Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig
Männer ihr mit dem Tod gedroht haben, wenn sie etwas aussagt, das zu ihrer Entdeckung und Festnahme führt. Deshalb schweigt sie wohl auch.«
»Das kommt mir nicht plausibel vor. Hunze und Krawottki waren bestimmt Halunken, aber so was? Die hatten doch die beiden Schwestern, um sich auszutoben. Außerdem – die beiden waren schon Mitte fünfzig!«
»Glauben Sie, dass Männer über fünfzig keine Manneskraft mehr haben?«
»Da hab ich noch nicht verschärft drüber nachgedacht«, räumte ich ein. »Ich kenne mich besser mit jüngeren Modellen aus. Was gibt es noch in Ihren Papieren?«
»Ein paar weitere Leichen. Die meisten sind noch nicht identifiziert. Im Kanal oder im Meer ertrunken. Der letzte Sommer in Venedig war sehr heiß – es gab weniger Kapitalverbrechen als sonst. Der Entführungsfall ist das einzig Spektakuläre, was ich zu bieten habe. Vielleicht stecken ja wirklich Drogenbosse hinter allem, die ihren Geschäftsbereich sichern wollten.«
»Und der Anschlag auf die Sängerin? Das Gedicht? Die toten Schwestern?«, wandte ich ein.
»Der Anschlag auf die Sängerin war wahrscheinlich ein schlechter Scherz«, sagte Rabatt. »Die Polizei hat die Geschosse untersucht, die auf die Sängerin gefeuert wurden. Das waren allesamt Platzpatronen. Die knallen zwar laut, dienen aber nicht dazu, jemandem das Leben zu nehmen.«
»Das ist in der Tat merkwürdig.«
»Und die beiden Bierstädter Nutten sind vielleicht nur zufällig Opfer geworden, weil sie am falschen Ort waren. Der Palazzo Contarini del Bovolo gehört übrigens diesem Hunze. Nicht dass er viel dafür bezahlt hätte – das Ding ist ziemlich bröckelig. So konnten die beiden in Ruhe das Drogenlabor im Keller betreiben. Und das machten die schon seit einigen Jahren. Aber ich werde mich trotzdem weiter um die entführte Frau kümmern.«
»Kann ich die Unterlagen behalten?«, fragte ich und deutete auf die Papiere. »Ich will sie mir in Ruhe ansehen. Wasserleichen haben ja auch einen gewissen Reiz.«
Bierstadt winkt
In meinem Zimmer startete ich den PC und versuchte, mich zu konzentrieren. Dann machte ich es einfach so wie immer: Fragen stellen, Geschehnisse spannend und blumig schildern und die Fantasie der Leser zu Höhenflügen stimulieren. Sie sollten teilhaben an meinen Gängen durch dunkle venezianische Gassen, die Musik hören, in der ich schwelgte, und mir in einer Gondel auf den Wasserstraßen folgen.
Um mich zu inspirieren, griff ich zum Mann: Der Platz lag in sonnenloser Schwüle. Unwissende Fremde saßen vor den Cafés oder standen, ganz von Tauben bedeckt, vor der Kirche und sahen zu, wie die Tiere, wimmelnd, flügelschlagend, einander verdrängend, nach den in hohlen Händen dargebotenen Maiskörnern pickten.
Das war ein wenig ausführlich und umständlich für eine Reportage in einer Tageszeitung.
Seminar als Tarnung für Drogenhandel? Noch hat die Saison in Venedig nicht begonnen. Der Platz vor dem Palazzo Contarini del Bovolo liegt in sonniger Kühle. Die Menschen, die hier wohnen, und die zufälligen Spaziergänger wissen nicht, dass der gotische Palast, dessen Wendeltreppe in jedem Reiseführer als Sensation vermerkt ist, ein Geheimnis birgt: Im Keller des alten Gemäuers befindet sich seit Jahren ein modernes Chemielabor, in dem illegale Drogen hergestellt wurden.
Ein großer Teil meines Berichtes bestand aus Wiederholungen von schon Bekanntem. Zum Schluss schilderte ich mein Treffen mit Wiesengrundel, dem Komponisten, der vor dem geheimnisvollen Mörder geflohen war, ausgerechnet nach Venedig.
Der Mann an der Rezeption räumte schon freiwillig den Platz, als ich mit meiner Diskette anrückte. Der Artikel war schnell überspielt.
Peter Jansen meldete sich: Die Staatsanwaltschaft in Bierstadt hatte gerade eine Pressekonferenz beendet.
»Dr. Körner war froh, endlich ein paar Ergebnisse präsentieren zu können. Die Staatsanwaltschaft hat ein paar Nummernkonten in der Schweiz ausgemacht und versucht jetzt, an das Geld heranzukommen. Außerdem gehörten Hunze nicht nur der Palazzo, sondern auch andere Immobilien und Grundstücke. Die Vermögensverhältnisse von Krawottki müssen noch gecheckt werden.«
»Und wer soll der Mörder sein?«
»Körner geht von einem bezahlten Killer aus, der nach der Tat sofort wieder nach Übersee verschwunden ist.«
»Und wer soll ihn angeheuert haben?«
»Na ja, wer schon? Eine Drogenbande, die Hunze und Krawottki aus dem Geschäft drängen wollte.«
»So ein Blödsinn!«
»Jedenfalls
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