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Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)

Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition)

Titel: Grenzlande 3: Das Vermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Freeman
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bevor sie die Sehne losließ. Es gab einen dumpfen Schlag, und die kleine Gruppe von Zuschauern um uns herum, die zunehmend lauter geworden waren, verstummte unvermittelt. Sie alle starrten auf den Pfeil, der mitten im Schwarzen steckte.
    »Knochen und blutige Asche, hast du das gesehen?«, flüsterte Jeff jetzt hinter mir.
    »Ich hätte schon Schwierigkeiten, diesen Bogen überhaupt nur zu spannen«, erwiderte Arlis, ebenfalls flüsternd. »Und bei ihr sah es aus, als wäre es ein Kinderspiel.«
    Ich war zwar in den Grenzlanden aufgewachsen, wo die Beherrschung von Waffen nicht nur Männersache war, und hatte meinen Wehrdienst in einem Teil des Königreichs geleistet, wo Frauen ebenso für ihre Künste im Bogenschießen wie ihre Fähigkeiten im Haushalt respektiert wurden, aber trotzdem stand mir vor Staunen der Mund offen. Ich klappte ihn hastig zu und hoffte, dass niemand es bemerkt hatte.
    Berenice lächelte, senkte den Bogen und nickte in Richtung Prinzessin Rajya, zum Zeichen, dass sie jetzt an der Reihe war. Ihre Hoheit schlenderte unbeeindruckt zur Linie. Um die Zuschauer zu unterhalten, leckte sie einen Finger an und hob ihn in den Wind. Schallendes Gelächter belohnte sie.
    »Es ist faszinierend zuzusehen, wie Frauen Krieg spielen.«
    Wyln sah weiter Prinzessin Rajya und Berenice an, aber Jeff, Arlis und ich hatten uns zu Munir herumgedreht, der zu uns getreten war.
    »Ich glaube nicht, dass eine der beiden spielt, Lord Munir«, widersprach ich.
    »Das siehst du ganz richtig«, murmelte Jeff. »Diese Blicke sind ernst.«
    »Sie müssen noch viel über das schöne Geschlecht lernen, Sro Hase.« Munir ignorierte Jeffs Bemerkung.
    Ich dachte das Gleiche über den Hexer und wollte das auch sagen, aber Wyln kam mir zuvor.
    »Hört auf, den Jungen zu necken, Adeptus«, sagte er, während er beobachtete, wie Prinzessin Rajya einen Pfeil auflegte, den Bogen hob und die Sehne spannte. Sie stand einen Moment regungslos da, zwischen zwei Herzschlägen, während der Wind ihr das Haar ins Gesicht peitschte. Ihre dunklen Augen hatte sie konzentriert zusammengekniffen. Dann ließ sie die Sehne los, und einen Moment später ertönte ein weiterer leiser Schlag, als der Pfeil unmittelbar neben dem anderen einschlug. Die Zuschauer, deren Zahl immer weiter anwuchs, spendeten gedämpften Beifall. Prinzessin Rayja drehte sich um und schwenkte kurz den Arm in Richtung Berenice.
    Munir ignorierte die Frauen und grinste den Zauberer an. »Den ›Jungen‹, Sro Wyln?«, fragte er unter dem Jubel der Menge. »Sro Hase ist so alt, dass er sich jeden Morgen rasieren muss, und hat ein gesundes, wenn auch unerfahrenes Interesse an dem anderen Geschlecht.« Er sah mich prüfend an. »Und das, obwohl er der Cousin eines Elfenkönigs ist, der weder das eine tut noch das andere hat.«
    »Nicht nur nennt Jusson Ivers Sohn ihn seinen Cousin«, erwiderte Wyln, dessen Miene liebenswürdig war, in dessen Augen jedoch Flammen loderten. »Sondern Seine Gnaden Fyrst Loran von Elanwryfindyll nennt ihn seinen Cyhn. Und obwohl Seine Gnaden sich nicht mit der Last eines Bartes herumplagen muss, hat Ihre Gnaden keinerlei Beschwerden über die Vorgänge im ehelichen Schlafgemach …« Der Zauberer unterbrach sich, offenkundig erschreckt, dass er gerade vor einem Haufen unrasierter Menschen über das Liebesleben seiner Schwester und seines Lehnsherrn geplaudert hatte.
    Aber Munir ignorierte das ebenfalls. »Ich habe gehört, dass der Fyrst sowohl Sro Hase als auch König Jusson als zu seinem Geschlecht gehörig bezeichnet. Er führt diese Verwandtschaft auf seine Tochter zurück, obwohl sie bereits vor Jahrhunderten verschwunden ist.« Sein prüfender Blick in meine Richtung verstärkte sich und glitt zu den Luft- und Feuerkugeln, die friedlich über meinen Schultern schwebten. »Seine Gnaden haben jedoch vermutlich recht … es gibt tatsächlich eine starke Ähnlichkeit, trotz allem, was dafür spricht, dass er ein Mensch ist.«
    Trotz meiner Familienbande fand ich nicht, dass ich auch nur im Entferntesten Jusson oder Wyln ähnlich sah, die beide die feingezeichneten, fast zierlichen Gesichtszüge der Dunkelelfen aufwiesen. Doch etwas anderes war wichtiger; zwar hatte Munir recht, was gewisse Aspekte der Reife des Königs anging, aber hier war weder der richtige Ort noch der richtige Moment noch die passende Gesellschaft, um darüber zu sprechen. Ich erwiderte den Blick des Hexers und vermied es, zu Jusson und den Adligen und Offizieren

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