Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
verschlang sein Gericht ebenfalls schnell, hatte den ersten Gang im Nu verzehrt und lehnte den zweiten Gang mit einem Kopfschütteln ab. Lady Margriet hatte den subtilen königlichen Wink aufgefangen und flüsterte einem Bediensteten etwas zu. Kurz darauf versiegte der Strom von Speisen aus der Küche, und Idwal gab das Zeichen für das Ende des Mahles. Ich machte Anstalten aufzuspringen, und das nicht nur, weil ich meinem früheren Hauptmann entkommen wollte. In der Zeit, die ich nicht damit zugebracht hatte, mir über Väter und Töchter den Kopf zu zerbrechen, hatte ich darüber nachgegrübelt, welche Strafen für Jeff, Arlis und Ryson wohl hart genug sein mochten, um Jusson zufriedenzustellen, ohne bei den Betroffenen Narben zu hinterlassen. Ich wartete ungeduldig auf Groskins Rückkehr, damit ich ihn deswegen löchern konnte. Die Unruhe unter den anderen Gästen sagte mir, dass sie ebenfalls dabei waren, sich von den Tischen zu erheben. Doch bevor wir uns verabschieden und flüchten konnten, ertönte ein Akkord auf einer Laute, und die Musiker, Jongleure und Akrobaten von dem Jahrmarkt zogen in die Große Halle ein, musizierend, jonglierend und turnend.
»Meine Güte«, sagte Lady Margriet. »Bei all der Aufregung habe ich ganz vergessen, dass ich sie engagiert hatte, heute Nacht für uns zu spielen.« Sie sah an mir vorbei zu Jusson. »Wenn Ihr es wünscht, kann ich sie wegschicken, Euer Majestät. «
Jussons Miene verfinsterte sich, und er schien geneigt, den ganzen Haufen zusammen mit störrischen Thronerben und anderen Widerborstigen in das tiefste und finsterste Verlies zu werfen, dessen er habhaft werden konnte. Thadro war jedoch aufgestanden und hatte sich hinter den König gestellt. Jetzt beugte er sich vor und flüsterte etwas in Jussons Ohr. Der König seufzte.
»Nein, lassen Sie sie fortfahren, Lady Margriet«, antwortete er und erhob sich vom Tisch. »Wir werden Uns mit Unseren Adligen und Offizieren beraten, aber der Rest von Ihnen weiß vermutlich eine kleine Zerstreuung zu schätzen.«
Lady Margriets Miene hellte sich auf. »Gewiss, Euer Majestät«, erwiderte sie, während sie mit dem Rest von uns aufstand.
»Vielleicht sollten wir ein paar Erfrischungen anbieten, Margriet«, schlug Lord Idwal vor.
Lady Margriet nickte und gab dem Verwalter der Burg ein Zeichen. Doch in diesem Moment tauchte Bertram auf, gefolgt von Lakaien mit Tabletts, auf denen Pokale und dampfende Krüge standen. Hinter ihnen kamen weitere Bedienstete, die ebenfalls Tabletts mit einer Vielzahl von kleinen Desserts trugen. Die Stimmung unter den Gästen besserte sich schlagartig, und sie ergriffen hastig die gefüllten Pokale und so viele Süßigkeiten, wie sie greifen konnten, ohne gierig zu wirken. Einen Moment herrschte andächtige Stille, als der erste Schluck und der erste Biss genommen wurde; dann übertönte ein kollektiver Seufzer die Musik, während die Gesichter sich genussvoll verzogen.
»Kein Wunder, dass Sie ihn nicht von ihrer Seite lassen«, murmelte Prinzessin Rajya. Ich überspielte meinen Schrecken und drehte mich um. Sie hatte ihren Vater und Munir sitzen lassen und stand unmittelbar neben mir. »In meinem casim würde man ihn feiern«, erklärte sie und nahm einen tiefen Zug aus ihrem Pokal.
Ich nippte ebenfalls an meinem eigenen heißen Getränk und schmeckte Honig, Gewürze, Milch und etwas anderes, das mich bis in die Zehenspitzen erwärmte. Zum ersten Mal seit heute Morgen entspannte ich mich, und obwohl meine Probleme nicht verschwanden, schienen sie irgendwie in weite Ferne zu rücken. Ich schlenderte in die Große Halle, wo die Lakaien bequeme Sessel aufstellten. Es kümmerte mich nicht sonderlich, dass Ihre Hoheit mich begleitete. Ihre Pantoffeln machten auf dem Steinboden keinerlei Geräusche. Irgendwie hatte man Jussons gekrönten Stuhl aus seinen Gemächern geholt, und der König setzte sich hinein. Er bedeutete Lord Idwal, Thadro und den anderen Teilnehmern seiner Besprechung, ebenfalls Platz zu nehmen. Suiden war nicht unter ihnen; zwar hatte Prinzessin Rajya ihm entkommen können, Munir dagegen nicht. Der Hauptmann und der Hexer unterhielten sich mit zwei turalischen Offizieren. Das Gesicht des Hexers wirkte ernst, als er redete, Suidens Miene dagegen blieb ausdruckslos, jedenfalls für die, die ihn nicht kannten. Doch alle, die fünf Jahre unter ihm gedient hatten, erkannten, dass Gefahr im Verzug war. Trotz des milde stimmenden Getränks vermutete ich, dass es besser war, möglichst
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