Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grau - ein Eddie Russett-Roman

Grau - ein Eddie Russett-Roman

Titel: Grau - ein Eddie Russett-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eichborn-Verlag
Vom Netzwerk:
++ JADE-UNTER-DER-LIMONE GSW ++ V. E. RUSSETT RG6 7GD ++ OST-KARMIN RSW ++ ANF. D. NACHR. ++ REISE OHNE ERNSTE ZWISCHENFÄLLE ++ HEIL ANGEKOMMEN ++ IN ZINNOBER KANINCHEN GESEHEN S. INTERESSANT ++ OST-KARMIN HERRLICH ++ DOPPELT SO GROSS WIE JADE, FLUSSLAGE UND LINOLEUMFABRIK ++ KUCHEN SEHR TEUER WENIG SYNTHETISCHE FARBE ++ GRÜSSE AN DEINE REIZENDE MUTTER ++ MEIN WARTESCHLANGENSYSTEM FUNKTIONIERT GUT ++ D. EDWARD XXX GEDICHT FOLGT ++ O KÖNNTE ICH DIE GRENZMARKIERUNGEN MIT DIR ENTLANGSTÜRMEN ++ DICH IN MEIN HERZ NEHMEN UND DICH DRÜCKEN ABER NICHT ZU FEST ++ NICHT WÜTENDE SCHWÄNE NOCH GESINDEL KÖNNTEN MICH ABHALTEN ++ MEINE FARBE GEHÖRT DIR KOMMA LICHT MEINES LEBENS ++ ENDE D. NACHR.
    Dass mein Ishihara vorverlegt worden war, verschwieg ich Constance aus strategischen Gründen. Lieber wollte ich sie bei meiner Rückkehr damit überraschen und sie vor Roger Marones Augen mit überheblichem Blick zu einer Entscheidung zwingen. Zum vierten Mal las ich mir das Sendschreiben durch und fragte mich, ob nicht möglicherweise allein die Tatsache, dass ich Constance ein ganzes Gedicht telegraphierte , die jämmerliche Qualität desselben wettmachte, da hörte ich die Schwefels zurückkehren. Ich ging hinüber ins Gästezimmer und blickte nach draußen auf den Platz. Eine kleine Gruppe begrüßte die Gelben Heimkehrer mit heißem Kakao und Decken. Die beiden waren allein, Travis galt jetzt offiziell als Nachtabgang.
    Nur zwanzig Minuten später ertönte die erste Glocke, und genau zehn Minuten danach wurde das Licht abrupt ausgeschaltet und die Welt in pechschwarze Finsternis getaucht, ohne Tiefe, ohne Gestalt, ohne Form. Von jenseits der abgründig gähnenden Leere hörte ich die heimeligen Geräusche, die ein Dorf macht, das sich zur Nachtruhe begibt. Gelegentlich ein Aufschrei, wenn sich einer den Zeh am Bettpfosten gestoßen hatte, oder das Wimmern eines Kindes, das die Nachtangst noch nicht bezwungen hatte.
    Sekunden nach dem Signal zur Bettruhe setzte die abendliche Unterhaltung über RadiaHör ein. Es waren verhaltene Klopfzeichen, sie stammten also von einer fernen Quelle am anderen Ende des Dorfes, und ich musste mich gehörig anstrengen, um den Morsecode der metallischen Schläge gegen den Heizkörper zu verstehen. Es war nichts Unanständiges, eher der banale Klatsch und Tratsch zwischen Jugendlichen – wer war in wen verliebt, solche Sachen. Sie bedienten sich geheimer Zeichen, da das zentrale Heizungssystem ein offener Kreislauf war, deswegen wusste ich nicht, über wen gesprochen wurde, und selbst wenn, hätte ich die betreffende Person nicht gekannt. Nach einigen Minuten setzte eine zweite Folge ein, zur besseren Unterscheidung mit einem Holzstück angeschlagen. Dieser Code war schneller, und er war schwieriger zu verfolgen. Wir hörten Kapitel VIII eines Fortsetzungsromans mit dem Titel Renfrew der Mountie , der sehr wahrscheinlich auf der Rücksprung-Liste stand. Tommo hatte schon angedeutet, dass Mrs Lapis-Lazuli zur Vorlesestunde einen Versuch unternehmen würde, daher musste ich annehmen, dass diese Folge von ihr kam. Gut, dass ich das Morsealphabet aus dem Effeff beherrschte, denn die Zeichen wurden mit einer phänomenalen Geschwindigkeit geklopft.
    Ich hörte eine Zeitlang zu, dann startete eine dritte Signalreihe, im Ton tiefer als die beiden anderen, aber langsamer und bedächtiger. Der Sender benutzte eine Metallstange, wieder aus dem Grund der besseren Unterscheidung von den anderen. Diese Serie war an mich gerichtet, und nachdem ich ein Stück Metall gefunden und zur Dämpfung eine Unterhose darum gewickelt hatte, bestätigte ich den Empfang. Jemand namens »Fifi23« wollte wissen, was es Neues im Lande gäbe. Ich meldete mich als »Nik« an und klopfte ganz allgemeine, unverfängliche Neuigkeiten, die ich aus den Grünen Sektoren hatte. Wenn ich auch nur andeutungsweise einen sensiblen Bereich berührte, störte der diensthabende Radiator-Aufseher meine Zeichenfolge mit ein paar energischen willkürlichen Schlägen, die alle anderen Kanäle zum Verstummen brachten. Die Störung wurde allerdings schnell aufgehoben, und ich nahm meine Kommunikation wieder auf, achtete aber jetzt genauer darauf, was ich von mir gab. Etwa eine halbe Stunde sendete ich, bis mein Handgelenk lahm wurde, und nachdem sich »Fifi23« und noch einige andere bedankt hatten, lauschte ich wieder Mrs Lapis-Lazulis Fortsetzungsroman. Er war ganz amüsant, ergab aber keinen richtigen Sinn – viele Wörter und Idiome waren

Weitere Kostenlose Bücher