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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sagte sie und schob den Quader beiseite. »Heben Sie ihn sich für eine stille Stunde auf.«
    Stille Stunde? Wollte sie mich foppen? Auf ihrem Gesicht war jedenfalls nichts abzulesen.
    Leider hatte ich keinen Rotwein ähnlicher Qualität im Haus und ich öffnete eine Flasche Rosso de Montalcino, den kleinen Bruder des Brunello.
    Um das Date etwas aufzupeppen, reichte ich der Kommissarin einen Ausdruck meines Artikels, den ich für die Montagsausgabe geschrieben hatte. Sie las ihn brav, trank zwischendurch einen Schluck Wein und meinte dann: »Ziemlich sachlich gehalten.«
    »Danke«, erwiderte ich. »Schmeckt Ihnen der Wein?«
    »Sehr lecker.«
    »Freut mich. Ich mach schnell ein paar Schnittchen«, kündigte ich an. »Kommen Sie mit in die Küche?«
    »Er hat sie vergewaltigt«, murmelte sie. »Es war so und ich weiß es. Und ich werde es nicht unter den Tisch fallen lassen.«
    »Ist ein Irrtum denn völlig ausgeschlossen?«, fragte ich. »Fehler bei der Messung, vertauschte Namen. Vielleicht hatte Margit Sauerwald kurz vor dem Überfall Sex mit Toninho und wollte es nicht sagen. Sie war schließlich mit ihm befreundet. Es macht keinen Sinn, dass er sie überfällt.«
    »Vielleicht hat sie ihn wirklich nicht erkannt«, sagte Beate Schlicht.
    »Aber dann hätte er sie vorher verprügeln müssen. Trauen Sie ihm das zu? Es passt einfach nicht.«
    Ich schnitt die belegten Brote in Viertel und drapierte sie auf eine Platte.
    »Vielleicht lügt sie und bildet sich die Beziehung zu Toninho nur ein«, sagte die Hauptkommissarin. »Es gibt solche Fälle der Projektion.«
    »Moment.«
    Ich ging zum Schreibtisch, holte das Handy und das Foto aus dem Fanmagazin aus der Schublade. »Schauen Sie sich dieses Bild an.«
    »Ich weiß von dem Foto. Es zeigt nur, dass die beiden sich kannten.«
    »Ich habe noch was. Das ist Margit Sommerwalds Telefon. Und da gibt es eine SMS von Toninho, die ich Ihnen jetzt nicht zeigen kann, weil der Akku leer ist und ich die PIN nicht kenne. Aber ich habe mir den Satz abgeschrieben: Acordei com um aperto no peito e percebi que a distancia nao destruira o nosso amor. Das heißt übersetzt: Ich bin mit einem Druck in der Brust aufgewacht und habe gemerkt, dass die Entfernung unsere Liebe nicht zerstören wird. Das sagt ja wohl alles, oder?«
    »Hört sich schon besser an. Wie sind Sie an das Telefon gekommen?«, wollte die Kommissarin wissen.
    »Sie hat's hier vergessen, als sie mich besucht hat.«
    »Kann ich das Handy mitnehmen?«, fragte sie. »Ich lasse es aufladen und die PIN kann ich mir besorgen.«
    »Glauben Sie jetzt endlich, dass die beiden ein Liebespaar waren?«
    »Ach, Frau Grappa«, seufzte Beate Schlicht. »Worte sind Schall und Rauch und Liebesschwüre sind meistens schnell vergessen, wenn es Beziehungsärger gibt. Die seelenvollsten Liebesbriefe, die ich je gelesen habe, wurden von einem Mann verfasst, der seine Ehefrau gefoltert, zerstückelt und in die Emscher geworfen hat.«
    »Man muss sich eben beizeiten entscheiden, ob man einen Triebtäter oder einen Langweiler nimmt. Beides kann übrigens mit dem Tod enden – tödlich gelangweilt zu werden ist auch kein Rosengarten. Lassen Sie uns auf die drei Männer der Welt trinken, die glühende Liebesbriefe schreiben, einen weder foltern noch zerstückeln, sich inspiriert unterhalten können und darüber hinaus den Müll brav runterschleppen.«
    Wir prosteten uns zu.
    Den Rest des Abends verbrachten wir damit, Beziehungsgeflechte zu erstellen, zu diskutieren und sie wieder zu verwerfen. Die Kommissarin bestand nach wie vor darauf, dass der tote Toninho ein widerlicher Vergewaltiger war – aufgrund der eindeutigen Spuren. Für meinen Geschmack waren diese Spuren jedoch zu eindeutig.

Es ist die Falsche
    Nachts träumte ich skurrile Dinge: Ich war die Zeremonienmeisterin auf der Südtribüne und dirigierte die Fans – mit einem Bockwürstchen in der Hand. In meinem Rücken fiel Tor auf Tor – und sie gingen alle ins gegnerische Rechteck. Hielt ich das Würstchen in der rechten Hand, hoben Fangesänge an, nahm ich es in die linke, begannen die achtzigtausend mit schrecklichem Gebrüll.
    Plötzlich wurde es ganz ruhig im Stadion und alle starrten aufs Grün. Ein ungläubiges Flüstern wehte wie ein leiser Wind durch das Stadion. Ich drehte mich um und sah ihn auf den Rasen laufen: Toninho – hoch aufgerichtet, strahlend jung und schön. Toninho lief auf den Ball zu, ließ ihn auf seinen Füßen tanzen, schoss ihn ein Stück weg, folgte

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