Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
gesagt, und wir wären wieder abgereist«, erwiderte Jusson gelassen.
»Also war das alles nur zu meinem Besten«, schloss sich.
»Ja.« Jusson fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Wie Wyln vor ein paar Tagen ganz richtig sagte, als er von der Hölle, dem Weg dorthin und guten Absichten sprach. In Unserem … meinem Eifer, das zu tun, was ich für das Beste hielt, habe ich es nur dahin gebracht, dass du erneut verletzt worden bist.«
Jusson verstummte und wartete, aber ich schwieg. Nicht, weil ich nichts zu sagen gehabt hätte oder es Jusson nicht sagen wollte. Die Worte blieben mir fast schmerzhaft im Halse stecken. Ich versuchte es erneut.
»Ich glaube, Kveta hätte getan, was sie vorhatte, ganz gleich, wo wir gewesen wären, Euer Majestät«, brachte ich schließlich heraus.
»Vielleicht«, antwortete Jusson. »Aber Kveta war nicht die Einzige.«
Ich zuckte mit den Schultern, obwohl mein Hals immer noch wie zugeschnürt war. »Berenices Verhalten hat mich nicht sonderlich bekümmert …«
»Das möglicherweise auch nicht«, fiel Jusson mir ins Wort, »aber was ist mit Suiden?«
Ich blieb wieder stumm.
»Und dann bin da noch ich«, fuhr Jusson fort. »Ich habe mich während meiner Herrschaft nicht oft entschuldigen müssen, vor allem deshalb nicht, weil ich nach Möglichkeit jegliche Handlung vermieden habe, für die ich mich hätte entschuldigen sollen.« Er lächelte wieder, doch diesmal war es ein humorloses Lächeln. »Was vielleicht der Grund dafür ist, dass sich das Königreich gewissen Problemen gegenübersieht. Jedenfalls: Hier muss ich mich entschuldigen, und wenn auch nur dafür, dass ich dich für geringer geachtet habe, als du bist.«
»Wyln sagte ja bereits, dass wir beide uns erst noch aneinander gewöhnen müssen, Euer Majestät …«
»Immer noch Euer Majestät«, warf Jusson ein.
»… Sire«, verbesserte ich mich. »Aber bisher hatten wir einfach nicht Zeit genug.«
»Ja«, meinte Jusson. »Zeit.«
Wir schwiegen beide. Jusson blickte erneut gedankenverloren in den Feuerkorb, während mein Blick wieder zu dem Gobelin mit der Jagdszene glitt. Über uns trommelte der Regen weiter auf das Zelt, während der Wind von einem Schiff flüsterte, das gerade noch den sicheren Hafen erreichte, bevor ein Orkan vom Meer herüberwehte. Jusson drehte sich auf seinem Stuhl herum. »Und wie geht es dir wirklich, Hase?«
Ich dachte einen Moment über die Frage nach. »Ich weiß es nicht«, gab ich dann zu. »Es fühlt sich merkwürdig an.«
»Ich kann mir denken, dass es eine Weile dauert, bis man sich wieder an das Gefühl gewöhnt hat, einen Körper zu besitzen. « Jusson warf mir einen Seitenblick zu.
»Ja«, sagte ich und lächelte schwach. Diesmal fühlte es sich etwas natürlicher an. »Zeit.«
Jusson lachte. »Allerdings, Zeit. Also werden wir uns Zeit lassen, eine Hochzeit planen, eine Rettungsaktion starten, Suiden erlauben, sich an sein neues Kommando zu gewöhnen, den diplomatischen Tanz mit dem Qarant, den Grenzlanden und Tural aufführen, Seine Heiligkeit als Gast empfangen und die konservativeren Doyens beschwichtigen. Und vielleicht, wenn wir wirklich Glück haben, sind wir in der Lage zu kitten, was zerbrochen ist …«
Er unterbrach sich und blickte zum Eingang des Zeltes. Einen Moment später hörte ich Schritte im Prasseln des Regens. Jemand … Mehrere Personen näherten sich dem Zelt. Jusson erhob sich, und ich stand ebenfalls auf und nahm meinen Stab. Im selben Moment wurden die Zeltbahnen zurückgeschlagen. Cais und Thadro traten ein, in Begleitung etlicher Königstreuer.
»Ich bitte um Verzeihung, Sire.« Thadro verbeugte sich. »Aber Meister Laurel sagte, er wäre so weit.«
»Also gut«, erwiderte Jusson, während Cais in der kleinen Kammer verschwand. Unmittelbar darauf tauchte er wieder auf, Mäntel, Schals, Handschuhe und zusammengerollte Schirme auf den Armen. Binnen Kurzem waren Jusson und ich angekleidet und wurden auf eine andere, viel größere Lichtung geführt. Offenbar waren alle Bewohner der Burg dort, zusammen mit vielen Einwohnern aus der Stadt. Sie drängten sich um einen durch ein Seil abgetrennten Bereich, in dessen Mitte Laurel hockte. Neben ihm lag Kveta, bewacht und von so vielen Schutzzaubern gebunden, dass sie von einem grünweißen Dunst umhüllt wurde. Als ich auf die Lichtung trat, drehte sie den Kopf. Jemand hatte ihr eine Klappe über das verletzte Auge gelegt und ihr Bein geschient. Ihr Gesichtsausdruck war der gleiche wie zu dem
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