Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
das Grinsen verstärkte sich, zeigte gleichmäßige, weiße Zähne. »Majestät!«, schrie ich. Das heißt, ich wollte schreien, aber meine Stimme war nur ein schwaches Keuchen. »Nicht!«
Ich war nicht der Einzige, der bemerkte, dass sich die Aufmerksamkeit der Kreatur von mir weg auf Jusson richtete. Die Anwesenden stürzten zur Esse. Wer ein Schwert hatte, zückte es, und selbst der Koch und seine Helfer rannten zu uns, Hackbeile und Messer in der Hand. Wyln erholte sich so rasch, wie es nur einem Elf möglich ist, packte Jussons Wappenrock und zog ihn von der Esse weg. Gleichzeitig hatte jedoch Thadro den anderen Arm des Königs ergriffen und riss ihn zur anderen Seite, während die Leute hinter dem König verhinderten, dass er zurückweichen konnte.
Die tödlich weißen Arme griffen nach Jusson und schienen ihn umarmen zu wollen.
»Nein!«, stieß ich keuchend hervor und warf mich auf Jusson, schleuderte ihn mitsamt Wyln und Thadro zurück. Aber wegen der Menge hinter uns kamen wir nicht weit. Etwas lachte leise hinter mir, und ich spürte, dass sich die Kälte wie ein Speer in meine Wunde bohrte. Mein Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei, während ich die Brecher des Meeres hörte, die zu versuchen schienen, sich dem Rhythmus meines heftig hämmernden Herzens anzugleichen.
Erneut lachte jemand leise, doch dann verstummte dieses Lachen wie abgeschnitten. Die Flammen in der Esse loderten mit einem vertrauten Fauchen auf und brachten die Wärme zurück. Ich drehte mich um. Laurel stand mit erhobener Tatze da, auf der die Rune glühte. Neben ihm stand Cais mit dem Zweig einer Eberesche in der Hand, und auf der anderen Seite flankierte Dyfrig den Faena, der seinen Amtsstab hielt wie einen Langstock. Hinter mir stand Arlis mit gezücktem Schwert und hervorquellenden Augen.
»Habt ihr das gesehen?«, stammelte er in das verblüffte Schweigen hinein. Seine Zähne klapperten vor Kälte und Furcht. »Habt ihr das gesehen?«
»Haben wir, ja«, erwiderte Jusson gereizt, der sich in dem Durcheinander am Boden regte. »Und jetzt runter von mir!«
Thadro, Wyln und ich sortierten unsere Gliedmaßen, und ich trat zurück. Jedenfalls versuchte ich es. Schlagartig wich jedoch alle Kraft aus mir, meine Beine gaben nach, und ich brach auf dem Boden zusammen. Ich zitterte und schaffte es gerade noch, mich abzurollen und anschließend aufzusetzen. Ich legte den Kopf auf die Knie und holte angestrengt Luft. Die anderen versuchten, Jusson aufzuhelfen, aber der König schlug ihre Hände weg. Er stand ohne Hilfe auf, zog seinen Wappenrock glatt, rückte den Goldreif zurecht und riss Thadro sein Schwert aus der Hand, der es aufgehoben hatte. Dabei sah er unablässig Wyln an. »Was zur pockenverseuchten Hölle habt Ihr da in Unser Haus …?« Der König stockte. »Lord Wyln?«
Ich hob den Kopf. Wyln schwankte, die Hand auf die Brust gepresst. Sämtliche Farbe war aus dem Gesicht des Zauberers gewichen, und seine Augen sahen irgendwie falsch aus. Ich brauchte einen Moment, bis ich erkannte, woran es lag. Die Flammen in den Pupillen waren erloschen, und deshalb wirkten die Augen schwarz und leer.
»Als sich Ujans Dämon erhob, schien eine Rasierklinge in mein Herz zu schneiden«, sagte Wyln. Seine normalerweise so melodische Stimme klang harsch und gepresst. Er streckte seine andere Hand aus, und eine Flamme erschien in seiner Handfläche. Doch diese war nicht, wie üblich, gelborange oder auch nur matt rot, sondern blau. »Blockiert«, stieß er hervor. »So leicht, wie ein Adept der Gabe.«
Murmeln brandete auf, während sich die Leute von der Esse zurückzogen. Arlis jedoch bewegte sich nicht, und seine Augen schienen ihm fast aus dem Kopf zu fallen, als er auf das lodernde Feuer starrte. »Dämon? Das war kein pockenverseuchter Dämon! Das war Rosea, die Schauspielerin Rosea. Aber was ist mit ihr passiert? Was verflucht ist passiert?« Er wollte sein Schwert in die Scheide stecken, hielt jedoch inne und starrte auf die Klinge, die merkwürdig funkelte. »Verdammt, seht euch das an! Seht doch! Sie ist gefroren!« Er ließ das Schwert fallen, und der Stahl zerbarst auf dem steinernen Küchenboden. Alle sahen zu, wie die Stücke über die Fliesen rutschten, zu erschüttert, um ihnen auszuweichen.
Jusson war an Wylns Seite geeilt, als der Dunkelelf schwankte, und hatte ihn gestützt. Bei Arlis’ Worten jedoch drehte sich der König um und starrte ihn ungläubig an. »Mistress Gwynedds Rosea? Die versucht hat, Hase auf dem
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