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Grenzen setzen – Grenzen achten

Titel: Grenzen setzen – Grenzen achten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün/Ramona Robben
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Wir versuchen uns selbst häufig zu rechtfertigen, wenn wir einmal nein sagen. Wir setzen uns selbst unter Rechtfertigungsdruck und möchten begründen, warum wir das oder jenes jetzt nicht können. Jesus verzichtet auf solche Begründungen. Er tut einfach, was er denkt. Und er lässt sich auch in seinem Sprechen nichts aufdrängen. Er übernimmt selbst die Initiative. Er stellt den andern eine Frage, anstatt auf ihre Fragen zu antworten. Immer wenn wir uns gedrängt fühlen, alle Fragen der anderen zu beantworten, sind wir in Gefahr, uns in die Enge treiben zu lassen. Wir müssen uns erst einmal verteidigen und rechtfertigen. Und auf einmal merken wir, dass wir die Grenzüberschreitung der anderen bereits zugelassen haben. Wir haben uns von ihnen die Spielregeln aufzwingen lassen. Ganz anders Jesus. Er handelt aus seiner eigenen Mitte und lässt sich von außen nicht vorschreiben, was er zu tun hat. Er lässt sich auch nicht dazu hinreißen, sein Handeln begründen zu müssen. Vielmehr stellt er ihnen die Fragen, die ihn bedrängen. Damit weist er ihnen eine Grenze zu, die sie nicht zu überschreiten vermögen.
Souverän agieren
    Markus erzählt uns noch von einer anderen Szene, in der wir von der inneren Freiheit Jesu lernen können. Einige Pharisäer und Anhänger des Herodes kommen zu Jesus und wollen ihn in eine Falle locken. Sie versuchen, ihn zunächst zu vereinnahmen, indem sie ihn loben und als Meister bezeichnen, der immer die Wahrheit sagt. Schon diese scheinbar positive Vereinnahmung ist ein Versuch, seine Grenze zu missachten und über ihn Macht zu gewinnen. Manche werden machtlos, wenn man ihnen Komplimente macht. Man schmeichelt ihnen – und schon sagen sie nicht mehr das, was sie wirklich denken. Sie versuchen, das Kompliment durch ihre Worte und durch ihr Verhalten zu bestätigen. Sie sind nicht mehr sie selbst. Doch Jesus ist gegen solche Übergriffe gefeit. Er bleibt in seiner Mitte. Er lässt sich nicht in eine bestimmte Richtung drängen.

    Die Herodianer stellen Jesus eine Fangfrage: „Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen?“ (Mk 12,14) Ganz gleich, wie Jesus antwortet, man könnte ihm daraus einen Strick drehen. Wenn er sagt, man solle dem Kaiser die Steuer zahlen, hätte er die Zeloten und frommen Juden gegen sich. Sie würden sich enttäuscht von ihm abwenden und meinen, er würde gemeinsame Sache mit den Römern machen. Wenn er die Steuer verweigert, hätte er die Anhänger des Herodes gegen sich. Sie würden ihn bei Herodes und den Römern verklagen. Der Aufruf zur Steuerverweigerung war Grund genug, jemanden zu verhaften und zu töten. Die Pharisäer waren sich selber nicht klar über diese Frage. Eigentlich waren sie gegen die Steuer. Aber zugleich waren sie meistens zu feige, ihre Ansicht auch in die Tat umzusetzen. So mogelten sie sich durch. Jesus lässt sich nicht auf die Frage ein. Er weigert sich, sich von den Fragestellern in die Enge treiben zu lassen. Er ergreift auch hierdie Initiative. Er befiehlt den Pharisäern: „Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen.“ (Mk 12,15) Die Phariäser bringen ihm einen Denar und müssen damit schon zugeben, dass sie letztlich den Kaiser anerkennen. Jesus schafft eine Atempause. In ihr kann er seine Strategie überlegen. Er lässt sich nicht auf das Kalkül der Fragesteller ein. Er fragt seine Gegner, wessen Bild und Aufschrift auf der Münze steht. Sie antworten: „Des Kaisers.“ Nun sagt Jesus ein Wort, das seine innere Freiheit ausdrückt und die Fragesteller mundtot macht: „So gebt dem Kaiser zurück, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Mk 12,17) Jesus beantwortet also nicht die Frage nach der Steuer. Er sagt nur, dass sie das zurückgeben sollen, was sie vom Kaiser empfangen haben. Gemeint sind das wirtschaftliche System, der Straßenbau, die Infrastruktur, das Geldwesen. All das gehört dem Kaiser. Sie sollen nur zurückgeben, was sie erhalten haben. Aber sich selbst, ihr Menschsein, das haben sie von Gott empfangen. Das sollen sie Gott zurückgeben. Darüber hat kein Kaiser Macht. Der Mensch gehört Gott und nicht irgendeinem Mächtigen. Auf diese Antwort bleiben die Fragesteller sprachlos.

    Wir erleben häufig, wie wir uns durch Anfragen in die Enge treiben lassen. Ein ganz alltägliches Beispiel: Da ruft jemand an und möchte einen Gesprächstermin mit uns ausmachen. Wenn wir antworten, dass wir leider keinen Termin frei haben, akzeptieren sie das

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