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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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vorgehen.
    Ich trat ein und sofort folgte sie mir, schloss die Tür hinter sich. Ich kam mir ein wenig vor, als würde ich in der Falle sitzen, aber ein Zurück gab es jetzt nicht mehr.
    Ich blieb neben der Tür stehen und sah mich um. Der Raum war groß und seine Einrichtung hatte Ähnlichkeit mit einer Galerie. Nur, dass auf den Podesten und Liegen keine Kunstwerke ausgestellt waren, sondern Menschen.
    Ich schluckte. Die meisten von ihnen waren wenig bis gar nicht bekleidet.
    »Wieso hast du mich hierher gebracht?«, zischte ich leise in Richtung Natasja. »In einen Puff?«
    »Es ist ein Bluthuren-Bordell«, korrigierte sie mich und zuckte nicht einmal mit der Wimper. Ich dafür umso mehr. Mein Blick blieb immer wieder an Männern und Frauen hängen, von denen jeder jederzeit auf das Cover eines Modemagazins gepasst hätte.
    »Ich spendier dir was. Such dir einen aus.«
    »Einen aussuchen?«
    »Stehst du eher auf Frauen?«
    »Was?!«
    »Also doch Männer. Welcher soll es sein?«
    Ich verzog das Gesicht. »Ich bin nicht verzweifelt genug, um mit irgendeinem Callboy ins Bett zu steigen!«
    »Wer spricht davon? Du sollst von ihm trinken, nicht mit ihm vögeln!«
    Ich starrte sie groß an. Natasja sah mich an und ihre dunklen Augen verengten sich. Ich sah etwas Gelbes darin auffunkeln. »Ian«, sagte sie nur und fasste wieder meinen Arm.
    »Wer soll das sein?«
    Natasja antwortete nicht, sondern zog mich quer durch den Raum, wo einige der »Ausstellungsstücke« uns neugierig mit Blicken folgten. Ich wurde puterrot weil wir im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit standen, aber das Problem wurde recht schnell gelöst, als Natasja mich in einen weiteren Raum schob, der direkt an die Galerie angeschlossen war. Ich erwartete, dass sie mir folgen würde – stattdessen wurde die Tür zugeschlagen und ich hörte ein Schloss, das sich drehte. Ich war eingesperrt.
    »Natasja!« Ich hämmerte mit der Faust gegen die Tür, aber niemand reagierte auf mich.
    Ich wandte mich ab und fuhr mir nervös durch die Haare. Als mir durch diese Geste aber ihr verändertes Aussehen und der Grund, warum sie plötzlich so aussahen, wieder einfiel, ließ ich die Hände rasch wieder sinken. Seufzend steckte ich sie in die Taschen meiner Wollhose, als könne ich so Aussehen und Grund ändern.
    Der Raum, in den Natasja mich gesperrt hatte, hätte für ein Gefängnis wirklich schlechter aussehen können. Die Einrichtung war in warmen Beige- und Schokoladentönen gehalten. Ein großes Bett mit niedriger Bettkante dominierte das Zimmer. Hier und dort brannten einige Kerzen und auch im Kamin auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes flackerten einige lodernde Holzscheite.
    Ich prüfte einige der Ziergegenstände, die auf dem Kaminsims lagen. Sie bestanden allesamt aus Metall und alle wiesen lange Zacken oder Schneiden auf. So wirklich konnte ich mit diesen Dingen nichts anfangen, deswegen nahm ich eines von ihnen auf. Es hatte Ähnlichkeit mit einer Kralle, nur dass sich am Ende keine Spitze befand, sondern zwei geschliffene Schneiden. Man konnte die Vorrichtung auf die Fingerkuppe stülpen. Meine Fantasien zu diesem Instrument ließen mich schaudern, weswegen ich die metallene Fingerkuppe schnell wieder zurücklegte.
    Ich ging zur anderen Wand. Es war eine Fensterfront, die auf einen großen Garten hinaus zeigte. Ich fand keine Tür, sonst hätte ich mir den Garten gerne angesehen. Er war sehr gut gepflegt und viel größer, als er eigentlich von der Größe des Hauses her sein durfte, denn von der Straße war er nicht zu sehen.
    Einige Kugellampen waren sehr geschickt zwischen die Büsche und Bäume drapiert worden und gaben dem ganzen das Flair eines asiatischen Ziergartens. Durch die Jahreszeit war nur das Grün der winterharten Gewächse zu sehen, aber dieser Umstand raubte dem Garten keineswegs seinen Reiz.
    Ich wandte mich ab und erschrak, da plötzlich und unvermittelt ein Mann vor mir stand. Er trug nicht mehr als eine Jeans, die gefährlich tief auf seinen Hüften hing. Ein leichter Bartschatten zeichnete sich auf seinen Wangen und dem Kinn ab und bewies, dass die dunkelblonden Haare, die ihm in halblangen Fransen in die Augen hingen, nicht gefärbt waren. Der Fremde hatte die Arme vor der Brust verschränkt und den Kopf ein wenig schief gelegt. Ebenso schief wie sein Lächeln, mit dem er mich musterte.
    »Hallo, ich bin Ian. Kann ich dir helfen?«, fragte er mich.
    »Ja – wie komme ich hier raus?«, erwiderte ich.
    Er lächelte und

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