Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
Vom Netzwerk:
erschöpfte, kümmerliche tausend Mann all dem standhalten, was der Arobarn zweifellos in diesen Krieg geführt hat? Und wer hat jemals von einem Krieg wie diesem gehört, in dem wir ohne jede Vorwarnung aus einem friedlichen Sommer gerissen werden? Können uns die Greifen überhaupt helfen, wenn wir auf guter Erde stehen und nicht auf ihrem brennenden Sand?«
    Bertaud öffnete sogleich den Mund, um zu bekräftigen, dass er davon überzeugt sei, schloss ihn aber wieder. Er wusste es nicht. Schließlich sagte er: »Ich denke, sie werden es versuchen. Wie wir auch. Die Männer wissen, worum es in dieser Schlacht geht.«
    Iaor hob eine Hand und rieb sich das Gesicht; auf einmal schien es, als hätten ihn die zurückliegenden Tage eingeholt. Dann ließ er den Atem herausströmen, senkte die Hand auf den Hals des Pferdes und richtete sich im Sattel auf. »Nun, wenn wir uns eine Niederlage nicht leisten können, dann müssen wir siegen, mit oder ohne Greifen«, beantwortete er die eigene Frage und trieb das Pferd zum leichten Galopp an.
    Bertaud folgte ihm nicht. Er blickte die langsam dahinmarschierende Kolonne der Soldaten Farabiands entlang und fragte sich ebenfalls, was diese Männer wohl am Ende eines solchen Tages noch zu leisten vermochten.
    Die Spitze der Kolonne umrundete jetzt die Felsnadel, auf die Kes hingewiesen hatte, und auf einmal forcierte sich das Marschtempo. Die Männer weiter vorn vergeudeten keine Luft für Rufe; aber sobald sie die Wüstengrenze vor sich erblickten, breitete sich ihre von Erschöpfung abgeschwächte Erleichterung sofort bis zu den Männern am Schluss der Kolonne aus. Sogar die casmantischen Gefangenen schlossen sich diesem Tempo an; sogar die Zugpferde der Wagen mit den Verwundeten und Toten schritten aus eigenem Antrieb forscher aus. Bertauds Pferd hob den Kopf und blähte die rotgeränderten Nüstern, als es spürte, dass vor ihm Luft wartete, die nicht regelrecht brannte; es wollte losgaloppieren, und nach kurzem Zögern ließ ihm Bertaud den Willen. Es sprang los und jagte wie ein Wurfspeer über den Sand hinweg.
    Die Grenze zwischen Wüste und normaler Landschaft war scharf und deutlich, als wäre sie mit Bedacht von Hand gezogen worden. Auf der anderen Seite regnete es.
    Bertaud starrte in den Regen, der schräg und schwer fiel; er starrte in den dunklen Himmel und auf das Wasser, das vorbei an lebendigen Bäumen und über lebendigen Erdboden hinweg bergab strömte; und er lachte laut, als sein Pferd aus dem kurzen Galopp in einen gestreckten Galopp überging. Es jagte über die Grenze hinweg; und unvermittelt warf es den Kopf und scheute, als der Regen auf es herabfiel. Nach der Wüste fühlte sich das an, als stürmte man in ein Kühlhaus und würde mit Graupel beschossen. Bertaud legte den Kopf in den Nacken und öffnete bei geschlossenen Augen den Mund, und der Regen lief ihm wie Tränen übers Gesicht. Er wusste jedoch nicht recht, ob es Tränen der Trauer oder der Freude waren. Vielleicht beides.
    Wahrscheinlich waren noch nie Soldaten so froh darüber gewesen, sich bei Regen in Formation aufzustellen. Männer schrien unter dem ersten Kälteschock erschrocken auf - und gewöhnten sich dann schnell an eine Frische, die letztlich nicht kälter war als für einen Sommerregen üblich. Sie setzten die Helme ab, damit ihnen der Regen über die Hälse lief. Die Sonnenplanen auf den Karren erwiesen sich auf einmal als nützlich dafür, die Verwundeten vor dem Regen zu schützen, und Meriemne klappte die Vorhänge ihrer Sänfte auf, damit ihr der Regen ins faltige Gesicht lief. Sie schickte ihre Träger direkt zu den Wagen hinüber, und Iaor ritt an der Sänfte vorbei, beugte sich herab, ergriff Meriemnes Hand und küsste sie lachend; jetzt gab es für ihn eine Sorge weniger. Bertaud hoffte nur, dass die Erdmagierin auch den an Sonnenstich Leidenden helfen konnte.
    General Adries ritt flott vorbei, und verstreute Soldaten sprangen allein schon, weil sie ihn sahen, wieder in Reih und Glied zurück. Die Männer hätten eine Stunde Pause machen sollen, um sich auszuruhen, um etwas Warmes zu essen und einen Schluck Wein zu trinken - aber dafür reichte die Zeit nicht; zumindest fürchtete Iaor das sehr. Bertaud fürchtete es ebenfalls. Große Lücken klafften in ihren Reihen. Offiziere machten sich eilig daran, von vielen Verlusten betroffene Kompanien neu zu soliden Einheiten zu formieren; Feldwebel schritten durch die Reihen, holten einen Mann hier heraus und brachten jemanden dort

Weitere Kostenlose Bücher