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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ihm die Geschichte von Luisa Daniel und meinem gebrochenen Versprechen.
    Er sagte nicht viel, wertete nicht, sondern hörte nur zu. Ich fühlte mich trotzdem irgendwie getröstet.
    Geständnisse machen mich immer hungrig. Mit viel Verspätung fielen wir über die Pasta her, dann folgte Lammragout mit Zitronensauce und ein kräftiger Espresso.
    »Lass uns schlafen gehen«, sagte er.
    Im Schlafzimmer entkleidete er mich, dann sich, wir legten uns nebeneinander und er löschte das Licht.
    »Seine Linke liegt unter meinem Haupte, und seine Rechte herzet mich«, flüsterte ich im Dunkel einen Vers aus dem Hohelied.
    Er zog nach: »Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, bei den Rehen oder bei den Hinden auf dem Felde, dass ihr meine Freundin nicht aufwecket noch reget, bis dass es ihr selbst gefällt.«
    »Okay«, sagte ich. »Keinen Wecker, bitte!«

Sex im Alter?
    Mit der liebevollen Berührung zweier Körper entsteht eine Intimität, die Distanz in Zärtlichkeit verwandelt. Worte lassen sich verdrehen; Lächeln, Gesten und Blicke sind flüchtig und lassen sich nicht einfangen. Die Berührung ist verbindlich, sie ist nicht mehr zu leugnen. Worte können viel, aber nicht alles sagen, wenn ich mehr wissen will, muss ich jemanden spüren, um ein Gefühl für ihn zu bekommen.
    Welches Gefühl hatte ich für Mahler entwickelt? Merkwürdig, dass ich es nicht mit einem Begriff benennen konnte. Oder lag es daran, dass ich mich nicht auf ihn konzentrieren konnte, weil mir die Morde nicht aus dem Sinn gingen?
    Ich lauschte Mahlers gleichmäßigem Atmen. Lange hatte kein Mann mehr so unschuldig neben mir gelegen, fast wie ein Bruder. Als er mich mit seinen Händen berührt und entkleidet hatte, waren die Finger nicht mehr wollüstig, sondern nur voller Solidarität und Mitgefühl gewesen, und seine Augen hatten fragend und ein wenig zärtlich auf mir geruht.
    Mahler schlief tief. Er lag mit dem Rücken zu mir, hatte sich embryonal eingerollt, so wie ich es auch zu tun pflege, nur heute hatte ich den Zipfel der Decke unter die Nase gezogen und die Nacht über festgehalten.
    Durst quälte mich. Dem Lamm hatte ich trotz Mahlers Warnung noch eine Ladung Salz auf den Balg gegeben, das rächte sich jetzt mit brennendem Schlund.
    Vorsichtig erhob ich mich, um in die Küche zu gehen und dort im Kühlschrank nach Wasser zu suchen. Ich machte kein Licht, wollte Mahler nicht wecken.
    Mit nackten Füßen tapste ich über das Parkett, die Wohnung lag still und warm, kein Licht brannte, nur der Mond schien durchs Küchenfenster.
    Die barocke Einrichtung erschien mir plötzlich bedrohlich, die Töpfe und Flaschen warfen Schatten, die Messer lagen blitzend auf dem Küchenblock und auf dem Küchenhandtuch waren Rotweinflecken pechschwarz eingedunkelt.
    Ich öffnete die Kühlschranktür und nahm eine Flasche Wasser heraus, schaute nach einem Glas.
    »Kannst du nicht schlafen?«
    Ich schreckte zusammen. Mahler war aus dem Dunkel des Flures aufgetaucht und stand vor mir. Er war nackt, genau wie ich.
    »Ich habe Durst«, antwortete ich. »Und muss ständig an die Morde denken.«
    »Ich hole dir eine Decke.« Ich sah ihm nach, wie er wieder in der Dunkelheit verschwand.
    Wenig später reichte er mir ein leichtes Plaid, ich band es um meinen Leib und verknotete es über dem Busen.
    »Setz dich ins Wohnzimmer«, schlug er vor, »ich bringe Gläser mit.«
    Ich nahm die Wasserflasche und tat, was er sagte, kuschelte mich aufs Sofa, ohne Licht zu machen. Der Mond schien hell genug.
    Mahler trat zu mir, mit zwei Gläsern in der Hand und Boxershorts um die Lenden. »Etwas Musik?«, fragte er.
    »Gern. Etwas Schönes, Melancholisches, bitte!«
    Er stellte den Player an und warf eine CD ein.
    Die Melodie traf mich voll ins Herz, ohne einen Umweg übers Gehirn zu machen.
    »Was, zum Teufel, ist das?«, flüsterte ich.
    »Schön, nicht?«, fragte er und legte den Arm um mich. »Ralph Vaughan Williams, ein Engländer. The Lark Ascending, eine Romanze für Violine und Orchester.«
    Ich sagte nichts, weil ich die Aufsteigende Lerche hören wollte. Da waren ein Sonnenuntergang über einem weiten Feld und ein kleiner, unscheinbarer Vogel, dessen Gesang von der Solovioline erfühlt wurde. Ein leichter Wind kam hinzu, doch er beeindruckte den Vogel kaum, der seine Bahnen mit immer neuen Variationen des Aufsteigens verzierte.
    Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Mahler seine Hand auf meinen Busen gelegt hatte und ihn streichelte. Er musste wohl schon einige

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