Grass, Guenter
älteren Grimm
über dessen absehbaren Fortgang
fortzuschreiben.
Noch
bleibt er fähig, dem Buchstaben F eine Weile zu folgen. Wie zuvor schon ist er
fortan besorgt um den Fortbestand althergebrachter Wörter, auch jener, die sich
fortentwickelt haben, streicht aber fortissimo als Fremdwort ohne Bedauern.
Wer
wird ferner auf weitläufigen Wortfeldern fortackern und ab sofort zuständig
sein für Lohnfortzahlung und berufliche Fortbildung? Er aber quält sich, wenn
auch die Zeit ihm fortläuft, mit nunmehr müden Kräften, auf daß sich die Wörter
fortzeugen, bis endlich mit letztem Stichwort die Frucht fällt.
Und
was sich noch in nachfolgenden Anmerkungen findet, mit fortzwirnen und
fortzwitschern scheinbar schließt, doch dann mit Ersatzwörtern für fort
aufwartet: das Geld ist all, ist flöten gegangen, man könnte auch sagen ist
futsch und hin, wie jemand, der von uns fortgehen muß, für immer und ewig dahin
ist.
Dem
nachfolgenden Forz, der bald zum Furz wurde, den - wer sonst? - Luther in
seinen Tischreden feiert, folgt die Fotze, der Jacob nachsagt, sie sei »ein
unhübsches, gemie denes wort, bei dem die Sprachforschung doch manches zu erwägen
hat«.
Das
tut er mit Inbrust drei Spalten lang, indem er vulva und cunnus mit vielerlei
Umschreibungen verkleidet, bis er zum Fotzenhaar und dem zärtlichen Fötzli
kommt. Nach Fud und Vut und dem schweizerischen Fötzel schließt die Lieferung
an den ungeduldig wartenden Verleger mit einem Gotthelf-Zitat: »so eine von der
gasse, e fötzel oder e alte gritti, selb nit, lieber sterben ledig.«
Dererlei
Fleischeslust konnte Jacob Grimm nicht anfechten, er, der einerseits ledig,
andererseits fest eingebunden in Wilhelms Ehe mit Dorothea gewesen war, blieb
nach anderem lüstern: einzig nach Wörtern und deren grammatischem Verhältnis
zueinander, nach Wörtern, die einander begatten, die fremdgehen, die sich
verflüchtigt hatten und eingefangen sein wollten, nach mehr, immer mehr
Wörtern, verfallen der Sucht: Fortsetzung folgt...
VOM
FRIEDHOF ZU ENDLOSEN KRIEGEN
Kopffüßer,
die nicht durch Kiemen atmen
und
sich Mensch nennen, behaupten,
es
sei die weibliche Cupa
als
männlicher Chop, dann Kopp,
weil
überzählig zu viele Köpfe,
um
einen gekürzt worden,
denn
das Volk rief so lange »Kopf ab!«,
bis
Carl, König von England, zitiert nach Logau,
»kopfes
ohne« war, worauf man ihm seinen
kinnbärtig
vor die Füße legte.
Ein
Wort reicht, das ihn kosten kann.
Wer
sonst ihn noch wagte:
Katte,
zum Beispiel, des Kronprinzen Kumpel.
Sie
steckten die Köpfe zusammen, ließen sie hängen,
kratzten
einander Kopfläuse weg
und
warfen die Münze: Kopf oder Zahl?
Wer
alles ihn hochtrug, mit ihm durch die Wand,
ihn
einrennen wollte, noch kurz zuvor meinte,
Köpfchen
zu haben; doch standen, wenn Krieg war,
»die
völker« wie Gryphius sagt, »gleich als vor den köpf geschlagen«.
Seitdem
kämpfen Schlaflose mit dem Kopfkissen, ach...
Man
kann ihn schütteln, mit ihm nicken,
ihn
sich waschen lassen: einmal Kopfwäsche, bitte!
Ihn
stützen, weil vom Kummer gebeugt,
bis
er kopfoben wieder; einer aber steht
kerzengerade
- worauf? und wundert sich mit den Beinen,
anderen
sind die Kinder über den Kopf gewachsen,
und
eine Daja warf, sagt Lessing,
»mir
ihr geheimnisz an den köpf«.
Das
hält er nicht aus, hat ihn verdreht,
das
macht ihm Schmerz,
zumal
es schwierig ist, zu viele Meinungen
unter
eine Kappe zu bringen.
Deshalb
stehen bei Luther
»harte
köpfe und verstockte herzen« beisammen;
hingegen
kann Heine endlich im Grimmschen Wörterbuch
»leg
an mein herz dein köpfchen« flöten.
Und
weitere Zitate, in denen er Hauptsache ist.
Genick-
oder Kopfschuß?
Nicht
nur im Kino sind Kopfjäger auf Kopfgeld aus.
Trotzköpfe
gibt es,
den
Schlaukopf, Schafsköpfe und Brückenköpfe,
die
heiß umkämpft sind. Sogar Berge
haben
Köpfe oder Kuppen, heißen Schneekoppe
und
Ochsenkopf. Und immer häufiger,
klagt
die Krankenkasse,
befällt
Krebs den Kehlkopf,
was
in die Kosten geht.
Ach,
als ich jung war und Pusteblumen köpfte,
standen
wie gemalt den Bach entlang Kopfweiden.
Vor
wenigen Jahren noch gelang mir der Kopfstand.
Jadoch,
selbst mir, der ich kein Zeus bin,
sind
Kopfgeburten gelungen.
Auch
traf ich manchen Nagel
mit
erstem Schlag auf den Kopf;
doch
wer zählt jene,
die
sich krümmen seitdem?
Dieses
Gedicht ist zu kopflastig, sozusagen verkopft.
Während
Hildebrand fernab in Leipzig anfangs heimlich, bald
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