Greifenmagier 1 - Herr der Winde
selben Wind tragen zu lassen. Deshalb ... Ich weiß nicht. Ich denke, deshalb hielt er es für so wichtig, den König zu heilen.«
Ja, stimmte die kleine Greifin Opailikiita ihr zu. Das Volk des Feuers folgt dem Feuer. Der Herr von Feuer und Luft und der Herr des Wechselnden Windes leiten das Volk des Feuers in seinem Flug.
»Der Herr des Wechselnden Windes?«
»Kairaithin«, erklärte das Mädchen. »Er ist der einzige Feuermagier, der ihnen verblieben ist. Ich glaube, Magier findet man unter Greifen so selten wie unter Menschen. Und Kairaithin ist von jeher der stärkste gewesen. Deshalb ist er sehr bedeutend. Ich wünschte ... Ich wünschte, Ihr hättet auf ihn gehört.« Hastig ergänzte sie: »Aber natürlich habt Ihr der Magierin vertraut, die Ihr mitgebracht hattet. Kairaithin sagte mir, Erdmagier könnten Feuermagier nicht ertragen ... Ich vermute, dass es ihm seinerseits schwerfällt, die Anwesenheit von Erdmagiern auszuhalten, nur ist er zu stolz, das zu zeigen. Wenn Eure Magierin Euch sagte, Ihr dürftet nicht auf Greifen hören, ist das nicht Eure Schuld.«
Das war es jedoch ganz gewiss. Bertaud sprach es nicht aus. Es war eine Wahrheit, die, wie er überzeugt war, in den kommenden Tagen wiederkehren und ihm in den Ohren liegen würde. »Casmantische Soldaten haben die Greifen in ihrer Wüste angegriffen und sie über das Gebirge getrieben. Stimmt das?«
Ja, antwortete Opailikiita.
Bertaud wandte sich nun direkt an die Greifin und fragte: »Und ist euch deshalb nur ein einziger Magier verblieben?«
Ja, erwiderte sie. Die casmantischen Magier der kalten Erde erwiesen sich als sehr stark. Wir haben sie erst bemerkt, als sie schon über uns kamen. Unsere Feuermagier stellten sich ihnen entgegen, um unserem Volk die nötige Zeit zu geben, dass es sich in die Lüfte schwingen konnte. Die Hallen stürzten hinter uns ein. Die Klippen brachen zusammen. Der Wind blies kalt, wo unsere Wüste vorher gebrannt hatte. Sie sprach mit einer schlichten Offenheit, die jedoch das Grauen und Leid jener Nacht irgendwie deutlich machte ... Bertaud sah es beinahe in der Dunkelheit hinter seinen Augenlidern: rote Klippen, die in einem kalten Sturm zerbröckelten, Greifen, die die Kraft ihres Feuers gegen die gewalttätige Kälte warfen ... Er blinzelte und stellte sich schwarzgewandete Menschen vor, die über den Sand hinweg auf ihn zukamen, wobei der Sand unter ihren Füßen gefror, und Pfeile mit Eisspitzen auf feuerwerfende Greifenmagier schleuderten. Nacheinander erloschen die Feuer in der Dunkelheit. Er blinzelte erneut, schüttelte den Kopf und stellte fest, dass Kes und die Greifin ihn neugierig musterten.
»Aber ihr werdet zurück über die Berge ziehen«, sagte er zu der Greifin, und es war nicht ganz eine Frage. »Und euch diesen Kaltmagiern stellen ... Was ist eigentlich ein Kaltmagier? Ein Art Erdmagier, nicht wahr?«
Ja, bestätigte Opailikiita. Erdmagie steht immer im Gegensatz zu Feuermagie, und ein Menschenmagier, der sich wahrhaft gegen das Feuer wendet, kann kalt werden. Aber wir müssen die Kälte mit Feuer durchdringen, wie Kairaithin sagt, damit wir nicht letztlich zugrunde gehen. Also werden wir tun, was wir tun müssen. Die Greifin sprach in sehr schlichten Worten, und doch begriff Bertaud nur wenig von dem, was sie sagte.
Der Fürst glaubte sich an ein oder zwei beiläufige Bemerkungen über Erdmagier zu erinnern, die sich auf eine seltsame Wintermagie spezialisierten und Macht aus der ruhenden Erde bezogen. Damals war ihm das merkwürdig erschienen. Falls jedoch ein Erdmagier den Wunsch haben sollte, Greifenmagie zu bekämpfen, ergab diese Spezialisierung auf einmal Sinn. Und wenn Kaltmagier so stark waren, fragte er sich, woher die Greifen ihren Optimismus nahmen. Er erklärte jedoch nur: »Ich werde meinem König berichten, was du sagst.«
»Erzählt ihm auch, dass wir das Vieh entbehren können«, sagte das Mädchen ernst. »Die Greifen müssen jagen. Es gehört dazu ... wenn man ein Raubtier des Feuers ist.«
»Er wird die Leute für ihre Verluste entschädigen.« Iaor würde sich tatsächlich dazu verpflichtet fühlen - seine königliche Ehre würde es ihm gebieten -, wenn er den Menschen dieser Gegend gestattete, die Greifen bis zum nächsten Frühling zu ernähren. Vorausgesetzt, er entschied nicht, dass es mit seiner Ehre unvereinbar wäre, ihnen überhaupt so lange den Aufenthalt in seinem Land zu gestatten. Was sehr gut der Fall sein könnte. Der König würde, mehr als alles
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