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Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen

Titel: Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Durchknallen«, grinste ich. »Werd ich mir merken. Was mich aber gerade viel mehr beschäftigt: Sollen wir der Polizei den Tipp geben, dass es Timocin gewesen sein könnte?«
    »Schwierige Frage«, entgegnete Wayne und kratzte sich am Kopf. »Timocin kann auch zufällig da gestanden haben. Außerdem kennt Kleist dessen Beruf. Meinst du nicht, dass dein Hauptkommissar selbst draufkommt?«
    »Wir nehmen ein anderes Foto für die Story und sagen nichts. Und wenn die Bullen wegen des Brandes nun erst mal die rechtsradikale Szene aufmischen, finde ich das auch in Ordnung. Die haben es immer verdient!«
    Ich schrieb meinen Artikel und gab die Fakten aus der Pressemitteilung dazu, die die Redaktion wie angekündigt am frühen Abend per Mail erreicht hatte.
    Der entstandene Sachschaden war erheblich – über zweihunderttausend Euro. Die Villa war unbewohnbar, nicht nur wegen des Brandes, sondern auch aufgrund der Wasserschäden. Und es lag eindeutig Brandstiftung vor.
    Die Mitteilung endete mit den Worten:
    Der Staatsschutz ist in die Ermittlungen mit einbezogen. Politische Motive können nicht ausgeschlossen werden.
    Ich packte meine Sachen und machte mich auf den Heimweg. Ob Milevs Stern zu sinken begann? Erst die Frauen, die ihn vor Gericht als Zuhälterkönig entlarvten, dann der Brand heute. Vielleicht rüttelte das ja andere Roma auf, die Macht der Zaren einzuschränken.
    Ich klingelte Maxi Singer an und wir verabredeten uns spontan in der Kaffeebude am Nordmarkt.
    »Mobby kann ich leider nicht mitbringen«, kündigte sie an. »Er hat ein Magen-Darm-Problem.«
    »Das ist aber schade«, log ich. Ein Köter mit Durchfall hätte diesem Tag die Krone aufgesetzt.
    Der Wirt tischte uns kleine Snacks auf. Mit Schafskäse gefüllte Teigröllchen, eingelegte Paprika, scharf gebratene Hähnchenspieße und viele andere Leckereien, die die orientalische Küche hergab.
    Ich schaute mich um. Das Publikum war gemischt, auch Damen des Gewerbes waren darunter. Einige Male klingelte ein Handy, eine der Frauen stand auf, zahlte und verschwand oder stieg in ein Auto, das vor dem Café wartete. Und es kamen auch Männer ins Café, die nicht lange blieben, sondern den Laden bald mit weiblicher Begleitung verließen.
    Maxi Singer erriet meine Gedanken. »Genau, die Anbahnungen finden jetzt hier statt und nicht mehr auf der Straße. So kann die Stadt behaupten, dass es keinen Straßenstrich mehr gibt«, lächelte die Missionsfrau. »Auf diese Weise organisiert man sich die Welt schön. Jedenfalls für eine Weile.«
    »Wie kommen die Freier damit klar?«
    »Das interessiert mich weniger. Es gibt kein Recht auf öffentlich zugängliche Sex-Angebote. Man muss aber der Tatsache ins Auge sehen, dass alles so geblieben ist, wie es war. Nur die Logistik hat sich geändert. Manche Mädchen haben Stammfreier. Mit denen verabreden sie sich jetzt per Handy. Das können Sie hier beobachten. Und neue Freier gehen einfach in eine Kneipe und bahnen dort an. Jeder Taxifahrer in Bierstadt kennt die einschlägigen Adressen. Den Frauen geht es dadurch nicht besser, denn die Wirte vermieten in ihren Hinterzimmern die Matratzen für teures Geld. In den Kneipen müssen die Mädchen mindestens etwas zu trinken bestellen, was ja auch nicht umsonst ist. Das Leben ist für die Frauen teurer geworden und die Gewalt wird zunehmen.«
    »Weil alles wieder im Verborgenen stattfindet?«
    Maxi Singer nickte. »Der Überblick fehlt. Früher kannte ich hier jede Frau und konnte helfen, wenn eine Probleme hatte. Die Frauen sind in unsere Beratungsstelle und in unser Café gekommen.«
    »Die Beratungsstelle gibt es doch noch«, entgegnete ich.
    »Ja, aber die Polizeipräsenz ist zu groß. Jede Frau, die sich unserer Mission nähert, wird überprüft. Bald können wir den Laden dichtmachen.«
    Es klang frustriert.
    »Was macht eigentlich Donka?«, fragte ich, um Maxi aufzuheitern.
    Doch der Schuss ging nach hinten los, denn sie antwortete: »Donka ist abgehauen. Wieder so ein Fall, bei dem Hilfe keinen Sinn macht.«
    »Sie geht wieder anschaffen? Trotz Schwangerschaft?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Maxi. »Ich hab das Jugendamt informiert. Aber das hat nicht wirklich Interesse daran, eine minderjährige, schwangere Romaprostituierte in seine Obhut zu nehmen. Manchmal komme ich mir vor wie ein Hamster, der im Rad läuft und keinen Zentimeter vorwärtskommt.«
    Sie bestellte einen doppelten Raki und kippte ihn sich gekonnt hinter die Binde – ohne zu husten oder

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