde. Der Tag morgen wird hart.«

Post von der Stadt
    Ich legte Frühstück und Mittagessen zusammen, blieb bis zum frühen Nachmittag im Morgenmantel und kam auf diese Art langsam in den Tag hinein. Immer wieder musste ich an Nazmi denken – hoffentlich erholte er sich im Krankenhaus ein wenig. Nach der Wahl würde ich ihn wieder besuchen – komme, was wolle.
    Alle Politexperten in Bierstadt und im Land waren sich einig, dass es in vielen Städten noch eine Stichwahl geben würde – so dicht lagen die Herausforderer und die Kandidaten der jahrelang herrschenden Parteien in den Umfragen beieinander.
    In Bierstadt hatten die Tageszeitungen, das Privatradio und der öffentlich-rechtliche Rundfunk Meinungsforschungsinstitute mit Untersuchungen beauftragt – je nach Couleur des Mediums lag mal Gerlinde Smart und dann wieder Jakob Nagel vorn. Eine Stichwahl war also mehr als wahrscheinlich.
    Ich entschloss mich, in die Redaktion zu fahren, meine Post zu sichten und die letzten Vorbereitungen für den nächsten Tag zu treffen.
    Unten im Hausflur öffnete ich meinen Briefkasten. Er enthielt einen braunen DIN-A4-Umschlag, der von der Stadtverwaltung kam, wie ich aus dem aufgedruckten Absender schloss.
    Ich öffnete ihn, Kopien von Schriftstücken fielen mir entgegen, etwas taumelte zu Boden. Ich bückte mich.
    Es war das Duplikat eines Fotos. Es zeigte einen Mann in einer Uniform, die ich nicht zuordnen konnte. Der Mann lachte in die Kamera. Er stand vor einem Gebäude, das aussah wie eine Schule, hinter ihm waren Menschen zu erkennen, Männer und Frauen, keine Kinder. Neben dem Mann stand eine Frau in weißer Schwesterntracht. Der Soldat hatte sie fest am Arm gepackt, ich spürte allein durchs Betrachten die brutale Kraft, die von seinem Griff ausging. Die Frau hatte es wohl ähnlich empfunden – ihre Gesichtszüge drückten Angst aus, ihre Haltung war abwehrend. Es war mein eigenes Gesicht, das mich anblickte, doch nicht meine eigene Angst.
    Ich atmete durch. Die Krankenschwester auf dem Foto war Nazmis Frau und der Mann, der sie gezwungen hatte, sich mit ihm fotografieren zu lassen, war Dr. Arnim Lika.
    Ich drehte das Bild um – auf dem Blatt war nichts vermerkt. Kein Datum, kein Name, kein Ort. Aber es

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