Grappa lässt die Puppen tanzen - Wollenhaupt, G: Grappa lässt die Puppen tanzen
erschien. Auf ihr waren verschiedene Folterarten und sexuelle Quälereien mit Gegenständen aufgeführt. Daneben standen Preise.
»Unfassbar!«, stieß ich hervor. »Wie krank ist das denn?«
Während die Kunden boten, zeigte die Kamera genüsslich den Körper des Opfers: ein schmal gebautes, offenbar sehr junges Mädchen, das stark zitterte. Die Haut wies frische und ältere Wunden auf.
Jetzt erfasste die Kamera das Gesicht. Weite, angsterfüllte Augen. Wimmern unter einer Mundbinde. Eine Männerhand kam ins Bild und zog das Tuch weg. Sie spuckte die Kamera an, schrie und erhielt einen Schlag ins Gesicht.
»Das ist Donka«, stotterte ich.
»Was sagst du da?« Wayne schaute genau hin und meinte dann: »Du hast recht, Grappa!«
»Sie wird live gequält. In dieser Minute«, rief ich. »Wir müssen sie da rausholen. Ich rufe Kleist an.«
Ich rannte zu meiner Handtasche, die auf einem Stuhl im Flur lag. Meine Finger wollten mir kaum gehorchen. Natürlich war Kleist ausgerechnet jetzt nicht erreichbar, nur die Mailbox war geschaltet.
»Er geht nicht ran«, krächzte ich.
»Irgendwas läuft da nicht nach Plan. Guck mal, Grappa«, murmelte Pöppelbaum, die Augen auf den Monitor gerichtet.
Ich guckte hin. Die Kamera war jetzt auf das Gitter des Bettes gerichtet und bewegte sich nicht mehr. Stimmen waren zu hören, Gepolter und der Befehl: »Aufmachen, Polizei!«
Donka Zima schrie laut auf.
»Die Bullen sind da! Sie haben sie aufgespürt!«, jubelte ich.
Die Zahl der Online-Kunden verringerte sich im Eiltempo. Nach dreißig Sekunden waren nur noch wir auf der Seite eingeloggt.
Gebannt starrte ich auf das Bild. Noch immer hatte sich der Ausschnitt nicht geändert – der Kameramann schien vor der Polizei geflüchtet zu sein.
Lärm, als würde mit einem Riesenhammer die Tür aufgeschlagen. Holz splitterte. Jemand stieß gegen das Stativ. Die Kamera kippte langsam zur Seite. Den Bruchteil einer Sekunde erblickte ich Friedemann Kleist, wie er sich über Donka Zima beugte. Die tödliche Show war zu Ende.
Füße unter dem Tisch
Kleist hatte die Nacht durchgearbeitet und sich dann mal wieder zum Frühstück eingeladen.
»Wie habt ihr rausbekommen, wo sich der Folterkeller befindet?«, fragte ich. »Hast du doch einen Deal gemacht mit POM Krüger?«
»Nein. Ivana Rose ist wieder bei Bewusstsein. Durch sie haben wir die richtige Spur gefunden.«
»Dann hast du mit Ivana einen Deal gemacht?«
»Nein. Es ist alles ganz anders, als wir gedacht haben. Lässt du mich erst mal eine Tasse Kaffee trinken? Danach erfährst du alles.«
Er sah müde aus. Die Bartstoppeln standen ihm gut. Ganz langsam trank er den Kaffee aus und aß noch ein halbes Brötchen mit Frischkäse und Marmelade. Endlich lehnte er sich zurück und erzählte.
Ivanas Geschichte ging so:
In Wirklichkeit war sie nie auf den Strich gegangen. Sie hatte Maxi diese Geschichte erzählt, weil sie auf diese Weise Zugang zu der Mission und damit zu den Damen des Gewerbes bekommen konnte. Ihr Motiv war, dass sie Angst um ihren Vater hatte. Milev hatte seine Hände ziemlich tief in der Prostitution und der Ausbeutung der Romafrauen und Ivana suchte einen Weg, ihren Vater so zu beeinflussen, dass er sich von diesem Milieu trennt. Darum wandte sie sich auch an ihn, als Donka nach ihrer Rückkehr nach Bierstadt verschwunden war. Ivana suchte ihren Vater auf und verlangte Donkas Freilassung. Natürlich tat Milev zunächst unwissend, doch Ivana ließ sich nicht beeindrucken. Schließlich telefonierte Milev im Beisein seiner Tochter mit Krüger und wies ihn an, das Mädchen laufen zu lassen.
Ivana war jedoch misstrauisch. Sie wollte Donka selbst in Empfang nehmen, um sicherzugehen, dass sie wirklich freikommen würde. Krüger versprach, dass er Donka in einer bestimmten Nordstadt-Wohnung übergeben würde.
Ivana fuhr zu dieser Wohnung. Doch sie traf dort nur Krüger an. Es gab einen heftigen Streit, denn Krüger dachte überhaupt nicht daran, das Mädchen freizulassen. Ivana drohte ihm mit der Polizei, aber er lachte sie nur aus.
»Hat Ivana wirklich geglaubt, dass sie allein gegen eine dreckige Bande von Frauenschindern ankommt?«, rief ich aus. »Warum hat Ivana nicht sofort die Polizei alarmiert?«
»Das wollte sie ja, aber dazu kam es nicht mehr«, antwortete Kleist. »Als Ivana die Wohnung verlassen wollte, hielt Krüger sie zurück. Es kam zu einer Prügelei. Dabei warf er Ivana aus dem Fenster.«
»Dann war sie eine lange Zeit ohne Bewusstsein und niemand
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