Grenzlande 2: Die Königstreuen (German Edition)
mich dafür auf dem Stuhl umdrehen.
Wyln ignorierte unsere Blicke. »Aber ich müsste zuerst Euer Repertoire sehen.«
»Einen Moment mal, verdammt!« Ranulf hatte endlich die Sprache wiedergefunden, während Beollan seine makellosen Brauen zusammenzog und seine dünnen Lippen zu einem recht beeindruckenden Fletschen verzog.
Wyln ignorierte die beiden jedoch ebenfalls. Gwynedd näherte sich vorsichtig dem Dunkelelf und musterte mit einem raschen Blick die Qualität und den Schnitt seiner Kleidung, worauf ihre Mundwinkel sich wieder hoben. »Ja, Mylord. Natürlich. Ich kann das Textbuch sofort holen, wenn es Euch beliebt.«
»Nein«, lehnte Wyln ab. »Bringt es mir später. Ihr findet mich in König Jussons Residenz.«
»Lord Wyln«, hob Thadro sichtlich verärgert an.
»Ihr wohnt beim König?«, hauchte Gwynedd. Ihre dunklen Augen strahlten. Die anderen Gaukler verfielen in ein unruhiges Gemurmel, als ihnen Visionen von »Schauspielern Ihrer Majestät« durch die Köpfe geisterten.
»Ja«, bestätigte Wyln. »Aber was auch immer entschieden wird, Ihr solltet packen. Hier könnt Ihr nicht bleiben.«
»Aber unsere Zeche …«, begann Gwynedd ängstlich.
»Das wird erledigt«, fiel Wyln ihr ins Wort.
Die entzückenden Mundwinkel hoben sich erneut. »Gewiss, Mylord. Danke, Mylord.« Gwynedd knickste erneut, drehte sich um, öffnete die Tür und scheuchte die Gaukler vor sich hinaus. Kaum waren sie im Flur, hörten wir ihr aufgeregtes Geplapper. Als die Tür sich hinter ihnen schloss, holten Ranulf und Beollan tief Luft, aber Thadro kam ihnen zuvor.
»Was erdreistet Ihr Euch, Lord Wyln«, sagte der Lordkommandeur, der den Elf ansah, als schwämme er in einer Schlammpfütze. »Wanderschauspieler in die Residenz des Königs einzuladen!«
»Oh?« Wyln war sichtlich amüsiert. »Werde ich wieder in die Garnison geschickt?«
»Nein, aber …«
»Man erlaubt mir also keinen Besuch?«
»Natürlich könnt Ihr Besucher empfangen …« Thadro hielt inne, stieß vernehmlich die Luft aus und starrte ihn finster an. »Ihr amüsiert Euch prächtig, stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Euch liegt etwas an einer Schauspieltruppe, Lord Wyln?«, mischte sich Chadde ein, bevor Thadro explodieren konnte.
Wylns Belustigung verschwand. »Vielleicht«, gab er zu. »Aber mehr interessiert mich die Geschwindigkeit, mit der zwei ihrer Mitglieder sich auf Zweibaums Sohn gestürzt haben.«
»Aber unser Treffen war reiner Zufall«, sagte ich. »Sie wussten nicht, dass ich gestern unter dem Publikum sein würde. Ich wusste es ja selbst nicht, bis Jeff, Arlis und ich über den Theaterplatz gingen und sie spielen sahen.«
»Ach ja?« Wyln sah zu mir herunter. »Wenn Ihr nicht aufgetaucht wärt, hätten sie eben so lange gewartet, bis Ihr kamt. Freston ist tatsächlich eine sehr kleine Stadt.«
Thadros Ärger verflog ein wenig. »Ihr glaubt, sie haben versucht, Hase in die Falle zu locken?«
»Ha, ha, Sir«, murmelte ich.
»Ihr habt gehört, was die Leiterin der Truppe sagte«, erwiderte Wyln. »Die Frau ihres Bruders war der Köder. Warum, wenn nicht, um eine Falle zu stellen?«
»Möglicherweise wussten sie tatsächlich, dass er der Cousin des Königs ist, und haben versucht, sich über ihn die königliche Gunst zu erschleichen«, meinte Beollan. Er musterte den Elf aus zusammengekniffenen Augen. »Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand durch die Hintertür zu Seiner Majestät vorzudringen versucht.«
Ich blinzelte, als Beollan mich als Hintertür bezeichnete, aber Wyln zuckte nur mit den Schultern. »Ihr könntet recht haben«, sagte er. »Aber wie die Friedenshüterin misstraue ich Zufällen zutiefst. Oder Ereignissen, die genau im richtigen Moment eintreffen. Ereignissen und Personen«, setzte er mit einem Blick auf Beollan hinzu.
Dessen Gesicht verdunkelte sich vor Ärger, aber Jeffen mischte sich mit seinem perfekten Gespür für den rechten Moment ein. »Rodolfo hat Hase ›Mylord‹ genannt, bevor Hase ihnen verraten hat, wer er ist, Lord Wyln.«
Das stimmte tatsächlich.
»Das ist wahr, Sir«, bekräftigte Arlis, an Thadro gewandt. »Das ganze Gespräch zielte nur auf Hase ab. Jeff und ich waren nur Statisten.«
So viel also zu meinem scharfen Verstand und meiner faszinierenden Persönlichkeit. Ich stierte in meine Tasse und fragte mich, ob ich in meinem Leben von jetzt an vor allem Leute treffen würde, die nur wegen meiner Verwandtschaft mit Jusson meine Nähe suchten.
»Tatsächlich?«, fragte Wyln. »Dann sollten wir
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