Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
der Flammen auf die Nachbargebäude zu verhindern.
Pöppelbaum und ich machten uns auf den Weg.
»Rache der Roma an ihrem Ausbeuter oder deutsche Ausländerfeindlichkeit?«, sinnierte ich.
»Egal. Es trifft auf jeden Fall den Richtigen«, entgegnete der Bluthund. »Schade, dass er im Knast sitzt und die Show nicht live verfolgen kann. Guck mal, Grappa! Das qualmt ja ordentlich!«
Er hatte recht. Und es qualmte nicht nur, sondern stank auch.
Ein Einsatzwagen der Polizei überholte uns und Pöppelbaum klemmte sich dahinter. So kamen wir schnell ans Ziel, weil die Fahrzeuge auf der Straße brav rechts und links anhielten und warteten.
Natürlich war der Brandort abgesperrt, die Schaulustigen drängelten sich hinter dem rot-weißen Band.
Wir quetschten uns durch die Menge. Der Dachstuhl der Villa war nicht mehr zu erkennen, das Mauerwerk bröckelte in den Vorgarten und ab und zu waren kleinere Explosionen zu hören.
»Ob das Geknalle von Munition stammt?«, wunderte ich mich. »Die Kerle hatten hier ja wohl ein Waffenlager.«
»Es brennt an allen Ecken und Enden«, stellte Wayne fest. »Da hat mit Sicherheit jemand gezündelt.«
Inzwischen wurde das Haus mithilfe von vier C-Rohren gekühlt. Die Häuser nebenan waren noch unbeschädigt.
Mit gezücktem Presseausweis ging ich zum Einsatzleiter, der durch eine Armbinde gekennzeichnet war.
»Das Haus ist verloren«, teilte der Feuerwehrmann mit. »Da war ein Experte am Werk. An mehreren Stellen müssen Brandsätze deponiert worden sein. Elektronische Zündung. Prima Arbeit!«
Der Ton klang bewundernd. Feuerwehrleute haben vielleicht ein fast erotisches Verhältnis zu Flammen, überlegte ich. Es gab ja auch immer mal wieder einen, der selbst Hand anlegte, um sich beim anschließenden Löschen zu verwirklichen.
Pöppelbaum war ebenfalls fasziniert. Er fotografierte wie ein Wilder, zoomte auf den Funkenflug und verfolgte die herunterkrachenden Balken mit Engagement. Die Gaffer applaudierten, wenn ein Teil der Villa auf den Boden knallte.
»Sind Menschen verletzt worden?«, erkundigte ich mich.
»Es gibt nur leichte Rauchvergiftungen«, antwortete der Feuerwehrmann. »Zwei Frauen und ein Mann sind vorsorglich ins Krankenhaus gebracht worden.«
»Und wie hoch ist der Sachschaden?«
Er zuckte die Schultern. »Wir setzen nachher eine Mitteilung an die Medien ab.«
Pöppelbaum gesellte sich zu mir. Er hatte Ruß im Gesicht.
»Geile Bilder, Grappa«, jubelte er. »Haben wir alles?«
»Haben wir. Harte Fakten kommen später. Hast du die Schaulustigen abgelichtet?«
»Klar. Mitten im Applaus.«
Zurück in der Redaktion sichteten wir die Fotos. Den verbrannten Möbeln und der Kücheneinrichtung nach zu urteilen, lebte der Romazar in Saus und Braus.
»Guck mal, Grappa«, meinte Wayne und deutete auf einen Riesen-Designer-Kühlschrank. »Auf so ein Teil spare ich. Kostet über tausend Euro. Der stellt die Eiswürfel für die Drinks alleine her, so haste immer was da. Milevs Nachbarn besitzen solche Teile wohl eher nicht. Die haben die Einrichtung auch entsprechend kommentiert. Das macht böses Blut. Guck dir mal die schadenfrohen Gesichter an.«
Er schob mir ein paar Abzüge von Zuschauerbildern hin.
»Stimmt«, bestätigte ich nach einer Weile. »Besonders der hier sieht zufrieden aus.«
Ich tippte auf das Gesicht eines Mannes, der das Feuer mit einem leichten Lächeln betrachtete.
»Das ist doch …«, meinte Wayne verdutzt.
»Genau!«, nickte ich.
Rache ist nicht überall gleich
Ich überprüfte, ob meine Erinnerung korrekt war, und rief Ivana an. Sie bestätigte, dass Timocin Stojka von Beruf Feuerwerker war.
»Kein Problem für den, ein Feuer so zu legen, dass es an vielen Stellen zugleich ausbricht«, sagte Wayne. »Er macht Milev für den Tod seiner Frau verantwortlich. Von einem Zar erwartet man, dass er sich um seine Leute kümmert. Deshalb lassen sie sich so widerspruchslos von ihm ausbeuten. Milev hat seinen Job nicht ordentlich gemacht.«
»Raue Sitten«, stellte ich fest. »Wenn die allseits üblich wären, wäre das Regierungsviertel in Berlin schon mehrmals von Rachefeuern vernichtet worden.«
»Wir Deutschen haben halt kein Temperament und das Thema Rache hat für uns Mitteleuropäer einen primitiven Beigeschmack«, lächelte der Fotograf.
»Sag das nicht zu laut«, mahnte ich.
»Na ja, Grappa, für dich gilt das nicht. Bei dir sind schon noch Spuren archaischen Benehmens zu entdecken.«
»Archaisches Benehmen! Schöne Bezeichnung fürs
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