Grass, Guenter
einschränkendes aber ein: »arm aber tugendhaft«, das allerdings ein
doch ersetzen könnte, wie etwa »das leben ist kurz aber schön« durch »kurz doch
schön«. Freilich, sagt er sich, kann gleichfalls »kurz aber doch schön«
Verwendung finden.
Nun,
da ihm Schloß Wilhelmshöhe breitgelagert in den Blick kommt, möchte er sein, wo
ihn jahrelang altehrwürdige Bücher beatmet hatten, ruft sich aber mit einem
»aber, aber!« zurück. Er flüstert »kein abermals steht uns bevor« und wendet
die Partikel im Munde, kaut, zerkaut sie, bis ihm das Wörtchen widersinnig,
aberwitzig, irr vorkommt, wie schon bei Gryphius der Irrsinn waltet, wenn von
einer Fürstin die Rede ist, »die voll von aberwitz ein creutz pflegt
anzubeten«.
Dazu
paßt ihm das vorsätzliche aber, wie es sich in den vom Bruder Wilhelm allzu
lässig edierten Märchen findet: »Aschenbrödel aber kam...« Gleichfalls dient es
als Füllsel in Tierfabeln: »Isegrim aber der wolf begann die klage...« Und
selbst bei Luther steht: »Jesus aber kam wieder von dem Jordan.«
Schon
auf dem Heimweg, nunmehr mit Schloß Wilhelmshöhe samt lastenden Erinnerungen
im Rücken, fällt ihm ein, wie Wieland das aber sogar substantivisch verwendet:
»manch aber ihm zu köpfe steigt.« Und nahe dem Haus »Zur schönen Aussicht«, wo
Ludwig Emil ihn gewiß mit aberklugen Einfällen und neuesten, den Bücherhocker
betreffenden Karikaturen erwarten wird, erinnert er sich, kürzlich bei Bürger
ein aberbezügliches Zitat gefunden zu haben - oder hat es ihm der inzwischen
abtrünnige Moriz Haupt mit anderen Belegzetteln geschickt? -; jedenfalls
betritt er kichernd das Haus: »ha, lachte der kaiser, vortreflicher haber, ihr
futtert die pferde mit wenn und mit aber.«
Nein aber, ja aber.
Aber ja doch, aber nein doch.
Wenn aber nicht das, sondern abermals das,
oder aber ganz anderes geschehen wäre...
Als
sich gegen Abend das Aber und das Oder trafen,
um
ihre Bedenken zu tauschen,
war
schon das vorlaute Doch da.
Vor
jedem aber lauert ein doch,
und
hinterm dennoch kichert der Aberwitz,
gibt
aberklug Antwort: doch aber, aber doch...
Als
aber die Abereh,
wie
die Nebenehe bei Fischart heißt,
als
Abersaat aufging, riefen alle Aberkinder,
uns
aber hat niemand gewollt.
Bevor
ich mich aber, wie Jacob es spaltenlang tat, weiterhin im Abermaligen verliere,
indem ich den gegenwärtig waltenden Abersinn im Kreis laufen lasse oder das Übergewicht
jener kleinwüchsigen Wörter betone, die mit den Vokalen A, E, I, O, U anlauten,
also vom es aufs ist, vom oder aufs und komme, mich gar mit der Silbe all
befasse und andächtig in jene Spalten vertiefe, in denen allgemein und
zugleich mit der Vorsilbe all das All abgehandelt wird - Brockes ruft: »o
wunderbares all, eröfne mir die äugen«, und bei Schiller heißt es: »von des
lebens gütern allen ist der rühm das höchste doch« -, oder aber, weil ich all
das und auch das All satt habe, mich an das Zahlwort acht halte, nur weil all
die Briefe, die zwischen Göttingen und Kassel hin und her gingen, aufs Jahr
achtunddreißig datiert sind, zudem acht aber auch achten, achtlos, achtsam,
ferner den Ruf Habt Acht! zur Folge hat, oder abermals, nur weil Jacob die
verfluchte Universitätsstadt so überhastet verlassen mußte, das Stichwort
Abschied bemühe, welches bei ihm auch als Abscheid zu finden ist, etwa für tot
oder ableibig sein: »abscheid von diesem Jammertal«, hingegen Wieland schon von
»abgeschiednen seligen geistern« spricht, Goethe jedoch seinen Wilhelm förmlich
Abschied vom Theater nehmen läßt: »als er fühlte, dasz er schon abgeschieden
sei und nur zu gehen brauchte«, bevor ich also versucht bin, mich an den kurz
anlautenden Partikeln an und ab abzuarbeiten oder noch einmal die Mutter der
Brüder Grimm, wie später im Wörterbuch vermerkt werden wird, als Amtmännin
ehre oder gar Anlaß nehme, über das Alter zu lamentieren und all meine
Altersgebrechen sowie vorauseilend die der Grimmbrüder aufzähle, sodann auf
Abfahrt komme, also die Göttinger Arschkriecher, auch Alfanzer genannt, hinter
mir lasse und als Augenzeuge der Kutschenfahrt von Göttingen über die
Werrabrücke nach Kassel Jacob ins Asyl folge oder mit Hilfe des Wortes
Austreibung und Luthers Bibeldeutsch nochmals den alten Adam anrufe, um dann
auf Abel, Abraham, Aaron, den Propheten Arnos und den Apostel Andreas zu
kommen, um gleich nach letztem Abendmahl ein frommes Amen gegen ein
heidnisches Nema zu tauschen, wie es geschah, als ich
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