Grazie
und ruf mich wieder an.«
Claire las ihm die zehn Ziffern vor, und Henry notierte sie.
»Und?«, sagte Susan, als er aufgelegt hatte.
Henry antwortete nicht. Stattdessen tippte er die Nummer des
Handys ein, das Archie auf den Namen des toten Mädchens hatte
registrieren lassen.
Das Gerät schaltete sofort auf Mailbox.
»Ich bin's«, ertönte Archies aufgezeichnete Stimme. »Beeil
dich.« Der Piepton erklang.
»Verdammt noch mal, Mann«, sagte Henry ins Telefon. »Ich hoffe
nur, du hast eine Bombenausrede für das alles.« Seine Stimme klang
belegt, und er wandte den Kopf ab, um seine Gefühle vor Susan zu
verbergen. »Ich bin unterwegs.«
Er schaltete das Handy aus und sah Susan an.
»Er ist es«, sagte er.
Sein Handy läutete sofort wieder, er riss es noch vor dem
zweiten Klingelton ans Ohr. »Vom Highway 20 geht nicht weit vom
Metolius River beim Meilenstein 92 ein Forstweg ab. Vier Kilometer
diese Straße hinauf haben wir ein Signal. Flanagan sagt, da oben steht
ein Haus.«
Sie waren gerade an Meilenstein 38 vorbeigefahren. Susan hatte
recht gehabt. Die Frau im Jaguar war Gretchen gewesen. Und Henry wollte
genau das Gegenteil. Aber jetzt war keine Zeit für Selbstvorwürfe.
»Okay«, sagte er. »Ich fahr da rauf. Schick alle verfügbaren Kräfte
hin.«
»Du weißt, dass dort oben der Wald brennt, ja?«
Henry schaltete die Sirene ein und wendete auf die
Gegenfahrbahn. Vor ihnen am Horizont stieg fleischfarbener Rauch Unheil
verkündend in den Himmel. »Ja«, sagte er.
Henry hatte seit dem Telefonat mit Claire
keine zehn Worte gesprochen. Er umklammerte das Lenkrad so fest, dass
die Knöchel seiner Hände weiß hervortraten, und nahm die Kurven sehr
schnell. Es gab keinen Verkehr mehr, der sie aufgehalten hätte. Sie
passierten Big Charlies Tankstelle und schlängelten sich mit heulender
Sirene weiter bergan zwischen den Douglasfichten hindurch. Susan konnte
den Waldbrand riechen. Er roch tatsächlich wie ein Lagerfeuer, nach
Baumharz, Holzkohle und Pfadfinderinnen. Die Rauchpartikel in der Luft
brannten in ihren Augen.
Die Bäume wurden höher, der Himmel war ein schmaler Fluss über
ihren Köpfen. Dunkle Schatten sprenkelten die Straße. Das Eis war
geschmolzen.
Sie bogen um eine Kurve und sahen ein Stück voraus eine
Straßensperre der Forstverwaltung. Es war Susans erster Blick auf das
Feuer. Eine orangerote Flammenwand bildete einen Schnörkel auf einem
der dicht bewaldeten Hügelkämme vor ihnen. Gelblicher Rauch verdeckte
den gesamten östlichen Himmel.
»Du meine Güte«, sagte sie.
Henry fuhr bis zur Straßensperre.
Die Gegenfahrbahn war noch offen, um die Nachzügler unter den
Feuerflüchtlingen durchzulassen, aber die Fahrspur in Richtung Osten
war mit Sägeböcken blockiert. Auf einem großen Schild stand: ›Wegen
Waldbrand geschlossen‹.
Ein Ranger mit Pferdeschwanz kam zum Wagen. Er trug den
üblichen breitkrempigen Rangerhut und hatte sich ein feuchtes Stirntuch
um Mund und Nase gebunden. »Sie müssen umkehren«, sagte er zu Henry und
gestikulierte in Richtung Tal.
Henry zeigte zur Sirene auf der Motorhaube. »Portland PD«,
sagte er.
»Wollen Sie das Feuer verhaften?«, fragte der Ranger.
»Ich muss zu einer Forststraße in der Nähe des Metolius River
gelangen«, sagte Henry.
Der Ranger schüttelte den Kopf. »Das Feuer ist zu nahe an der
Straße. Sie ist geschlossen. Sie können außen herum fahren.«
»Geht nicht«, sagte Henry. »Ich muss da durch. Ich glaube,
dass Gretchen Lowell dort oben ist. Mit Archie Sheridan.«
Der Ranger hob das Kinn und spähte über den brennenden Hügel.
Einen Moment lang fragte sich Susan, ob Henry einfach durch die
Straßensperre fahren würde.
Er musste es nicht tun. »Falls das Feuer Ihren Wagen
überholt«, sagte der Ranger, »bleiben Sie im Fahrzeug. Legen Sie sich
auf den Boden und bedecken Sie Kopf und Gesicht. Atmen Sie flach durch
die Nase. Falls Sie den Wagen verlassen müssen, laufen Sie nicht
bergauf vor dem Feuer davon.«
Susan beugte sich vor und fragte: »Wieso nicht?«
Der Ranger nahm sein Tuch vom Mund und rieb sich den Nacken
damit ab. »Weil Hitze aufsteigt«, sagte er, »und das Feuer Sie einholen
wird.«
Er machte einem der anderen Ranger ein Zeichen, Henrys Wagen
durchzulassen.
»Fahren Sie jetzt«, sagte er. »Falls das Feuer über die Straße
springt, dann sehen Sie zu, dass Sie umkehren.«
Henry sah Susan an. Sie wusste, was er dachte. »Nein«, sagte
sie, verschränkte die Arme und sah stur geradeaus. »Ich
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