Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
prima erkennen.
    Aus meinem Büroschrank nahm ich ein großes Blatt Papier und heftete es an die Wand. Darauf schrieb ich die Namen der handelnden Personen dieses Falles, kennzeichnete ihre Verbindungen mit Pfeilen und bemerkte, dass Theo Böhme und Marcel Sauerwald zu den Nutznießern des Todes von Toninho gehörten.
    Toninho hatte Theo Böhme ins WM-Geschäft pfuschen wollen – mit seinen Plänen, während der Weltmeisterschaft einige Bars mit heißen Mädchen aus Rio aufzumachen. Und Marcel Sauerwald war vielleicht nicht ganz einverstanden damit, dass sich der schwarze Junge aus den Armenvierteln von Rio an seine Tochter herangemacht hatte. Vielleicht hatten sich Onkel und Vater auch zusammengetan und Toninho aus dem Verkehr gezogen.
    Vielleicht wollten sie ihm ja nur einen Denkzettel verpassen, dachte ich, und ihn später wieder laufen lassen. Und dann flieht der Kerl und fällt von der Brücke.
    Aber was bedeutete der abgehackte Fuß? Wenn ich an die sexuellen Aktivitäten dachte, die Toninho nachgesagt wurden, hätte ein anderer Körperteil in der Plastiktüte liegen müssen – vielleicht nicht gerade in einem roten Stöckel.
    Und was war eigentlich mit Esther Klein, dieser unscheinbaren Bordellmutter, die wahrscheinlich viel mehr beobachtet hatte, als sie jemals zugeben würde?
    Sie hatte Erika Sauerwald Obdach bei ihren erotischen Ausflügen aus der bürgerlichen Ehe geboten, sie kannte Toninho und Böhme, den einen als Besitzer des Hauses und vielleicht auch als Besucher des Clubs und den anderen als Geschäftspartner. Nein, warum sollte Esther Klein Toninho aus dem Verkehr ziehen wollen? Sie war bestimmt nur eine Randfigur.
    Theo Böhme hatte Priorität. Seine Agentur Weltweit hatte mit dieser Fußballweltmeisterschaft die Lizenz zum Gelddrucken erworben. Und diese Lizenz würde er sich nicht gern abjagen lassen.
    »Ich gucke mir die Böhme-Firma mal ein bisschen genauer an«, teilte ich Peter Jansen mit. »Damit du nicht weiter auf mir herumhackst. Und wenn er mich killt, bist du schuld.«
    »Wenn er das macht, Grappa«, sagte er, »hab ich ja noch den Nachruf von neulich in der Schublade.«

Winterdepression
    Der Winter war plötzlich über die Stadt gekommen. Der Wetterbericht kündigte für die Nacht Schnee an. Ich muss mir die Winterreifen aufziehen lassen, dachte ich, als ich den Weg zu Böhmes Firma nahm. Mir schien, als würde die dunkle Jahreszeit von Jahr zu Jahr heftiger und länger. Die globale Erwärmung der Erde war wohl nur ein Phantom der Umweltschützer.
    Die Agentur residierte im Westen der Stadt im so genannten Technologiepark. Die Stadt hatte vor fünfundzwanzig Jahren eine große Fläche, die bis dahin zum Grüngürtel gehört hatte, zur Ansiedelung freigegeben. Eine Menge Landesmittel war in den Bau der schicken Gebäude aus Glas und Stahl geflossen. Damals waren die Landeskassen noch voll gewesen und das Zauberwort Strukturwandel hatte die Bierstädter Traditionsbegriffe Kohle, Bier und Stahl nach und nach verdrängt.
    Ich gab zu viel Gas und kam auf der vereisten Straße ins Rutschen. Grimmig steuerte ich gegen – das alles war wie ein Sinnbild meiner aktuellen Situation: auf glatter Bahn schlingernd, reagierend und nicht agierend. Ich fing den Wagen rechtzeitig ab – nichts war passiert.
    Böhmes Weltweit- Logo prangte als aufdringliches rotes Neonlicht am Gebäude. Hinter den Scheiben war es schon dunkel.
    Die scheinen schon Feierabend zu haben, dachte ich, da ist wohl nichts mehr mit spionieren – zumindest nicht offiziell.
    Egal, jetzt war ich schon mal hier. Mir fielen die Fernsehkrimis ein, in die ich abends manchmal hineingeriet. Da holte der Kommissar gewöhnlich eine Scheckkarte heraus, drückte sie in die Türfalz und der Zugang war frei.
    Ich hatte das zu Hause mal ausprobiert, doch meine Tür spielte da nicht mit. Vielleicht lag es daran, dass sich die Scheckkarten von gnadenlos überzogenen Konten für solcherlei Kunststückchen nicht eigneten.
    Mehr zufällig drückte ich gegen die Glastür und sie schwang auf. Das Treppenhaus, in dem ich stand, war dunkel und leer, die Tür im Erdgeschoss verschlossen. Auf einem silberfarbenen Schild zeigte ein Pfeil an, dass es zu Weltweit nach oben ging. Die Straßenbeleuchtung spendete ausreichend Licht und ich schlich die Treppe hoch.
    Durch ein Fenster erkannte ich, dass es nun schneite. Im Schein der Laterne tanzten dicke weiße Flocken. Auch das noch.
    Noch fünf weitere Stufen und ich stand vor dem Eingang von Weltweit.

Weitere Kostenlose Bücher