Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Horst der Dragoness und dem Anblick ihres zähnefletschenden Grinsens, wenn sie das Schachbrett aufbaute, nach dem Klicken ihrer Krallen auf den Figuren, die aus Halbedelsteinen geschnitzt waren, während sie beim Spiel über den Anfang und das Ende sprach und wie Letzteres im Ersteren bereits erschaffen worden war.
Prinzessin Rajya atmete einmal tief durch. »Ah«, sagte sie leise. »Von einem Drachen erzogen zu werden! Sie müssen wissen, m’Kyri Draconi regierten einst Tural.«
»Drachenlords, Euer Hoheit?«, riet ich.
»Ja«, bestätigte die Prinzessin. »Es war ein goldenes Zeitalter für uns, voller Entdeckungen und Erfindungen, voller Poesie, Musik und Kunst … voller Leben. Eines Tages jedoch verließen uns die m’Kyri , und die Lücke, die sie hinterließen, füllten Kriege und Machtkämpfe. Jetzt haben wir statt Poesie und Kunst Zwistigkeiten und Eroberungen. Ich glaube wirklich, dass ein starker Beweggrund hinter unserer ›Expansion‹ der Versuch ist, unsere Drachenlords wiederzufinden …« Sie verstummte und runzelte die Stirn.
»In den Grenzlanden gibt es Drachen«, begann ich, unterbrach mich dann jedoch und warf einen Blick über meine Schulter auf Wyln und Kveta. Zum Glück hatten der Zauberer und die Wölfin in dem Stimmengemurmel nicht gehört, wie ich die Turalier bei ihrer Suche nach ihren verschwundenen Herrschern auf die Grenzlande hetzte.
»Sie sind zwar vornehm, aber es sind nicht die gleichen«, antwortete Prinzessin Rajya. »Die m’Kyri waren Gestaltwandler, die sich von Drachen in Menschen verwandeln konnten …«
Jetzt unterbrach sich Ihre Hoheit und legte einen rot lackierten Finger an ihre Lippen.
»Wie Ihr Vater?«, fragte ich sie geradeheraus. » Hlafakyri i’alDraconi habt Ihr ihn genannt, richtig? Was soll er sein? Der König dieser Drachenlords? Wollt Ihr ihn deshalb so plötzlich zurückhaben? Damit er Euch in ein neues, Goldenes Zeitalter führen kann?«
»Wir haben mannigfache Gründe«, erwiderte die Prinzessin kühl.
»Vielleicht«, gab ich gleichgültig zurück. »Aber obwohl ich sowohl die Ehrenwerte Moraina als auch Hauptmann Suiden sehr respektiere, glaube ich nicht, dass Drachen gute Herrscher sind. Exzellente Berater, das ja. Könige und Kaiser, nein.«
»Das ist Ihre Meinung.« Die Stimme der Prinzessin war noch kälter geworden.
»Ich bin unter ihnen aufgewachsen, Euer Hoheit«, meinte ich. »Sie denken nicht wie wir. Ihr Temperament, ihre Leidenschaft, ihre Auffassung von Treue, ihre ganze Sicht auf die Welt ist eine vollkommen andere.« Angefangen damit, dass sie ganz oben an der Nahrungskette standen und fest entschlossen waren, dort auch zu bleiben. »Die meisten amüsieren sich über uns oder sind von uns gelangweilt und lassen uns in Ruhe. Dragoness Moraina mischt sich zwar durchaus in die Politik, in die Angelegenheiten unseres Weilers und auch in die der Grenzlande ein, aber selbst sie ist unberechenbar.«
»Mein Vater ist weder wankelmütig noch launisch.« Prinzessin Rajyas Stimme klirrte von Frost.
»Das habe ich auch nicht andeuten wollen«, erwiderte ich. »Drachen sind unglaublich konsequent. Sie sind sich treu, dem, woran sie glauben, und dem, was sie lieben, und zwar weit mehr, als wir es je sein können. Wir sind es, die sie nicht verstehen.« Ich zuckte mit den Schultern. »Stecht mit einem Stock in ein Hornissennest, und Ihr wisst, was passiert. Piekst einen Drachen, und vor Euch tut sich ein ganzer Kosmos von möglichen Reaktionen auf, die alle für einen Drachen vollkommen logisch sind. Das Problem ist, dass Ihr nie vorhersagen könnt, für welche dieser Möglichkeiten er sich entscheidet. « Ich grinste gequält. »Stellt Euch vor, so eine Person säße auf dem Sonnenthron und verfügte über die Stärke, die Macht und den Einfluss des Imperiums.«
Die Prinzessin schwieg, während die Luft um sie herum vor Kälte knisterte.
»Ihr habt recht«, erwiderte ich trotz der eisigen Kälte. »Der Hauptmann ist konsequent und verlässlich. Aber obwohl er ein erwachsener Mann ist, ist er als Drache noch sehr jung.« Immerhin wurden Drachen weit über tausend Jahre alt und manche erreichten sogar ihr drittes Millenium. »Wenn seine zweite Natur reift, wird er …« Ich suchte nach dem passenden Wort. »… sich verändern, denke ich.«
Prinzessin Rajya blieb einen Moment stumm, dann verbeugte sie sich kurz. »Wir unterhalten uns später weiter.« Mit leisen Schritten entfernte sie sich.
Dieses Gespräch war offenbar genauso gut
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