Gray Kiss (German Edition)
bevor der Dolch zum Einsatz kam.
Mir war bewusst, dass Bishop gefährlich war, doch … ein echter Todesengel?
Ach du Scheiße.
„Ich muss mich jetzt ausruhen.“ Cassandra erhob sich und ging zur Tür. „Morgen muss ich wieder fit sein.“
„Cassandra …“, stammelte ich mit kaum hörbarer Stimme. „Darf ich dich etwas fragen?“
„Natürlich. Was denn?“
Ich holte tief Luft und sah sie direkt an. „Aus welchem Grund hat man dich wirklich hergeschickt?“
Unsicher lächelte sie. „Ich bin hier, um dem Team bei einer schwierigen Mission zur Seite zu stehen. Weshalb auch sonst? Gute Nacht, Samantha.“
„Gute Nacht.“
Sie verließ das Zimmer, aber mir war nicht entgangen, was sie wirklich gedacht hatte. Denn das war ebenfalls eines meiner neuen Talente - ich konnte die Gedanken von Dämonen und Engeln lesen … solange sie nicht aktiv versuchten, mich abzuwehren. Ich musste ihnen einfach nur in die Augen schauen und mich stark konzentrieren.
Cassandra hatte gelogen. Sie war nicht einfach nur hier, weil sie uns helfen sollte. Man hatte sie mit einer ganz eigenen Mission geschickt.
Ich wünschte nur, ich wüsste, mit welcher.
Es dauerte Stunden, bis ich endlich einschlafen konnte. In meinen Gedanken tobten Albträume von bösartigen Grays und toten Mädchen, bis sie schließlich von etwas Angenehmerem abgelöst wurden.
Ich träumte von Bishop.
Er saß mir gegenüber an einem kleinen Holztisch irgendwo in der Einöde - einer trockenen Wüste, die sich erstreckte, so weit das Auge reichte. Entlang des Horizonts war absolut nichts. Der Himmel war von einem matten Grau, fast wie eine gemalte Kulisse.
„Wo sind wir?“, fragte ich ihn.
„Gute Frage.“ Bishop trug Schwarz. Schwarze Jeans, schwarzes T-Shirt. In der Dunkelheit sah man seine blauen Augen besonders gut - sie funkelten wie Saphire.
Was mir Cassandra über seine eigentliche Aufgabe als Himmelswesen gesagt hatte, war so weit weg, dass ich mich an Details nicht mehr erinnerte. Ich wusste nur noch, dass es mich beunruhigt hatte, allerdings wollte ich in diesem Moment nicht daran denken. Jetzt wollte ich einfach nur glücklich sein. Glücklich, ihn zu sehen. Glücklich, dass wir allein waren - ganz egal, wo wir waren. „Das ist ein Traum, oder?“
„Ja.“ Er lächelte - und mein Herz klopfte wie wild.
„Das ist alles nicht real? Ich bin also noch klar im Kopf?“
„Ja. Es ist nur ein Traum. Dein Traum.“
Ich schaute an mir selbst herunter. Ich trug ein aufregendes rotes Kleid, durchscheinend und seidig, wie ein Ballkleid. Etwas so Extravagantes hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht angehabt.
„Du bist schön“, meinte Bishop.
Ich sah ihn an. „Das ist nur das Kleid. Nicht ich.“
„Unsinn. Du bist schön.“ Etwas in seinem Blick ließ mich glauben, was er sagte. „Ich wünschte, ich könnte dich küssen.“
„Hier kannst du mich küssen.“ Ja! Denn wenn das alles nur ein Traum war, zählte nicht, was ich sagte oder tat. Diese Vorstellung gefiel mir - die totale Freiheit. „Normalerweise machen wir in meinen Träumen mehr als nur küssen.“
Er blickte mich überrascht an. „Wirklich?“
Ich nickte und unterdrückte ein Lächeln.
„Du willst mehr, als mich nur küssen, Samantha?“
„Vielleicht ja.“ Mein Puls raste. Der endlose Mut, über den ich normalerweise in meinen Träumen verfügte, schien zu schwinden. „Doch da gibt es ein Problem.“
„Was?“
„Wir bewegen uns auf verschiedenen Ebenen - bei dem, was zwischen uns ist. Ich weiß fast nichts über dich, aber du weißt alles über mich. Ich habe überhaupt keine Macht über dich.“
„Falsch. Du hast dir einen Teil meiner Seele einverleibt. Dir ist klar, dass ich mich total zu dir hingezogen fühle, ohne dass ich etwas dagegen tun könnte. Deswegen habe ich ja probiert - und es nicht geschafft - mich von dir fernzuhalten. Selbst wenn ich auf Distanz zu dir gehe, kannst du alles durch meine Augen sehen, wann immer du möchtest.“
Stimmt, das war noch so ein Talent, das ich erworben hatte. Nachdem ich Bishop geküsst hatte und einen Teil seiner Seele in mir trug, hatte ich manchmal solche Eingebungen und sah, was er sah - selbst wenn er nicht in meiner Nähe war. Ich konnte zwar nicht seine Gedanken lesen oder seine Gefühle spüren, ich konnte jedoch alles durch seine Augen sehen.
„Aber das kann ich nicht, wann immer ich möchte“, entgegnete ich. „Das geschieht immer total zufällig.“
„Du unterschätzt dich. Deine
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