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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Eiweißstoffe, die in der Natur vorkommen. Gelangt das Gift in den menschlichen Organismus, so bringt es die Zellen zum Absterben. Für die tödliche Vergiftung eines Erwachsenen sollen 0,25 Milligramm isoliertes Rizin oder zwei bis vier der schön ornamentierten Samenkörner genügen.
    Rizin ist fettunlöslich. Daher ist es im durch kalte Pressung der Samen gewonnenen Rizinusöl nicht enthalten. Rizin ist in der Kriegswaffenliste des Kriegswaffenkontrollgesetzes aufgeführt.
    Nach der Aufnahme einer tödlichen Dosis tritt der Tod nach 36 bis 72 Stunden ein. Es treten folgende Symptome auf: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwäche, Tachykardie, Abdominalschmerzen und akuter Flüssigkeitsverlust. Der Tod erfolgt durch Lähmung medullärer Zentren, besonders des Atemzentrums. Das Gift kann auch inhaliert (als Aerosol eingeatmet) oder injiziert werden. Die Symptome ändern sich dementsprechend: Lungenödem, Atemstillstand und schwere Lähmungen sind die Folge.
    Kein schöner Tod, dachte ich, aber welcher Tod ist schon schön? Ich hatte zwar einige giftige Pflanzen in Lilos Garten identifizieren können, aber die Rizinuspflanze hatte ich nicht gesehen.
    Die Zubereitungsart des Giftes war denkbar einfach, las ich, ein paar Samen in einem Mörser zerstoßen und fertig.
    Es gab einige bekannte Attentate, die mit dem Gift begangen worden waren, zum Beispiel das sogenannte ›Regenschirmattentat‹ auf den bulgarischen Schriftsteller und Dissidenten Georgi Markov in London 1978. Der Täter, vermutlich ein Agent des damaligen bulgarischen Geheimdienstes, verletzte das Opfer scheinbar zufällig mit einer präparierten Regenschirmspitze. Dabei wurde ein winziges Platinkügelchen von einem Millimeter Durchmesser in den Oberschenkel des Opfers injiziert. In der Platinkugel fanden sich zwei mit Zuckermasse verschlossene dünne Kanäle, die mit Rizin gefüllt waren und das Gift langsam freisetzten. Markov starb drei Tage nach dem Attentat. Das Platinkügelchen wurde nur durch Zufall entdeckt, da nach dem Tod des Dissidenten auch von der verfärbten Injektionsstelle eine Gewebeprobe entnommen worden war.
    Auch bei Rechtsradikalen und Terroristen erfreute sich das Gift großer Beliebtheit: 1991 wurden in Minnesota mehrere Mitglieder der rechtsextremistischen Gruppe Patriots Council festgenommen, weil sie für einen Anschlag auf Bundespolizisten eine Menge an Rizin hergestellt hatten, die für über einhundert Tote ausreichend gewesen wäre. Auch in verlassenen El-Kaida- Häusern in Kabul waren angeblich Herstellungsanleitungen für Rizin gefunden worden und die islamistische Terrororganisation Ansar al-Islam sollte Versuche mit Rizin im Nord-Irak gemacht haben.
    Die Redaktionskonferenz fand ohne den Chef statt. Aber jeder wusste, was an Terminen anlag, und die neuen Aufgaben wurden einvernehmlich verteilt. Der Tag verlief routinemäßig – zumindest vordergründig.
    Simon Harras trug heute keinen der bekannten Pullover, sondern ein gelbes Hemd, auf dem blau-weiße Schafe weideten.
    »Toller Fummel«, grinste ich.
    »Ich bin halt tierlieb«, quittierte er meine Kritik. »Erzähl lieber mal, ob es was Neues über Lilo gibt.«
    Wir hatten uns in die Kantine zurückgezogen.
    »Die Berghofen ist mit Rizin umgebracht worden«, berichtete ich. »Und sie hinterlässt ein Millionenvermögen.«
    »Dann ist die Sache ja simpel«, meinte Simon. »Der, der erbt, ist es gewesen.«
    »Die einfache Lösung ist nicht immer die richtige«, widersprach ich.
    »Bin ich froh, dass ich Sportreporter bin. Da kommt's nur drauf an, was im Tor landet, wer am schnellsten ist und wer am weitesten kommt. Alles schön messbare Geschichten, die völlig eindeutig sind.«
    »Wer's simpel braucht«, grinste ich, »der kriegt's auch simpel. Kommt männlichen Denkstrukturen ziemlich entgegen.«
    »Deine rudimentären feministischen Aufbäumungsversuche sind immer wieder lustig, Grappa-Baby.«
    »Hauptsache, die Haare sitzen.«
    »Selbst das ist mir inzwischen wurscht«, seufzte er und deutete auf die letzten Fussel auf seinem Schädel.
    »Wer Rizin einnimmt, stirbt lange und qualvoll«, erklärte ich. »Du kotzt dir die Seele aus dem Leib, hast furchtbare Krämpfe, dann ist das Atemzentrum gelähmt und deine Leber zersetzt sich. Und tschüss.«
    »Bei meiner Leber würde das keine Rolle mehr spielen.« Er legte die Hände auf den kleinen Bierbauch. »Aber der Rest hört sich wirklich furchtbar an. Wünsche ich meinem größten Feind nicht. Diese Tante muss ja einiges

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