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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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keine Liebe. Sie schüttelte den Kopf und sah an ihm vorbei. Ihr Blick fiel in den Tunnel, und instinktiv tat sie einen Schritt darauf zu.
    Er fasste ihre Hand fester. »Bek?«
    Die pulsierende Energie des Tunnels übte einen Sog auf sie aus. Das Lied, das von der anderen Seite der Barriere herüberklang, wurde lauter.
    »Rebekkah!«
    Sie riss sich vom Tunnel los und sah ihn unverwandt an.
    »Sag mir, dass du nicht dort bleiben wirst!«, verlangte er. »Versprich mir, dass du mit mir kommen wirst, wenn ich von dort fortgehe.«
    »Ich verspreche es.«
    »Ich liebe dich, Rebekkah Barrow.« Er ließ ihre Hände los und trat in den Tunnel. »Ich führe dich dorthin, aber ich werde dich auch wieder nach Hause bringen.«

29. Kapitel
    »Byron?« Rebekkah versuchte ihm zu folgen, wurde aber von einer unsichtbaren Wand aufgehalten. Sie hob beide Hände und stemmte sich dagegen. Rebekkah sah zu, wie Byron eine Fackel von der Wand nahm. Als er die Hand darum schloss, flammte sie auf. »Byron!«
    Er fasste durch die Barriere hindurch und streckte ihr die Hand entgegen. »Du hast mir dein Wort gegeben, Bek.«
    Sie ergriff seine Hand und versuchte nicht darauf zu achten, wie richtig sich das anfühlte.
    Einen Moment lang starrte er sie mit undeutbarer Miene an, dann zog er sie in den Tunnel hinein. »Sobald wir auf der anderen Seite sind, müssen wir Mister D suchen. Später, zu Hause, reden wir … über uns. Aber du musst mir vertrauen, was auch immer geschieht.«
    »Ich vertraue dir doch. Das habe ich immer getan.« Über vieles war sie sich im Unklaren, doch dessen war sie sich gewiss. In dem Augenblick, als sie den Tunnel betreten hatte, erkannte sie auch, dass Byron dazu bestimmt war, an ihrer Seite zu sein. Er würde sie nach Hause bringen. Mit einer Klarheit, die sie noch nie zuvor empfunden hatte, wusste sie, dass sie zusammengehörten – er gehörte zu ihr.
    Die Stimmen im Tunnel wurden wellenartig lauter und wieder leiser. Sie sprachen Worte, die Rebekkah nicht ganz verstand. Sie sind gefangen, dachte sie. Die Luft ringsum war von unsichtbaren Händen erfüllt, die ihr zärtlich über Wangen und Haar strichen. Es waren die vergessenen Toten.
    Byron hielt sie fest an der Hand, und ihre Finger waren miteinander verflochten. Sie drückte sie. Ein kalter Wind wehte ihr entgegen, trieb ihr Tränen in die Augen und brannte auf ihrem Gesicht. Der Wind nahm die Tränen von ihren Wangen und den Atem von ihren Lippen.
    »Byron?«, rief sie.
    »Ich bin bei dir«, versicherte er ihr.
    Am Ende des Tunnels angekommen, keuchte sie auf. Die Farben, die sie erblickte, leuchteten so stark, dass es beinahe schmerzte, sich umzusehen. Der Himmel war mit Violett- und Goldtönen geädert. Imposante Gebäude umgaben sie. Sogar das einfachste unter ihnen war in Farbschattierungen gehüllt, die es eigentlich gar nicht geben durfte. Sie ließ Byrons Hand los und trat nach vorn. Langsam drehte sie sich im Kreis und nahm den Anblick ferner, unwahrscheinlicher Glasbauwerke in sich auf, die wie Edelsteine glitzerten, während sich Häuser aus Holz und rotbraunem Sandstein in nächster Nähe erhoben. Alles war so voller tiefer Farbnuancen, dass ihr Verstand es kaum verarbeiten konnte.
    Rebekkah sah sich um. »Byron?«
    »Kann zurzeit nicht bei uns sein«, erklärte ein Mann. Er schüttelte den Kopf. »Wirklich schade. Er ist sehr unterhaltsam.«
    »Wo ist Byron?« Sie blickte sich um, entdeckte aber auch den Tunnel nirgends. Er war verschwunden, als sie herausgetreten war. »Was ist gerade passiert?«
    »Ihr Undertaker wurde anscheinend aufgehalten. Er wird im Haus zu uns stoßen, meine Liebe. Ich begleite Sie dorthin.«
    »Sie … nein, ich muss Byron finden«, beharrte sie.
    »Meine Liebe, er hat Sie hergebracht, damit Sie mich treffen.« Der Mann nahm den Hut ab, hielt ihn an der Krempe fest, schwenkte ihn elegant und verneigte sich gleichzeitig aus der Hüfte heraus. Dabei fiel ihm eine dunkle Locke in die Stirn. Immer noch gebeugt, sah er aus erdbraunen Augen zu ihr auf. »Charles.«
    Er richtete sich auf, wobei er sie immer noch unverwandt betrachtete. »Und Sie, meine Schöne, sind meine Rebekkah.«
    Sie erschauerte. Aus seinem Mund klang ihr Name anders – wie ein Gebet, eine Beschwörung, eine heilige Anrufung.
    »Mister D«, murmelte sie. »Byron hat mir erzählt …«
    »Halbwahrheiten, meine Liebe.« Mister D bot ihr seinen Arm. »Erlauben Sie mir, Sie zum Haus zu begleiten, während wir auf Ihren Byron warten.«
    Sie hielt inne

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