Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)
Intelligenz«, sagte er.
»Sehr wahr, Ehrenwerter Wyln«, meinte Kveta. »Munir und ich haben auf dieser Reise nur wenig Zeit miteinander verbracht. Allerdings lag das ebenso sehr an mir wie an ihm. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er mich betrachtete, als sähe er mein Fell bereits als Bettvorleger, oder vielleicht auch als Hut, Handschuhe oder Kragen für einen Umhang.«
Javes stieß ein summendes Grollen aus, während Wyln leise zischte. Aber keiner von beiden sagte ein Wort, da wir den König und die Gruppe um ihn herum erreicht hatten. Lady Margriet und Lord Idwal flankierten Jusson, Berenice stand neben ihrer Mutter, während Thadro ein Stück hinter dem König stand und sich mit einem Adligen und dessen Hauptmann unterhielt, der die Farben seines Lords trug und soeben aus seinem Quartier in der Stadt eingetroffen war. Sowohl Lord Idwal als auch Lady Margriet hatten mein Kommen beobachtet, Idwal mit anerkennender Miene und Lady Margriet mit sichtlicher Ehrfurcht. Ihr Blick glitt von den Bändern in meinem Zopf zu der diamantenen Anstecknadel auf meinem Wappenrock, bis er schließlich an den Saphir-Manschettenknöpfen hängen blieb. Dann sah sie mir wieder in die Augen und vollführte einen kleinen Knicks. Berenice dagegen hob angesichts meines prachtvollen Aufzugs nur eine Braue. Ihre Augen funkelten, und ich vergaß schlichte Gewänder und kahlköpfige Hexer, als ich sie angrinste.
»Cousin«, sagte Jusson, und ich lenkte meine Aufmerksamkeit rasch auf den König. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine schwarzen Augen glänzten. »Lady Margriet hat sich erkundigt, wie dir dein Quartier gefällt.«
Mir gerötetem Gesicht verbeugte ich mich vor meiner Gastgeberin. »Ganz ausgezeichnet, Mylady …«
»Oh, hör endlich auf mit der Familie deiner Mutter, Emlyn! Es interessiert mich nicht, mit wem sie verwandt war, sie war trotzdem nichts Besseres. Und wenn ich du wäre, würde ich deine Tochter im Auge behalten. Nach allem, was ich so höre, läuft sie sich die Hacken genauso ab wie ihre Großmutter!«
Ich verharrte mitten in meiner Verbeugung und drehte mich wie alle anderen zu einer Gruppe von Kaufleuten um, in der zwei prachtvoll gekleidete Matronen sich grimmig Nase an Nase gegenüberstanden. Die eine war dürr mit schmalen Lippen, die andere hatte ein Doppelkinn und war recht dick.
»Du bist doch einfach nur eifersüchtig, Frauke«, antwortete die korpulente Matrone. »Meine Aveline hat jede Menge Verehrer, während dein Besenstiel von einer Tochter nicht einmal Fliegen anziehen würde, wenn sie sich mit Honig einschmierte. «
»Delia ist eben wählerisch«, erwiderte die Dürre. »Im Gegensatz zu Aveline und auch zu dir, Emlyn. In diesem roten Kleid siehst du aus wie eine fette Kuh, aber andererseits hattest du noch nie Geschmack.«
»Wenigstens bin ich keine vertrocknete Pflaume!«, konterte Emlyn. Ihr Doppelkinn und die roten Federn in ihrem Haar zitterten. »Mein Ehemann stillt seinen Appetit jedenfalls an meinem Tisch, jede Art von Appetit. Du dagegen solltest dich vielleicht fragen, wo dein Ehemann sich befriedigt …« Sie drehte sich abrupt zu einer attraktiven Frau herum, die die beiden Matronen mit einem Lächeln beobachtete. »Nicht wahr, Irmtraud?«
Irmtraud schüttelte immer noch lächelnd den Kopf. »Ich bin nicht seine Köchin, Emlyn … «, sagte sie, während der Mann neben ihr ihre Hand nahm und sie in seine Armbeuge legte.
»Natürlich nicht, mein Herz«, sagte der Mann und warf Emlyn einen finsteren Blick zu. »Sie werden sich bei meiner Frau entschuldigen …«
»… sondern seine Geliebte«, fuhr Irmtraud fort.
»… und zwar sofort …« Der Mann verstummte. »Wie bitte?«
Irmtraud schüttelte immer noch den Kopf, aber ihr Lächeln war erloschen, und sie schielte beinahe, als sie verzweifelt auf ihren Mund zu starren versuchte. Mit der freien Hand griff sie an ihr wunderschönes Mieder, das mit Goldfäden durchwirkt und mit Edelsteinen besetzt war. »Das hat er mir mitgebracht, aus Svlet.«
»Du sagtest doch, deine Großtante hätte es dir geschickt«, meinte Irmtrauds Ehemann und ließ ihre Hand fallen.
»Ich habe gelogen!«, stieß Irmtraud keuchend hervor, während sich ihr Gesicht verzerrte.
»Ha!«, brach Emlyn das schockierte Schweigen. »Von wegen Tante! Ich kann mich an diese Lieferung noch sehr gut erinnern. Und ich weiß auch noch, was dein Ehemann dir geschenkt hat, Frauke: eine Winterhose aus Wolle. Von der du sagtest, sie würde kratzen.
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