Grappas Gespuer Fuer Schnee
bestelle ich uns erst mal eine Pizza.«
Die war eine halbe Stunde später da und wir vertilgten sie in meinem Büro.
»Das reinste Chaos hier«, stellte Brinkhoff mit Blick auf die Zeitungsstapel und Bücher fest.
»Ich komme einfach nicht zum Aufräumen«, entgegnete ich. »Aber in Ihrem Büro sah es auch nie besser aus – wenn ich mich richtig erinnere.«
»Stimmt. Das alles fehlt mir sehr«, seufzte er. »Ich hätte nicht gedacht, dass mir das passieren wird – ins Rentnerloch zu fallen.«
»Deshalb sind Sie ja jetzt mit dabei. Was haben Sie rausgekriegt?«, kam ich zur Sache.
»Der Rechner steht in einem Lesesaal der Universität. Also in der Bibliothek. Die ist neuerdings vierundzwanzig Stunden geöffnet. Der PC wird für Recherchen gebraucht, ist also internetfähig. Ich habe mit der Bibliothekarin gesprochen. Die erzählte, dass die Computer – es sind insgesamt zehn – ständig benutzt werden. Von Studenten aller Fakultäten.«
»Und wie loggen die sich dort ein?«, fragte ich.
»Es gibt keine persönlichen Kennungen. An jedem PC ist ein Schild mit den Zugangsdaten angebracht. Warten Sie mal, ich hab ein paar Fotos gemacht.«
Brinkhoff holte eine kleine Digitalkamera aus der Jacke. »Moment. Ich muss erst mal die Fotos von meiner missglückten Traumreise überblättern.«
»Die dürfen Sie mir auch gern zeigen«, lächelte ich und rückte näher an ihn ran.
»Das war die Aussicht.« Ich sah blaues Meer. »Und hier – zwei Tage später.« Wieder blaues Meer. »Und das war kurz vor Kuba.« Das Foto zeigte – blaues Meer.
»Aufregend, was?«, kommentierte Brinkhoff. »Dagegen sind diese Aufnahmen hier wirklich spannend.«
Auf dem Display erschien der Lesesaal der Bibliothek. Ich erkannte einen Tisch mit Computern und ein paar Menschen.
»Natürlich haben meine ehemaligen Kollegen schon alles hinterfragt«, berichtete Brinkhoff.
»Wer ist das?«, fragte ich. Mein Blick hatte sich an einem Foto festgehakt. Zwei Menschen saßen gemeinsam vor einem Rechner.
»Die hübsche Blondine?« Er grinste. »Ich konnte nicht widerstehen. Jetzt sagen Sie nicht, dass ich ein alter Trottel bin.«
»Keineswegs. Können Sie das Foto mal ein bisschen größer machen?«
Er konnte.
»Sie sind kein alter Trottel, sondern eher ein schlauer Schnüffler. Die hübsche Blondine heißt Anna Wachowiak alias Lady Cora. Und der junge Mann nennt sich von Elberberg.«
»Und was bedeutet das?«
Ich klärte ihn auf.
»Tut mir leid, dass ich mich erst jetzt bei dir melde«, sagte Friedemann Kleist. »Ich hatte Termine im Landeskriminalamt. Du wolltest mich sprechen?«
Ich saß im Auto und fuhr rechts heran.
»Der Mörder hat mir eine Mail geschickt. Sie besteht aus zwei Worten: Marta Russo. Und sie wurde wieder von der Uni aus abgeschickt.«
»Mh.«
Ich spürte durchs Handy, wie er nachdachte.
»Sagt dir der Fall Russo etwas?«
»Ja sicher. Ein Mord ohne Motiv. Einer der Klassiker in der Geschichte des Verbrechens. Wohin bist du unterwegs?«
»Zu einem beruflichen Termin.«
»Wir müssen reden«, sagte er. »Geht es heute Abend? Ich mache mir Sorgen um dich.«
»Du weißt ja, wo ich wohne«, gab ich zurück.
Lady Cora hatte einem Treffen zugestimmt. Ich hatte ihr keinen Grund für meinen Besuch genannt, doch ich nahm einen Ausdruck des Fotos mit, das sie und von Elberberg im Lesesaal der Universität zeigte.
Anna Wachowiaks Appartement befand sich in der Innenstadt in einem Haus mit vielen kleinen Single-Wohnungen. Geschickt gewählt, dachte ich, hier kann jeder sein eigenes Leben gestalten – ohne Nachbarschaftskontrolle.
»Fahren Sie in die achte Etage«, sagte Lady Cora durch die Sprechanlage.
Oben empfing sie mich – ungeschminkt, mit roter Nase und in einem schlabbrigen Jogginganzug. Keine Spur von dem Hochglanz-Erotikgirl.
»Seit heute Morgen geht es mir nicht gut«, schniefte sie. »Wollen Sie einen heißen Tee?«
Ich stimmte zu. Sie ging in die Küche und ich nutzte die Chance, mich in der Wohnung umzusehen. Auf dem Schreibtisch lagen Papiere, die mit ihrem BWL-Studium zu tun hatten, und die Zeitschriften, in denen sie mit den zweifelhaften Erotikfotoserien vertreten war. Die Bücher in den Regalen dokumentierten einen Streifzug von Nackenbeißerschmalz über Beziehungsromane bis zum Psychothriller. Nichts Auffälliges.
Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück und reichte mir eine Tasse Früchtetee. Ich zog das Foto aus meiner Handtasche.
»Heute Morgen waren Sie noch an der Uni«, sagte ich.
»Sie
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