Gray Kiss (German Edition)
noch. Er könnte uns helfen. In diesem Fall könnte er doch seinen Hunger zu etwas Nützlichem verwenden - und es würde dich nicht töten, weil du ja ein Engel bist!“
Links von uns begann nun die Polizei mit der Räumung der Villa. Die Partygäste wurden verscheucht. Sie rannten an uns vorbei, ohne uns zu sehen.
„Nicht, Cassandra!“, schrie Bishop plötzlich.
Ich drehte den Kopf in ihre Richtung und bemerkte, dass sie Bishops goldenen Dolch in der Hand hatte.
Jetzt rief auch ich: „Cassandra, was machst du da?“
„Zurückbleiben“, befahl sie, da wir alle instinktiv einen Schritt auf sie zutraten.
Ich tauschte einen panischen Blick mit Bishop. Er wirkte sehr angespannt.
„Was zum Teufel hast du mit dem Ding vor?“, brüllte Roth.
„Du fandest diesen Plan doch gut, Roth“, erwiderte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Schon vergessen?“
Er schien sich zu erinnern. „Aber das hier ist was anderes!“
Tränen liefen ihr über die Wangen. „Ist es nicht. Das war von Anfang an der Plan. Mir war klar, dass es so kommen würde - das ist der worst case , und er ist unausweichlich. Ich hatte gehofft, einen anderen Ausweg zu entdecken, aber jetzt habe ich erkannt, dass es keinen anderen gibt. Ich kann nicht zulassen, dass sie noch mehr Menschen verletzt oder tötet. Es tut mir leid.“
Roth riss die Augen auf. „Bitte tu das nicht.“
Zaghaft lächelte sie. „Ich hätte gern mehr Zeit mit dir verbracht, doch …“ Sie schluckte mühsam. „Es muss so enden.“
Und dann stieß sie sich den Dolch in die Brust - wie ein schreckliches Spiegelbild von Zach. Nur, dass Cassandra sich freiwillig dazu entschlossen hatte.
„Nein!“ Ein weiterer Schrei entfuhr meiner Kehle.
„Cassie!“ Roth sprang auf sie zu, um das Messer festzuhalten, aber es war zu spät. Sie zog es selbst heraus und warf es zur Seite, bevor sie zusammenbrach. Roth ging mit ihr in die Knie und packte sie an den Schultern. „Was hast du getan? Wieso nur?“
Alles andere, was er sagte, war nicht mehr zu verstehen, denn da tauchte schon das Schwarz auf.
„Es tut mir leid, Roth“, flüsterte sie. „Verzeih mir.“
Sie küsste ihn noch kurz, dann griff das Schwarz nach ihr und zog sie in sein strudelndes Maul. Entriss sie Roths Armen.
Er wich zurück und starrte den Strudel wie hypnotisiert an. „Sie war nicht tot.“ Seine Stimme brach. „Noch nicht. Sie hat noch geatmet!“
„Bishop, mach was! Gleich wird er …“ Allerdings konnte ich die restlichen Worte nicht mehr aussprechen.
Schon rannte Roth auf das Schwarz zu, um hinter Cassandra hineinzuspringen.
Bishop bekam ihn jedoch zu fassen und zog ihn im letzten Moment fort. Roth drehte sich blitzschnell um und rammte Bishop seine Faust ins Gesicht.
„Lass mich los! Ich muss sie retten!“
„Nein!“, schrie Bishop zurück. „Wir dürfen dich nicht auch noch verlieren!“
Roth wehrte sich heftig, doch jetzt eilten Kraven und Connor Bishop zu Hilfe. Zu dritt zerrten sie den Dämon vom Schwarz weg.
Wenige schreckliche Augenblicke später schloss sich der Strudel, und es wurde wieder still.
Cassandra war fort. Sie hatte die Stadt von dem körperlosen Engel befreit. Ihrer Schwester. Die wahre Geschichte ihrer Mission brach mir fast das Herz.
Es war von Anfang an eine Selbstmordmission gewesen. Und sie hatte es gewusst.
Roth glaubte, dass sie noch lebte, als das Schwarz sie holte. Aber ich hatte den Dolch gesehen. Die Heilige Klinge - die einzige Waffe, mit der man Engel und Dämonen töten konnte - hatte ihr Herz nicht verfehlt. Sie war tot.
Roth wurde still. Schließlich ließen die anderen ihn los.
„Roth“, sagte Connor. „Es tut mir so leid. Ich hatte keinen Schimmer, dass du und Cassandra …“
„Halt die Klappe.“
„Kommt, lasst uns was trinken gehen“, schlug Kraven vor. „Aber was Richtiges. Nicht diese Kinderplörre.“
„Nein. Lasst mich in Ruhe! Ihr alle!“ Er schaute uns finster an.
„Du mochtest sie. Das taten wir alle“, meinte Bishop.
Roth sah ihn mürrisch an. „Ich weiß nicht, wovon du redest. Dieser blöde Engel, der uns dauernd in die Quere kam. Ich bin froh, dass sie weg ist.“
Er schob die Hände in die Hosentaschen und ging davon.
Ich wusste, dass er uns nur etwas vorzumachen versuchte. Doch seine Trauer stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Bishop hob seinen Dolch auf und betrachtete einen Moment lang stumm die Klinge.
„Und jetzt?“, erkundigte sich Connor.
„Patrouille“, antwortete er. „Du und Kraven
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