Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
Warum Frau Grappa und Frau Schlicht hier sind, werden wir später klären.«
Brinkhoffs Handy klingelte. Marcel und Erika Sauerwald warteten im Foyer der Klinik auf den Hauptkommissar.
»Halten Sie sich im Hintergrund«, sagte Brinkhoff zu mir. »Oder haben Sie eine Idee, wie ich den Eltern erklären soll, dass hier eine Reporterin herumlungert?«
»Ich lungere nicht herum«, gab ich angesäuert zurück, »sondern ich recherchiere. Wir leben in einem freien Land, in dem ...«
»Bla, bla«, unterbrach mich Brinkhoff. »Den Sermon können Sie sich diesmal sparen, Frau Grappa. Sie tauchen überall dort auf, wo Sie nichts zu suchen haben. Böhme wird tot gefunden – Sie sind da. Margit Sauerwald verschwindet – Sie sind da. Und ein Paket mit einem abgehackten Fuß wird in Ihre Redaktion geschickt. Kommt Ihnen das nicht merkwürdig vor?«
So hatte ich Brinkhoff noch nie erlebt. Er stürzte aus dem Speisesaal, in dem die Beamten spontan eine Einsatzzentrale eingerichtet hatten. Eckermann folgte ihm – mit einem schadenfrohen Grinsen im Gesicht.
Beate Schlicht beteiligte sich nicht an der Suche. Sie war genauso geschockt wie ich.
»Es gibt überhaupt keinen Grund, dass wir uns Vorwürfe machen«, sagte ich. »An uns kann es nicht liegen – Margit wusste ja gar nicht, dass wir hier sind. Warum sollte sie also vor uns flüchten?«
»Ich weiß. Wir hätten uns früher um sie kümmern sollen.«
»Wieso das denn?«, fragte ich. »Wir sind nicht ihre Eltern. Die Vergewaltigung und der Tod ihres Freundes haben sie aus der Bahn geworfen. Außerdem ist das Verhältnis zu ihren Erzeugern ja auch nicht gerade harmonisch. Die stecken sie einfach in die Klinik und fertig. Und jetzt bin ich es leid, hier auf dem Zimmer zu hocken. Brinkhoff kann mich mal.«
Ich stand so heftig auf, dass der Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, polternd umfiel.
»Kommst du mit?«
»Ja.«
Wir gingen in die Halle. In der Sitzgruppe saßen die Sauerwalds und Professor von Siebenstein.
Erika Sauerwald schaute mich an, als habe sie eine außerirdische Erscheinung vor sich, hielt aber den Mund. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sie keifend über mich herfallen würde.
Sie hatte einen Nerz über die Lehne des Fauteuils geworfen und streichelte ihn noch glatter. Sie war bleich, das Haar lag nicht so perfekt wie sonst und das Make-up war leicht verschmiert.
Ich musterte Marcel Sauerwald, den ich bisher nur aus der Zeitung und aus Fernsehberichten kannte. Er war kleiner und wirkte älter als auf Fotos und in Filmen. Mit seiner Frau schien er nicht viel am Hut zu haben, er sah an ihr vorbei und stierte Löcher in die Stuckdekoration an der Wand.
»Setz dich da hin«, flüsterte ich Beate zu und deutete auf eine zweite Clubgarnitur. »Ich hol uns einen Kaffee und du spitzt die Ohren.«
»Warum sagt sie nichts?«, raunte sie. »Sie muss dich doch erkannt haben.«
»Mein Allerweltsgesicht kann man schon mal vergessen. Bis gleich!«
Die Küche befand sich zwischen Halle und Restaurant. Töpfe und Geschirr standen ordentlich übereinander gestapelt auf den Arbeitstischen. Mit Kaffee war wohl nichts mehr.
Ich wollte die Küche gerade wieder verlassen, als ich Erika Sauerwald durch die Tür kommen sah.
»Was machen Sie hier?«, fragte sie tonlos.
»Ich wollte Ihre Tochter besuchen, aber ich kam zu spät«, antwortete ich und blickte zu dem Messerblock, der in ihrer Nähe auf einem Tisch stand.
»Was wollten Sie von meiner Tochter?«
»Es gibt da ein paar Ungereimtheiten, die ich klären wollte«, sagte ich. »Nichts Besonderes.«
»Ungereimtheiten? Sie machen mir Spaß!« Sie lachte hysterisch.
»Wenn Sie mit mir reden wollen, sollten wir das woanders tun«, meinte ich. »Sie wollen doch mit mir reden, oder?«
Die Messer blinkten im Winterlicht, das durch die Fenster in die Küche fiel.
»Ich will nicht, dass mein Mann weiß, dass jemand von der Presse hier ist.«
»Dann treffen wir uns in zehn Minuten auf Zimmer 28«, schlug ich vor.
Ich wartete ein paar Augenblicke, nachdem Erika Sauerwald die Küche verlassen hatte, und ging dann ins Foyer zurück. Siebenstein und die Sauerwalds hockten noch immer schweigend da.
Beate sah mich irritiert an: »Wo warst du denn?«
»Mit dem Kaffee hat es leider nicht geklappt«, antwortete ich leise. »Aber dafür werden wir in etwa fünf Minuten mit Frau Sauerwald reden können. Lass uns schon mal ins Zimmer 28 verschwinden.«
Handys und ihre Nummern
Zimmer 28 war meins, ich räumte die
Weitere Kostenlose Bücher