Gray Kiss (German Edition)
ich vielleicht irgendwie gestört habe.“
Ich starrte sie an und versuchte, ihre seltsam geschraubte Ausdrucksweise nachzuvollziehen. „Du bist so was wie ein Vulkanier, kann das sein?“
Sie schien verwirrt. „Ein … was?“
„Ein Vulkanier. Wie aus Star Trek . Eine emotionslose humanoide Spezies, die sich besonders gewählt ausdrückt.“
Ihre Verwirrung wuchs. „Ich bin keine humanoide Spezies. Ich bin ein Engel.“
Ich seufzte. „Ein Engel, der noch nie Hühnerbällchen gegessen hat.“
„Die übrigens sehr lecker waren. Und diese rote, klebrige Soße dazu - herrlich!“ Sie strahlte.
„Wenn du meinst.“
Plötzlich kam sie in mein Zimmer und setzte sich auf den Rand des Bettes. Dann schaute sie mich ernst an. „Mir ist bewusst, dass du mich nicht magst.“
„Das habe ich nie behauptet.“ Nicht vor ihr jedenfalls.
Sie ließ die Schultern sinken. „Dieser Gray heute Abend. Er hat mir wehgetan … und dir auch. Ich dachte, ich schaffe ihn, aber er hat mich einfach so besiegt. Viel zu leicht.“
„Das war nicht deine Schuld. Grays sind normalerweise nicht so. Er war ein echter Freak.“ Der mir eine Höllenangst eingejagt hat, um es mal so zu formulieren. Ich war froh, dass er jetzt tot war und niemandem mehr etwas antun konnte.
„Dieser Dämon musste mich retten.“ Sie schauderte. „Und er sagte, ich hätte einen schönen Hintern. Wie unverschämt.“
„Typisch Roth.“
„Ist er …“ Sie blickte mich fragend an. „… so schrecklich, wie er aussieht?“
Eigentlich wollte ich ihr aus vollem Herzen zustimmen, doch ich überlegte es mir anders. „Keine Ahnung. Dämonen müssen böse und schrecklich sein. Ich mag ihn nicht. Er ist ein Arsch, dennoch gehört er zum Team. Und er hat dir deinen Hintern gerettet.“ Ich dachte kurz daran, was ich über Kraven wusste. „Dämonen, die vorher Menschen waren, haben alle eine Geschichte. Sie sind nicht zu hundert Prozent böse. Zumindest glaube ich das nicht. Ich meine, wahrscheinlich haben sie irgendwas echt Schlimmes gemacht, als sie noch lebten, sonst wären sie vermutlich kein Dämon geworden. Oder?“
„Davon ist auszugehen.“
Ich erinnerte mich an Zachs Geschichte über seine gute Tat mit dem ertrinkenden Kind - und dass er deswegen die Chance erhalten hatte, ein Engel zu werden. Also nahm ich an, dass man das Gegenteil - nämlich etwas sehr Böses - tun musste, um ein Dämon zu werden. „Es ist wirklich bizarr. Denn eigentlich müssten Dämonen doch vollkommen böse sein, durch und durch.“
Genau das war eins der Dinge, die mich total verunsicherten: dass man nicht erkennen konnte, wer Engel und wer Dämon war. Wie ähnlich sie aussahen. Nur ihre Tattoos verrieten, wer sie wirklich waren.
„Am Anfang“, fuhr ich fort, „hielt ich Bishop für einen Dämon, so oft, wie er seinen Dolch einsetzte.“
„Ja, es hat schon was, wie er mit der Heiligen Klinge umgeht …“
Ich horchte auf. Diese Bezeichnung hatte sie schon mal benutzt. „So nennt man seinen Dolch?“
Sie nickte ernst. „Alle Todesengel besitzen eine.“
Ich blinzelte. „Was für Engel?“
Sie schaute zu mir runter auf den Boden. „Todesengel. Bishop ist einer der offiziellen Mordgesandten des Himmels, und deswegen ist er einer der wenigen, die befugt sind, diese gefährliche Waffe zu tragen.“
„Oh.“ Ich kriegte fast keinen Ton heraus.
„Wusstest du das etwa nicht?“
„Nein. Das … Thema hatten wir noch nicht.“ Ich flüsterte nur noch. Diese Information hatte mir schlichtweg den Atem geraubt.
„Aus diesem Grund wurde er auserwählt, die Mission anzuführen. Seine Akte beweist, dass er nicht zögert, den Dolch zu benutzen, wenn …“
„… jemand getötet werden muss“, fiel ich ihr ins Wort. Mir wurde übel. „Beim Ritual … und im Umgang mit den Grays …“
Cassandra nickte. „Wenn es nicht diesen Ärger bei seiner Abreise gegeben hätte, wären alle Grays schon längst …“ Sie unterbrach sich. „Natürlich hätte man eine Ausnahme gemacht für diejenigen, die keine Seelen verschlingen und deren Seelen noch intakt sind. Irgendwo jedenfalls. Er hätte dich nicht willkürlich getötet, nur weil du … nun ja, weil du eine von ihnen bist.“
Ich schluckte schwer. „Ich hoffe, da hast du recht.“
Diese Mission in Trinity erforderte eine Person mit den richtigen Instinkten. Keinen Zweifler. Wenn ich ihn bei der Arbeit beobachtete, war mir schon immer das Blut in den Adern gefroren. Seine entschlossene, emotionslose Miene, kurz
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