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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Weltraum-Pauschalferien in Betracht gezogen hatte, schob er die Maus angewidert zur Seite. Nichts davon schien ihm geeignet. Eine Firma wollte ihr frei Haus einen erstklassigen Jetski liefern. Interessant. Aber ungeeignet. Er kehrte in die Küche zurück, zog noch eine Linie, trank etwas Mineralwasser und schaltete MTV ein.
    Da war es. Bling-bling. Tanzte ihm ins Gesicht.
    Und darum zur Bond Street. Wieder Taxis. Manchmal, so überlegte er, war das Leben nichts als eine Reihe von Taxis. Man sprang aus einem raus und ins nächste rein, wie in einer Szene aus einem Beatles-Film. Wenn vielleicht vier Typen, alle gleich, einer nach dem anderen in ein Taxi stiegen, würde es cool wirken, optisch gesehen. Während er den Fahrer bezahlte, überlegte er, ob er diese Idee notieren sollte. Er fühlte sich heute kreativ. Es wäre ein Jammer, diese Kreativität einfach verpuffen zu lassen.
    Die Bond Street hörte sich an wie der nahende Herbst, das Rascheln von Einkaufstüten erfüllte die Luft, als kostspielig rekonstruierte Matronen mit erschreckender Schnelligkeit und Effizienz zwischen Boutiquen hin und her eilten wie Zollhunde, die einen Laderaum durchsuchen. Guy bemerkte ein junges Paar, das zögernd vor einem Kleinhandelsbunker stand, eingeschüchtert von dessen Weiße und den drei Paar Schuhen, die im Schaufenster ausgestellt waren. Sie machten einen Schritt vorwärts, dann hasteten sie davon, als wollten sie der Welt signalisieren, dass sie nie wirklich in Versuchung gewesen waren hineinzugehen.
    Am Eingang zum Juwelier stand ein uniformierter Wachmann mit einem Kopfhörerknopf im Ohr. Guy stellte den Blick scharf (es war wichtig, Blickschärfe zu bewahren) und schritt an ihm vorbei in das theaterhafte Dunkel des Ladens. Punktscheinwerfer strahlten verglaste Auslagekästchen voller Juwelen an und ließen ihre menschlichen Bedienten in mystische Schwärze gehüllt.
    »Eindrucksvoll«, bestätigte er durch zusammengebissene Zähne.
    Das Personal schien die Wucht seines Einkaufsstils sprachlos zu machen. Eine junge Angestellte in einem cheongsam zeigte ihm einige ungefasste Steine. Er wiederholte in einem fort eindrucksvoll, bis sie verschwand und der Geschäftsführer die Sache in die Hand nahm. Gemeinsam betrachteten sie Diamantenhalsketten, -armbänder und -ohrstecker. Es waren viele technische Einzelheiten mit Gewichten und Fassungen zu bedenken. Guy versuchte den Geschäftsführer zu bewegen, darauf zu verzichten. Konnte der Mann denn nicht sehen, dass er knapp mit der Zeit war?
    Der Geschäftsführer sah seine Rolle offenbar als eine Mischung aus Hausierer und Wächter eines sehr exklusiven religiösen Heiligtums. Dies, intonierte er mit einer Hochkirchenstimme, ist eine sehr wichtige Entscheidung. Guy drehte seine Augen zur Decke. Zu wahr, dass es eine wichtige Entscheidung war. Das Miststück würde ihn verlassen, wenn das hier nicht funktionierte. Eindrucksvoll, erinnerte er ihn erbost. Wirklich eindrucksvoll. Vor Missbilligung triefend, schleuderte der Geschäftsführer seine Manschetten aus dem Ärmel und fragte, ob Guy über die Angelegenheit vielleicht noch ein wenig nachdenken wolle. Es sei schließlich eine größere Anschaffung. Mit schlecht verhüllter Ungeduld erklärte ihm Guy, niemand hätte eine klarere Vorstellung davon, worum es gehe, als er.
    Es war, als watete man durch Sirup, aber schließlich verließ er den Laden mit dem, was er wollte, einer sündhaft teuren Halskette, die seinen Überziehungskredit bis zum Äußersten strapazierte und in einem kleinen Lederkästchen in seiner Jackentasche ruhte. Der Geschäftsführer schien sich nur ungern von dem Stück trennen zu wollen. Guy musste es ihm fast aus den Händen reißen.

    Office. Ausgelaugt betrat er das Tomorrow*- Gebäude. Der Kampf um die Kette hatte ihn erschöpft, und er hatte Angst, dass hier neue Unannehmlichkeiten auf ihn warten könnten. Man würde ihn nach seinem Erfolg in Dubai fragen. Eine ehrliche Antwort könnte die Arbeitsmoral in der Firma senken. Er setzte sein bestes Chefgesicht auf (forsch, kompetent) und beschleunigte mit Vorsatz den Schritt, als er in die Anmeldung trat und das Mädchen am Rezeptionstisch mit einem breiten Lächeln begrüßte.
    »Hi, Nicky. Na, halten Sie die Stellung?«
    »Charlotte.«
    »Sind Sie neu?«
    »Nein. Es sind Mitteilungen für Sie da.«
    »Später.« Er hob eine Hand in die Höhe und drehte sich zur Treppe herum. Leider hatte man ihn bemerkt. Schon sammelten sich Leute mit Akten und fragenden

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