Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Zeitpunkt, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ihr gesundes Auge war weit aufgerissen, die Ohren hatte sie an den Kopf gelegt.
»Wir treffen Vorbereitungen, sie zurückzuschicken«, erklärte Jusson, der meinen Blick bemerkt hatte. »Laurel und Wyln werden sie begleiten, damit es keine Zwischenfälle gibt.«
Das Unbehagen, dass ich von meinen Lehrern in der Gabe getrennt werden würde, verpuffte, als ich Idwal und Lady Margriet sah. Obwohl etliche Adlige zu uns kamen, den König begrüßten und mich neugierig musterten, blieben der Lord und die Lady von Mearden dort stehen, wo sie waren. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, dass manche Dinge eben nicht repariert werden können. Neben ihnen standen Lord Brynach und Berenice. Der Lord des Forsts hatte seine grüne Gestalt mit Geweih angenommen, und Berenices Gesicht zeigte den selben verwirrten Ausdruck, den ich vor ein paar Tagen in der Großen Halle bei ihr bemerkt hatte. Ich wusste nicht, ob sie eines ihrer hässlichen Gewänder trug; der Umhang jedenfalls, der sie vor dem Regen schützte, wirkte alles andere als langweilig. Er war kirschrot, betonte ihre dunklen Augen und ihren schönen Mund, der sich von ihrer glühenden Haut abhob. Sie sah zu mir her und errötete, was den blauen Fleck auf ihrer Wange dunkler hervortreten ließ. Dann blickte sie rasch zur Seite, zog den Umhang fester um sich und trat etwas dichter an ihren Verlobten heran.
Offenbar hatte sie sich damit abgefunden, die Gemahlin des Lords des Forsts zu werden. Vielleicht hatte sie sich auch die Zeit genommen, den Vertrag zu lesen, und herausgefunden, was genau passieren würde, wenn sie ihn nicht heiratete.
Ihnen gegenüber standen Hauptmann Suiden mit Prinzessin Rajya und Kapitän Jasry vom turalischen Schiff. Sie waren von einer Truppe aus turalischen Soldaten und Matrosen umringt, dazu kamen Soldaten der Bergpatrouille aus Freston. Suiden schaute ebenfalls zu mir her. Sein Blick war genauso forschend wie der von Cais vorhin. Doch ich wurde erneut abgelenkt, diesmal von Arlis. Er stand in meiner Nähe und trug die Uniform der Königlichen Armee.
»Ich habe entschieden, dass es das Beste wäre, wenn er eine Weile dort bliebe, wo er war«, sagte Jusson, der erneut meinen Blick aufgeschnappt hatte.
»Ja, Euer Majestät«, erwiderte ich, während ich die Menge musterte. Munir stand zwischen einer Gruppe von Soldaten. Er war ebenfalls von mächtigen Schutzzaubern umringt, einem dünnen Gespinst von Flammen. Als die Leute sich bewegten, sah ich Wyln neben ihm stehen. Das Gesicht des Zauberers wirkte amüsiert, als sich unsere Blicke begegneten.
Ich überlegte, ob ich zu meinem cyhn gehen sollte, und wollte mich gerade zu Jusson umdrehen, um ihn zu fragen, als ich Schritte hinter mir hörte. Ich drehte mich weiter herum, sah Jeff, der in seiner Königstreuen-Uniform zu uns getreten war, und entspannte mich. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, hörte ich wieder Schritte, leichtere diesmal, und blickte nach unten. Bertram sah mich strahlend an, und ich musste grinsen, während ich mich verbeugte.
»Danke«, sagte ich.
Bertram lächelte und erwiderte die Verbeugung, bevor er neben mich trat.
»Er hat Trübsal geblasen, seit du verschwunden warst«, meinte Jusson. »Er hat sogar aufgehört zu backen …«
Laurel stand plötzlich auf, und Jusson verstummte. »Ihr seid fast fertig, Meister Katze?«, erkundigte er sich, während er an das Seil trat.
Ich folgte dem König und blieb dann so unvermittelt stehen, dass Jeff und die anderen Leibwächter fast gegen mich geprallt wären. Jusson hatte mir zwar gesagt, dass Kveta die Knochen fast eines ganzen Drachens besessen hätte, aber es war etwas anderes, das zu hören, als es mit eigenen Augen zu sehen. Hunderte und Aberhunderte von Knochen, angefangen von winzigen Splittern bis hin zu Knochen von der Länge sehr großer Stricknadeln lagen in einem spiralförmigen Muster auf dem feuchten Gras. Sie schimmerten im Regen, und die Runen und Symbole, die auf ihnen eingraviert waren, leuchteten trotz des verhangenen Himmels. Laurel hatte mithilfe von Wyln und des Grünen Lords starke Schutzzauber um sie gewirkt, aber trotzdem spürte ich ihre vibrierende Macht und trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
»Einen letzten noch, Ehrenwerter König«, sagte Laurel. Im Gegensatz zu den Leuten um ihn herum trug er keine Regenkleidung. Genau genommen war er nur mit seinen Perlen und Federn bekleidet, die im Regen dunkel schimmerten. Aber sein
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