Grenzgänger
mich.
Der Vampir trat einen Schritt zurück und alles Bedrohliche verschwand. Ich atmete unmerklich aus.
»Blut trinken ist weder eine noble, noch eine romantische Angelegenheit. Sie ist widerwärtig und ein notwendiges Übel – vor allem für jemanden wie dich, der so jung ist. Angst macht Blut bitter.«
»Ich hatte nicht vor …«
»Ich weiß. Ich habe es gespürt. Aber früher oder später wirst du es tun müssen. Ich hoffe für dich, dass es später sein wird.«
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
Kapitel 17
Kay knallte den Hörer auf die Station und versuchte, Fengs Handy zu erreichen. Es klingelte, aber selbst nach über einer Minute meldete sich niemand. Feng ließ seine Mailbox für gewöhnlich eingeschaltet, wenn er das Handy nicht benutzen konnte, aber sie sprang nicht an.
Kay stand auf und griff nach seinem Mantel. Wieso schien er gerade der Einzige zu sein, um den man sich keine Sorgen machen musste?
Der Ficus rief ihm irgendetwas zu, aber Kay ignorierte es. Ein kurzes Prickeln lief über seine Haut, als er die magische Barriere passierte, die einen Schlüssel oder eine Alarmanlage für das Büro unnötig machten.
Feng hatte das Gespräch einfach abgebrochen, was bedeutete, dass irgendetwas passiert sein musste und er in Schwierigkeiten steckte. Feline war irgendwo in der Stadt, und entweder war sie bereits ganz in ihre Rolle als Vampir verfallen oder wurde über ihre Veränderung langsam wahnsinnig. Und Arien…
Kays Schritte verlangsamten sich unmerklich, als er an Felines Mutter dachte. Sandra hatte gesagt, dass sie in Schwierigkeiten war. Sie konnte sie nicht finden, egal womit sie suchte. Das war nur möglich, wenn Arien im Koma lag oder tot war. Kay hoffte, dass es sich nicht um Letzteres handelte.
Er ging die Feuertreppen hinunter, während er die Taxizentrale anrief.
Es hatte Ewigkeiten gedauert, bis er den Umgang mit einem normalen Telefon von Feng erlernt hatte. Kay dachte nicht gerne an seine Hilflosigkeit mit der Technik der Menschenwelt aber damals, als beschlossen worden war, das Mittlerbüro einzurichten, hatte er sich damit auseinander setzen müssen. Er schnaubte. Die Benutzung eines Handys hatte weitere lange, mühevolle Tage des Lernens bedeutet, und mit einem Computer hatte der Fey bis heute seine Schwierigkeiten.
Aber jetzt, wo ich mit dem Handy umgehen kann, scheint keine der erreichbaren Personen der Meinung zu sein, ein Gespräch annehmen zu müssen, dachte er grimmig, während er draußen auf das Taxi wartete.
Fünf Minuten später war er bereits auf dem Weg ins Lagerviertel. Er sah auf die Uhr. Kurz vor fünf. Die Sonne würde bald aufgehen, was hieß, er befand sich im Prinzip schon mitten im Morgengrauen. Ideale Bedingungen für jemanden, der aus dem Land des Zwielichts kam. Was für Vampire die Nacht war, war für Fey Morgengrauen und Sonnenuntergang.
Am Zielort angekommen, bezahlte er den Taxifahrer und stieg aus. Vor ihm erstreckte sich eine scheinbar unendlich lange Schlange aus Lagerhäusern; eines heruntergekommener als das andere.
Kay schloss die Augen. Zum Glück ging es hier um Feng, den er suchte, nicht um Roumond. Im Gegensatz zu Sandra konnte er niemanden ohne einen Talisman oder etwas Persönliches dieser Person finden. Eines der kleinen, aber zuweilen doch sehr einschränkenden Gesetze, die ihm auferlegt worden waren, um im Gegenzug in der menschlichen Welt verweilen zu können. Was wären die Fey nur ohne Regeln? Wenn du etwas haben willst, musst du etwas dafür aufgeben. Wenn du in der menschlichen Welt leben willst, musst du Regeln einhalten. So einfach ist das.
Kay versuchte derart zynische Beobachtungen zu unterdrücken und sich auf das zu konzentrieren, weswegen er hergekommen war.
Er schloss die Augen und versuchte, wie schon bei Feline, das bisschen Magie zu finden, das Feng mit sich trug. Da es sich dabei um etwas Haar von Kay handelte, war es leichter – er hatte es Feng schon sehr früh für derartige Notfälle gegeben. Es wirkte wie ein Peilsender.
Vor dem inneren Auge des Fey erschien lange Zeit nur Schwärze. Behutsam setzte er einen Fuß vor den anderen und ließ sich leiten. Mit geschlossenen Augen ging er den zerklüfteten Asphalt entlang, auch wenn er hinter seinen Augenlidern die Straße so deutlich sah, als wäre es helllichter Tag. Im gleichmäßigen Rhythmus drehte er den Kopf von einer Seite zur anderen, um auch wirklich die gesamte Umgebung absuchen zu können. Schließlich blitze etwas am
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