Gray Kiss (German Edition)
hielt ihn am Handgelenk fest, allerdings schaute er mich nur sehr böse an. Sein Blick machte mir Angst.
„Nein.“ Ich hielt ihn trotzdem fest. „Du musst hierbleiben.“
Er runzelte die Stirn. „Das werde ich nicht.“
Ich schüttelte den Kopf. „Die Stunde der Wahrheit ist gekommen. Bist du bereit, sie zu sehen?“
33. KAPITEL
Kraven betrachtete meine Finger auf seinem Handgelenk. „Das fühlt sich aber angenehm an, gefällt mir. Was tust du da, Süße?“
Mein neuer Hunger befand sich auf einem erfreulich niedrigen Niveau, das war gut. So konnte mich auf andere Dinge konzentrieren. „Kümmer dich nicht drum.“
„Ich werde mich bemühen.“
Jetzt nahm ich auch Bishops Hand, der mir einen nervösen Blick zuwarf. „Du willst also eine Verbindung zwischen Himmel und Hölle herstellen?“
„Vielleicht klappt es ja.“
„Du hast dreißig Sekunden, dann bin ich raus“, erklärte Kraven. „Die Zeit läuft.“
Schön, so ganz ohne Druck.
Ich sah Bishop an. „Versuch, an damals zu denken, als alles aus dem Ruder lief. Als deine Erinnerungen zum ersten Mal schrecklich waren.“
Seine Miene wirkte konzentriert. „Ich will es probieren.“
Ich nickte ermunternd und ließ ihn nicht aus den Augen. Das war jetzt unheimlich wichtig.
Falls es funktionieren sollte - großes Falls! - gab es zwei Möglichkeiten. Entweder wurde mir bestätigt, dass Bishop damals den Verstand verlor und deswegen zum Mörder wurde. Oder es zeigte sich, dass er einen Pakt geschlossen hatte, bei dem es darum ging, seinen Bruder an die Hölle auszuliefern.
Vielleicht würde mein Versuch auch alles verschlimmern.
Und schon nahmen die Zweifel überhand.
Ich sollte das besser sein lassen. Oder es auf einen anderen Abend verschieben, wenn mir nicht so viel im Kopf herumging und ich noch mehr über Nathan wusste …
Vielleicht …
Zack!
James hatte recht. Ich kann wieder normal sehen. Meine Güte, sogar besser als normal! Ohne dicke Brillengläser herumzulaufen und ohne die ständige Angst zu erblinden, das fühlt sich wunderbar an!
Zauberei. Ich hätte nie gedacht, dass das funktioniert.
Der Mann, der mir geholfen hat und den James mittels einen von Karas Kontakten aufgespürt hat, kostet allerdings ein Vermögen. James muss mir noch sagen, wie viel genau. Aber es hat geklappt!
Jetzt muss ich meinen Bruder suchen gehen und mich bei ihm bedanken.
Ich laufe zurück zu Karas Heim, weil ich ihn dort vermute. James und ich haben unser eigenes Haus, ein verlassenes Gebäude im östlichen Teil der Stadt, in dem wir uns niedergelassen haben. Wir sind oft genug bei unserer Mutter, jedes Mal vor und nach den Aufträgen, die sie uns erteilt. Eines Tages werden wir eine Arbeit finden, die uns nicht mehr von ihr abhängig macht. Eine Arbeit, die unsere Besuche auf dem Friedhof unnötig macht.
„Wo ist James?“, frage ich sie, sowie ich sie entdecke.
Sie antwortet steif lächelnd und streicht ihr Haar zurück, das golden glänzt und mit dem sie immer noch die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zieht. „Ich habe ihn heute noch nicht gesehen.“
„Wenn du ihn triffst, sag ihm, dass ich auf der Suche nach ihm bin.“ Ich wende mich zum Gehen.
„Adam, Liebling, warte. Ich weiß, du bist wütend auf mich.“
Ich erstarre. „Vergiss es.“
„Das kann ich nicht.“
„Ich möchte dich nicht länger stören. Du hast doch sicher gerade Besuch.“
Sie wirft einen Blick auf die Kellertür. Diesen Teil des Hauses durfte ich noch nie betreten. Für mich war dort jahrelang einfach eine verriegelte Tür, die zu dem Ort führt, an dem sie ihre Geheimtreffen abhält.
Ihre geheimen magischen Treffen. Über die ich hinter ihrem Rücken immer lache.
Als sie mich jetzt mit ihrem Blick fixiert, lache ich nicht ganz so laut.
„Sei lieber vorsichtig“, warne ich sie. „Ich habe zwar keinen Schimmer, was ihr da unten so macht oder wozu du die Leichen brauchst, die wir nicht an die medizinische Hochschule verkaufen …“
„Liebes, bitte vergiss das alles.“ Sie schenkt mir ein nervöses Lächeln, das die feinen Linien rund um ihre Augen sichtbar macht. „Das ist mein kleines Geheimnis. Nichts, weswegen du besorgt sein musst.“
„Ich habe nie gesagt, dass ich besorgt bin.“
Sie legt mir beide Hände auf die Wangen und schaut mir tief in die Augen. „Du ähnelst so sehr deinem Vater. Willst immer das Richtige tun und mir meine Wildheit austreiben.“
Mein Vater, das war immer ein wunder Punkt gewesen. Vor allem deshalb, weil sie
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