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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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mir?«, fragte er
kraftlos.
    »Entzug«, sagte Henry. »Du bist auf einem Anti-Narkotikum
namens Naloxon. Du hattest eine Überdosis im Körper. Das Naloxon
blockiert deine Opioid-Rezeptoren. Cold Turkey, mein Freund.«
    Archie durchforstete sein Gedächtnis nach Hinweisen darauf,
was passiert war, aber er fand nichts. Die Bettlaken waren kalt und
nass von seinem Schweiß. Seine letzte Erinnerung war, wie ihn Gretchen
im Arm gehalten hatte. Wie ein Stromschlag pulsierte Schmerz auf
breiter Front durch seinen Körper, und er krümmte sich weiter in eine
embryonale Stellung. Sie hatten ihn zu früh gefunden. Aber er verstand
nicht, wie sie entkommen konnte. Dann spürte er den Schmerz in seiner
Kehle und fuhr mit zittriger Hand um den Verband an seinem Hals. Er
wusste nicht, was passiert war. Aber er wusste eines: Sie war
entkommen. Es war alles umsonst gewesen.
    Er fing an zu lachen.
    »Sie hat dich als Geisel benutzt«, sagte Henry. »Sie hat dir
mit dem Naloxon das Leben gerettet. Dann hat sie dir die Kehle
durchgeschnitten.«
    »Ich habe mit ihr geschlafen«, sagte Archie. Es war die halbe
Wahrheit.
    Die Zeitschrift fiel aus Debbies Schoß und klatschte auf den
Linoleumboden.
    Henry beugte sich über Archie und legte ihm die Hand auf die
Schulter. »Sprich das nie wieder laut aus«, sagte er.
    »Ich dachte nur, ihr beide solltet es wissen«, sagte Archie.
Er schluckte schwer, was einen pochenden Schmerz in seinem Hals
verursachte. »Ich bekomme wohl keine Schmerzmittel für meinen Hals,
nehme ich an«, sagte er.
    Debbie hatte die Hände zu Fäusten geballt, ihre Knöchel traten
weiß hervor. Sie schien sich gerade so weit zu beherrschen, dass sie
ihn nicht mit bloßen Händen erwürgte. Er konnte es ihr nicht verübeln.
Er wünschte, sie würde es versuchen. Er wünschte, sie würde ein Kissen
auf seinen Kopf drücken und ihn ersticken. Es wäre das Humanste
gewesen, was sie tun konnte.
    »Es ist nicht echt«, sagte sie. »Was immer du mit ihr zu haben
glaubst.«
    Das Reden fiel ihm schwer, er musste sich konzentrieren. Jeder
Muskel in seinem Körper fühlte sich an, als litte er unter
Sauerstoffmangel und zog sich schmerzhaft in Krämpfen zusammen. Er
hatte sich im Lauf der letzten Jahre gelegentlich vorgestellt, wie ein
Entzug wohl sein würde.
    Es war schlimmer.
    »Ich dachte, ich könnte sie fangen«, sagte er hilflos.
    Eine Schwester erschien in einem pfirsichfarbenen Kittel. Sie
regulierte etwas an dem Tropf, an dem Archie hing. »Das wird Ihnen
helfen, zu schlafen«, sagte sie, und um ihre Augen bildeten sich
freundliche Falten.
    Archie nickte dankbar.
    Henry fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Vielleicht weihst
du uns das nächste Mal in deine Pläne ein.«
    Sie wussten beide, Henry hätte ihn davon abhalten können.
    »Du hast mich gehen lassen«, sagte Archie. »Du hast mich
allein zur Toilette gehen lassen. Das war untypisch für dich.«
    Debbie wandte den Kopf und sah Henry an.
    Henry warf ihr einen Blick zu und schaute dann wieder Archie
an. »Ich würde niemals zulassen, dass du dich selbst als Köder
anbietest«, sagte er. »Du kannst von Glück reden, dass du noch lebst.«
    Glück? Wozu war die ganze Sache gut gewesen?
    »Habt ihr das Geständnis gefunden?«, fragte Archie.
    »Ja«, antwortete Henry.
    Das wenigstens hatte er geschafft.
    »Du kannst diesen einen Fall abschließen«, sagte Henry. »Eine
vierzehnjährige Ausreißerin ohne Familie. Und du hast ihn
abgeschlossen. War es das wert?«
    Archie schloss die Augen und lächelte. Er spürte, wie das
Schlafmittel in seine Blutbahn gelangte. Es war eine kleine
Erleichterung. »Ja«, sagte er.
    Er musste weggedöst sein, denn als Archie
das nächste Mal zu sich kam, stand Henry auf der anderen Seite des
Betts. Debbie war gegangen.
    Archie beugte sich aus dem Bett und würgte. Henry hielt eine
rosafarbene Bettpfanne aus Plastik vor ihn hin, in die Archie sich
übergab. Sein ganzer Körper wurde dabei geschüttelt. Als er fertig war,
legte er sich schwer atmend ins Bett zurück.
    Henry verschwand mit der Bettpfanne im Bad. Archie hörte die
Toilettenspülung und den Wasserhahn, dann kam Henry mit der leeren
Bettpfanne zurück und stellte sie auf das Tablett neben dem Bett.
    »Bist du jetzt bald mal fertig?«, fragte Henry.
    Archie wusste nicht, wovon Henry sprach.
    »Du kotzt seit einer Stunde«, sagte Henry. »Weißt du das
nicht?«
    Archie krümmte sich zur Seite. »Nein.«
    »Rosenberg hat dich besucht«, sagte Henry. »Fergus auch«,
sagte

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