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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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auf dem Weg dahin.« Er kramte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und tupfte sich die Tränen ab, die ihm über die Wangen liefen.
    Männer!, dachte ich, entweder heulen sie nie oder bei den merkwürdigsten Gelegenheiten.
    Harras bekam an diesem Tag den Aufmacher. Ein toter Kicker als Fußballer des Jahres – das hatte es noch nicht gegeben. Heute Abend würden alle Fernseh- und Radiosender darüber berichten, morgen würden die Blätter nachziehen. Die Fußballwelt hatte ihren Gott und er war schon im Himmel angekommen.
    Die Agenturen überschlugen sich mit Angeboten und Fotos. Toninho als Baby, Toninho in der Kinderfußballschule, Toninho bei seinem ersten Engagement in einem Provinzclub. Toninhos Familie, die ganz allein zwei Fußballmannschaften hätte stellen können. Und natürliche jede Menge Jubelarien und Beileidsbeteuerungen von Journalisten, Sportfunktionären und brasilianischen Politikern. Ein Nachruf vom Allerfeinsten – ohne ein böses Wort.
    Arme Gazelle, dachte ich, diese Elogen hättest du bestimmt gern für dein Leben eingetauscht.

Wahrheiten am Straßenstrich
    Das Wetter wurde immer garstiger, es regnete in Strömen. Wenn ich alt bin, dachte ich, kaufe ich mir ein Haus im Süden. Dort, wo die Temperaturen auch im Winter nie unter den Gefrierpunkt fallen, wo Lorbeeren und Kamelien auch über die Jahreswende draußen bleiben können und wo Oliven- und Feigenbäume einen kleinen Winterschlaf halten, aus dem sie im Frühjahr wieder erwachen.
    Hinter dem Bahnhof fuhr ich in nördliche Richtung. Bierstadts Problemzone. Hier begann die Bronx. Natürlich gab es keine brasilianische Favela mit Wellblechhütten und Müllkippen; die Häuser waren längst saniert, das Klo eine Treppe tiefer war abgeschafft, die Stadtverwaltung hatte die Straßen reparieren lassen und mit grüner Mittelstreifenbepflanzung versehen.
    Dennoch herrschte in diesem Viertel eine andere Atmosphäre als in den anderen Teilen der Stadt. Wahrscheinlich lag es an den Menschen. Aufgemotzte Klapperkisten mit voll aufgedrehten Lautsprechern überholten mich, Frauen mit Kopftüchern schlichen über die Bürgersteige und gepiercte Zotteltypen gingen bei Rot über die Fußgängerampel. Kleine Läden boten ausländische Waren an, Spielhöllen, Wettbüros und Internetcafés mit preiswerten Telefonmöglichkeiten ins Ausland dominierten das Straßenbild.
    Hier stimmen die Preise – stand auf einer riesigen Tafel, die auf zwei Beinen vor der Holzhandlung aufgestellt worden war. Diese Behauptung bezog sich zwar auf das Warensortiment von Holz-Elend, konnte aber auch missverstanden werden, denn in der Nachbarschaft befand sich der Straßenstrich.
    Brav reihte ich mich in die langsam fahrenden Autos ein, es staute sich kräftig auf dem Weg zu den schnellen, preiswerten Angeboten.
    Nachtschicht – da war der Club. Rotes Licht, Neonschrift und eine lebensgroße Schaufensterpuppe mit wetterfesten Dessous machten auf das Etablissement aufmerksam.
    Die Haltebuchten direkt vor dem Laden waren durch Autos besetzt. Die Fahrer warteten mit abgeblendeten Scheinwerfern auf eine passende Offerte. Die Mädchen waren für das Wetter unzureichend bekleidet.
    So ein Scheißjob, dachte ich, halb nackt in der Kälte und im Regen zu stehen und darauf zu warten, dass irgendein Kerl die Beifahrertür öffnet.
    Ich stellte meinen Golf etwas entfernt ab und lief die Straße Richtung Club zurück. Einige Male bremsten Pkw neben mir, doch kein Fahrer hatte Interesse, mit mir ins Geschäft zu kommen. In einen Wollmantel gehüllt, den Kragen hochgeklappt, mit flachen Schuhen und langen Hosen wirkte ich wohl nicht besonders geeignet für einen Blowjob auf dem Rücksitz.
    Die Regentropfen glitzerten im Schein der Neonreklame, es sah aus, als habe die stumme Puppe Tränen vergossen. Der Eingang zum Club war aus Glas und ich konnte gegenüber der Tür eine kleine Kamera erkennen.
    Ich drückte die Klingel und wenig später ertönte eine Stimme: »Ja, bitte?«
    »Kann ich den Besitzer sprechen?«, fragte ich.
    »Um was geht es denn?«
    »Ich bin Journalistin vom Tageblatt und auf der Suche nach Informationen über die Straße hier. Der Streit um den Straßenstrich.«
    Mein Blick fiel auf das Schild der Holzfirma gegenüber und ich ergänzte: » Holz-Elend gegen Club Nachtschicht. «
    »Haben Sie einen Presseausweis?«
    Ich hatte einen und presste ihn an die Scheibe. Der Summer ertönte und ich trat ein. Die Tür schloss sich sofort hinter mir.
    »Immer die Treppe hoch und

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