Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
aufzuweisen.«
Frau Schmitz will in Rente
POM Krüger behauptete gegenüber der Polizei, Ivana Rose sei seine ›Stammnutte‹ gewesen. Und dass der Kontakt zu ihr nie abgebrochen sei, auch nicht, als sie bei der Mission als Dolmetscherin anheuerte. Das war starker Tobak.
Pöppelbaum las die Pressemitteilung mit unbewegtem Gesicht. Ich hatte ihn in mein Zimmer gebeten, damit er früh Bescheid wusste.
Der Beschuldigte gibt an, dass es in der Wohnung mit der geschädigten Ivana R. (25) zu einem heftigen Streit über die Entlohnung der sexuellen Dienstleistung gekommen sei. Die Frau habe ihm gedroht, die Behörden über seine Verbindungen zu Dimitar M. (60) zu informieren. Lothar K. räumte ein, mit dem derzeit in Untersuchungshaft befindlichen bulgarischen Staatsangehörigen in Kontakt zu stehen und ihn über polizeiliche Ermittlungsergebnisse und Termine von Razzien in der Nordstadt informiert zu haben. Die Ermittlungen werden fortgesetzt.
»Ich glaube diesem Kerl kein Wort. Wir werden beweisen, dass seine Aussage nur eine Schutzbehauptung ist«, sagte ich. »Wenn Ivana nur endlich aufwachen würde, damit man sie befragen kann.«
»Ja, es ist einfach, jemanden zu beschuldigen und zu verleumden, der sich nicht wehren kann«, entgegnete Wayne gefasst.
Mein Telefon klingelte. Es war Kleist. Ich hörte nur zu. Was er berichtete, war mindestens erstaunlich.
»Du behältst das vorläufig für dich, Maria?«, fragte mein Hauptkommissar am Ende der Form halber.
»Gibt es etwas Neues?«, wollte Pöppelbaum wissen, nachdem ich Kleist weggedrückt hatte.
»Nein. Es ging nicht um den Fall«, log ich. »Und jetzt schreibe ich vierzig Zeilen über Ex-POM Krüger und seine Aussage.«
Ich machte meine Arbeit und meldete mich dann bei den Redaktionssekretärinnen ab. Recherche vor Ort. Ich wollte Pöppelbaum an diesem Tag nicht mehr begegnen, sonst wäre ich schwach geworden und hätte ihm erzählt, was ich nicht erzählen sollte. Außerdem hatte ich ein Date.
Frau Schmitz freute sich, mich zu sehen, denn sie hatte mir etwas mitzuteilen.
»Ich geh in Rente«, kündigte sie an. »Die Bäckerei wird verkauft.«
»Das geht nicht«, widersprach ich entsetzt. »Ich brauche meine Mandelhörnchen.«
»Ich lern der Birsen das«, versprach sie.
»Birsen?«, war ich noch entsetzter.
»Ja, die Birsen. Die kennst du doch, Frau Grappa! Die kleine Türkin aus dem Haus, in dem ich wohne. Sie hat endlich gerafft, dass es mit der großen Karriere auf der Schaubühne nicht klappen tut. Ihr Papa kauft mir den Laden ab.«
Birsen. Ja. Das hübsche Ding, das in Pitt Bretts Castingshow so gnadenlos untergegangen war.
»Schön, dass sie wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen ist«, meinte ich. »Hoffentlich kann sie besser backen als singen.«
»Das schafft die schon. Sie hat ja schon eine Ausbildung als Bäckereifachverkäuferin abgebrochen.«
»Abgebrochen?«, fragte ich leicht verwirrt.
»Sie macht se ja weiter«, beruhigte mich Anneliese Schmitz, »und zwar bei mir. Und ihre Mutter hilft erst mal im Laden mit. Das wird schon klappen. Auch mit deinen Hörnchen, Frau Grappa.«
»Das glaube ich erst, wenn ich das erste gegessen habe, das nicht von dir stammt«, muffelte ich.
»Frau Grappa, ich werd bald siebzig. Ich will nicht mehr jeden Tag hier rumackern. Ich will auch mal im Sessel sein.«
»Dann stell den Sessel in die Backstube, Frau Schmitz.«
»Du bist knochenhart, Frau Grappa«, maulte sie. »Freust du dich denn nicht auf deine Rente?«
»Nein, ich arbeite, bis ich tot umfalle.« Ich schaute auf die Uhr.
»Sag mal, wartest du noch auf wen, Frau Grappa?« Mein Blick war ihr nicht entgangen.
»Ja. Auf meinen Freund«, gestand ich.
»Den Herrn Doktor?«
»Genau den.«
»Da kommt er ja«, meinte sie und schaute durch die Scheibe nach draußen.
Friedemann Kleist überquerte die Straße mit federnden Schritten. Ich betrachtete ihn wohlwollend. Im Dienst trug er oft einen leichten Wollanzug und ein einfarbiges Hemd, so auch heute. Privat mochte er es etwas rustikaler.
»Gut sieht er aus … dein Freund.«
»Behalt das bitte für dich, Frau Schmitz«, warnte ich sie. »Er weiß das nämlich noch nicht.«
»Gebongt.«
»Guten Tag, die Damen«, begrüßte uns der schönste aller leitenden Hauptkommissare mittleren Alters.
»Tach, Herr Doktor. Was darf ich bringen?«, fragte die Bäckerin.
»Was empfehlen Sie denn?«
Anneliese Schmitz zeigte ein Jungmädchenlächeln. »Ich hab frischen Zwiebelkuchen. Noch
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