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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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luftiger Palast oder eine mit zahlreichen Türmen bestückte Zitadelle von Menschenhand. Sie war jedoch kein Ort, der für Menschen oder sonst eine Kreatur der Erde gedacht gewesen wäre. Ihre eindrückliche Kargheit lud zum Nachsinnen über die Sterblichkeit ein und über die Stille, die hinter dem Leben lag; die Stimme des Windes, der singend um ihre verformten, scharfkantigen Felsnadeln fuhr, deutete auf jene größere Musik hin, die hinter den gewöhnlichen Melodien der Menschen verborgen lag. Ihre Wildheit schloss die Wildheit der Greifen mit ein, die sie geschaffen hatten; in der Glut ihres Lichtes und ihrer Wärme klang die Glut der Greifennatur mit. Bertaud konnte sich ausmalen, wie Greifen direkt aus der roten Stille von Sand und Stein hervortraten - gezeugt von diesem machtvollen Licht und in ihre Form gebracht von diesem unaufhörlichen Wind.
    Aber dies war kein Ort für Menschen, fuhr es Bertaud erneut durch den Kopf. Die Wüste saugte das Leben selbst aus ihnen heraus, während sie sich in ihrem Griff befanden, wie der Sand Blut aufsaugte, das auf ihm vergossen wurde. Und es wurde deutlich, dass sich nicht mal die Erdmagier, nicht mal Meriemne, dieser Kraft widersetzen konnten. Nicht, solange sie davon umfasst waren - nicht, solange ihre eigene Kraft darin gebunden wurde und sie somit von der lebendigen Erde abgeschnitten waren.
    Und so entstanden ein Durcheinander und eine Eile, die in der geduldigen Wüste völlig fehl am Platze schienen: die Eile, Verletzte auf Tragen und sonnengeschützte Karren zu laden, die Toten zuzudecken und sie auf andere Karren zu verteilen; die Eile, bereits von der Hitze geschwächte und benommene Männer in geordneten Reihen aufzustellen und sie nach Osten in das kühle Land zu schicken, das in so geringer Entfernung auf sie wartete. Die Eile, Pläne für das zu entwickeln, was sie dort wohl vorfanden.
    Iaor ritt hin und her, begleitete mal eine kurze Zeit lang die Vorhut und ritt dann wieder zurück, um zu sehen, wo die langsamsten Karren blieben. Hier sprang er vom Pferd, um bei einer Sonnenschutzplane zu helfen, die einfach nicht aufgespannt bleiben wollte; dort reichte er einem Verletzten verdünnten Wein aus dem eigenen Vorrat. Das war die Aufgabe eines Königs: überall sichtbar zu sein und die Menschen zu inspirieren. Bertaud überließ ihn seiner Aufgabe, folgte einem eigenen bedächtigen Weg durch die Truppe und betrachtete die Menschen forschend.
    Mehr als zweitausend Mann waren, wie er wusste, von Riamne aus mit dem König nach Süden geritten. Einige hatten sich vermutlich Eles angeschlossen, als Iaor das Heer aufspaltete. Die meisten waren dem König in die Wüste gefolgt, und obwohl Casmantium sie nicht gebrochen und die Greifen kein Feuer auf sie geschleudert hatten, so verlangten die Schlacht und mehr noch die Wüste doch ihren Tribut. Auf jeden, den Speer, Schwert oder Pfeil niedergestreckt hatten, kamen nach Bertauds Schätzung wahrscheinlich zwei, die unter Hitze und Wassermangel zusammengebrochen waren. Zwar hatte das Heer eine Menge Wasser mitgeführt, doch man konnte nicht gleichzeitig kämpfen und trinken, und die herabhämmernde Sonne saugte die Feuchtigkeit aus den Menschen.
    Wie viele auch immer mit dem König in die Wüste marschiert waren - es blieben vielleicht noch tausend Männer mit genug Kraft und Herz, um ein weiteres Mal zu kämpfen ... vorausgesetzt, sie würden bald die Wüste hinter sich bringen und in das grüne Land gelangen und dann auch noch genügend Zeit finden, um sich auszuruhen und ein wenig von der Wüste zu erholen.
    Kes ritt mit dem Heer und saß dabei hoch auf den Schultern der schlanken braunen Greifin, die ihre ständige Gefährtin war. Von allen Menschen hielt allein Kes das Gesicht zum Himmel gewandt, als bekäme sie von dem Licht nicht genug. Noch immer trug sie das kurze braune Kleid, das sie aus dem Hemd eines casmantischen Soldaten gefertigt hatte; und mit der von der Sonne geröteten Haut und dem wirren Haar, das ihr wie ein Wasserfall aus bleichem Licht über den Rücken fiel, wirkte sie kaum menschlicher als die Greifin. Und doch schien genau diese unirdische Natur zu ihr zu passen, als wäre Kes von jeher für das Feuer bestimmt gewesen.
    Während Bertaud sie ansah, senkte Kes den Blick vom strahlenden Himmel. Sie lächelte ihn an - ein süßes, vollkommen menschliches Lächeln; aber ihre Augen blieben von Feuer eingefasst und erhellt. Offenbar deutete sie seinen Blick als Aufforderung zu einer Unterredung, denn

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