Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
hoffen auf Ihre Hilfe als Multiplikatoren«, übernahm der Hauptkommissar das Wort. »Wer hat diesen Schuh schon einmal gesehen, wer hat ihn hergestellt, wer kann etwas über ihn sagen?«
Brinkhoff zog den Lackstöckel aus einer Plastiktüte und stellte ihn auf den Tisch. Sofort stürzten sich die Kameraleute und Fotografen darauf, im Licht der Blitze glänzte das rote Lackleder verführerisch.
»Bei der Untersuchung der Plastiktüte sind Fingerabdrücke festgestellt worden«, erklärte der Oberstaatsanwalt. »Doch leider haben wir die Abdrücke nicht in unserer Kartei.«
»Wie haben Sie denn auf dieser glatten Fläche Spuren finden können?«, fragte ein Kollege von der Deutschen Presseagentur.
»Das macht man mit Ninhydrin macht man das«, rief Wayne.
Da will einer ganz schlau sein, dachte ich.
»Der hat wohl Medical Detectives gesehen«, flüsterte Harras.
»Ninhydrin funktioniert leider nur auf rauen Oberflächen – wie zum Beispiel Papier«, stellte Brinkhoff klar. »Wir benutzen für glatte, nicht saugende Oberflächen Cyanacrylat, das ist so eine Art Sekundenkleber. Die Fläche wird damit bedampft. Die Dämpfe reagieren auf Schweißspuren, die durch die Haut abgesondert werden. Das Cyanacrylat legt sich auf die Papillarlinien, trocknet ein und so entsteht ein Abdruck, der sozusagen unverwüstlich ist.«
»So weit der Ausflug ins Reich der Kriminaltechnik«, meldete sich der Oberstaatsanwalt wieder zu Wort. »Natürlich haben wir sämtliche Schuhmacher und Hersteller von Kostümen im Visier. Aber eine solche Befragung dauert ihre Zeit. Und jetzt zu dem Punkt, der Sie sicherlich am meisten interessiert. Gehört der amputierte Fuß dem vor einigen Tagen entführten brasilianischen Staatsbürger Toninho Baracu?«
»Und? Isser's nu?«, krümelte Harras. Er hatte einen Keks im Mund.
»Sie wissen ja, dass eine eindeutige Zuordnung nur durch einen genetischen Fingerabdruck möglich ist. Wir haben genfähiges Material vom Fußballbundesligaverein Schwarz-Gelb 09 erhalten – es befand sich auf einem noch nicht gereinigten Trikot des Herrn Baracu. Deshalb können wir mit Sicherheit sagen, dass die DNA-Struktur des Fußes zu der beschlagnahmten Probe passt. Es handelt sich um den Fuß des vermissten Spielers.«
Das überraschte zwar niemanden mehr, trotzdem setzte Getuschel ein.
»Rechnen Sie mit Unruhen während der Fußballweltmeisterschaft?«, fragte ein Sportreporter des Fernsehens. »Immerhin spielt Brasilien in Bierstadt gegen Japan.«
»Das sind ja noch ein paar Monate hin«, stellte Brinkhoff fest. »Bis dahin ist der Fall bestimmt aufgeklärt.«
Nach der Pressekonferenz erklärte ich meinen Kollegen: »Ich muss hier im Haus noch einen Besuch machen.«
»Hat das mit dem Fall zu tun?«, fragte Harras misstrauisch. Bluthund Wayne lauerte im Hintergrund und spitzte die Ohren.
»Nein«, behauptete ich.
»Wirklich nicht?«
Meine Stimme sollte ehrlich klingen. »Ich schwöre es! Und jetzt – ab in die Redaktion, ihr beiden Hübschen.«
Skandalreporter und Straftäter
Der Hauptkommissar hauste noch immer zwischen seinen abgewohnten Büromöbeln, die ich schon seit Jahren kannte. Sogar die Verlagsleitung des Tageblattes hatte sich vor zwei Jahren dazu überreden lassen, die Redaktionsräume mit neuen Schränken und Schreibtischen auszustatten – der Staat schien weitaus geiziger zu sein, wenn es um ein angenehmes Ambiente für die bei ihm abhängig Beschäftigten ging.
Auf dem Besucherstuhl allerdings lag ein hellrotes Kissen.
»Neu?«, fragte ich.
»Genau.«
»Da hat Vater Staat sich aber nicht lumpen lassen.«
»Ikea. Sonderangebot. Zwei Euro. Ich hab's bezahlt.«
Ich setzte mich.
»Was kann ich für Sie tun?«
»Ich dachte, wir plaudern ein bisschen«, sagte ich.
»Wie nett. Nur so?«
»Sicher.«
Ich schielte auf seinen Schreibtisch, da stand ein Bilderrahmen – früher waren es immer zwei gewesen. Das Foto zeigte einen schwarzen Hund. Vor ein paar Monaten hatte da auch das Bild der Frau des Hauptkommissars gestanden.
»Zu Hause alles okay?«
»Wie man's nimmt«, sagte Brinkhoff prompt. »Meine Frau hat mich verlassen, aber dem Hund geht es gut.«
»Na dann. Margit Sauerwald ist übrigens bei mir.«
»Was? Es läuft eine Fahndung nach ihr.«
»Ich weiß. Deshalb erzähle ich es Ihnen ja.«
Brinkhoff griff zum Telefonhörer und wählte eine Nummer. »Frau Schlicht?«
Er teilte seiner Kollegin mit, dass sie die Suche abblasen solle, und bat sie in sein Büro.
»Wie ist sie
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