Grappa und die Toten vom See
SS-Hauptsturmführer damals gestohlen hat.«
Ein alter Bekannter erscheint
Ich hatte mein Handy im Büro liegen lassen. Drei Anrufe in Abwesenheit und eine SMS. Kleist, eine unterdrückte Nummer und Frau Schmitz. Die SMS stammte von Fellner. Er teilte mir mit, dass er einige Tage nicht zu erreichen sei – er habe Vorträge zu halten und werde sich danach bei mir melden.
Kleist war natürlich nicht mehr verfügbar – eine Dienstbesprechung, die »bis in die Abendstunden dauern kann« –, so sein Vorzimmerdrachen.
Ich wählte die Nummer von Frau Schmitz.
»Ich hab ein Foto von den Nachbarn gemacht, wie sie mir Katzenscheiße auf die Terrasse werfen«, gab sie bekannt. »Meinst du, du kannst das in der Zeitung abdrucken, Frau Grappa? Als Beweis?«
Ich schenkte mir den Hinweis auf das Recht am eigenen Bild und meinte: »Geh lieber zur Polizei damit, Frau Schmitz. Das ist wirkungsvoller.«
»Na, das hab ich jetzt auch verstanden«, schnappte die Bäckerin ein. »Ich dachte, du willst mir helfen? Komm wenigstens vorbei und guck dir das Bild an.«
»Ich bin in einer Stunde da.«
Frau Schmitz hatte die Bäckerei bereits verriegelt und wartete auf mich.
»Tach auch. Wie isses?«, begann ich.
»Muss. Könnte abba besser sein«, antwortete sie.
»Siehst fertig aus, Frau Schmitz. Die Sache geht dir ganz schön an die Nieren, was?«
»Da kannste von ausgehen.« Sie reichte mir das Foto.
Ich betrachtete es und war wie vom Donner gerührt. Nicht wegen der beiden Leute im Vordergrund, den Golombecks: ein mittelalter Kerl in einer verschlissenen Cordhose, der Katzenkot von einem Kehrblech über den Zaun schleudert – beobachtet von seiner hämisch grinsenden Gattin. Doch es war noch eine dritte Person auf dem Bild zu sehen: ein großer, älterer Mann mit weißem, halblangem Haar, zerfurchtem Gesicht und kantigem Kinn. Der Unbekannte, der uns am Lago Maggiore mehrmals über den Weg gelaufen war – im Foyer und beim Kuchenbuffet des Hotels Milan du Lac. Und im Wald von Pisano.
Der Killer wird erkannt
Kleist hatte andere Probleme, als dem weißhaarigen alten Mann hinterherzujagen. Er ließ mich abblitzen. Also musste ich allein herausbekommen, wer der Typ war, der sich im Garten der rechtsradikalen Nachbarn von Frau Schmitz herumtrieb.
»Machst du mit?«, fragte ich Wayne, nachdem ich ihm am nächsten Morgen das Foto gezeigt hatte. Begeistert war er nicht.
»Aber es ist schon merkwürdig, dass der Kerl ausgerechnet in Bierstadt auftaucht«, gab er zu.
»Eben«, nickte ich. »Jetzt muss nur noch Frau Schmitz mitspielen.«
Unser Plan war, eine Webcam am Haus der Bäckerin zu installieren, die auf die Haustür der Golombecks gerichtet war. So konnten wir beobachten, wenn jemand das Haus verließ oder betrat.
»Ist das denn erlaubt?«, fragte Wayne.
»In dem Fall schon«, behauptete ich. »Frau Schmitz wird seit Wochen bedroht und muss sich selbst schützen. Niemand kann ihr verbieten, Beweise zu sichern.«
Wayne zog los und besorgte die Cam. Sie war handlich und unauffällig und sendete ihre Bilder per Funk an alle Geräte, die bei ihr angemeldet waren.
»Und wer von uns macht das Teil scharf?«, fragte Pöppelbaum. »Der Kerl kennt uns beide und wird Lunte riechen, wenn wir bei der Schmitz auftauchen.«
»Dazu müsste er gleichzeitig mit uns vor Ort sein. Falls wir ihm begegnen, spreche ich ihn einfach an«, meinte ich. »Jetzt berede ich erst mal alles mit Frau Schmitz.«
Die Bäckerin fand unsere Aktion spannend.
»Ich hab den Mann zum ersten Mal auf dem Foto wahrgenommen«, berichtete sie. »Aber heute Morgen ist er mit dem Golombeck ins Auto gestiegen und weggefahren. Ich war grad auf dem Weg zur Arbeit, da hab ich die beiden Honks gesehen.«
Angesichts von Frau Schmitzens Arbeitszeiten musste das sehr früh gewesen sein.
Sie überreichte mir ihren Hausschlüssel. »Pass gut drauf auf, Frau Grappa.«
»Na, sicha! Du kriegst ihn heute Nachmittag wieder.« Ich schnupperte. »Was riecht hier eigentlich so lecker?«, fragte ich scheinheilig.
»Warte mal«, bat sie. »Die Hörnchen sind fertig. Ich pack dir ma ebend ’ne Tüte voll.«
Auf den ersten Blick schien in dem Häuschen im Negerdorf alles normal zu sein. Die Haustür war ordentlich verschlossen, Zeitungen und Reklame verstopften den Briefkasten und die Mülltonne stand quer zum Eingang. An der Wand gab es kaum noch Spuren der Graffiti. Die Stellen, an denen die Buchstaben entfernt worden waren, waren sogar sauberer als der Rest der Wand. Ein
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