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Grenzwärts

Grenzwärts

Titel: Grenzwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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merken, wie der drauf ist, denke ich. Auwei, das gibt Ärger!
    Aber es steigt nicht Roland aus dem Porsche, sondern zwei Männer in hellen Anzügen. Einer mit Schnauzbart, der andere bebrillt. Sie dirigieren die Typen mit den Kalaschnikows gestikulierend herum und sprechen …
    »Russisch«, entfährt es Jule, »das sind Russen.«
    »Ja, nicht immer sind die Amis schuld«, raune ich. »Die Frage ist, was die hier wollen. Und wieso haben die den Porsche?«
    »Vielleicht ist es ein anderer«, vermutet Jule, »gibt ja nicht nur den einen Porsche.«
    Doch, denke ich, in Zittau schon. Und dieser hier hat eine Zittauer Autonummer, das muss Rolands Wagen sein. Und ich kann mich nicht erinnern, dass er ihn jemals verliehen hätte.
    Am Hotel wird es jetzt ziemlich unruhig, denn zwei der Bomberjackenträger haben einen schreienden Mann herausgezerrt, den ich von Rolands Spedition kenne. Irgend so ein Trucker, Tim hieß der oder Tom, und ihm gehört, glaube ich, auch die schmucke Harley auf dem Parkplatz.
    Tom flucht laut, ich verstehe nicht genau, was, denn er bekommt gleich eins aufs Maul. Andere Männer kommen aus dem Hotel, es wird laut und hektisch diskutiert, und dummerweise stehen alle genau vor dem Eingang des Hotels.
    »Was geht da ab?«, flüstert Jule entsetzt und drängt sich angstvoll an mich.
    Ich nehme sie schützend in den Arm. »Harte Sitten unter den Zuhältern, was?«
    Jetzt reden die Russen. Oder besser, sie schreien und wollen irgendwelche Mädels mitnehmen, und das heißt für uns: Handeln! Irgendwie. Jetzt oder nie.
    »Los!« Ich packe Jule am Ärmel und zerre sie hinter den geparkten Fahrzeugen zum Parkplatz. Solange die sich noch alle anschreien und miteinander abgelenkt sind, kann ich zur Tat schreiten. Und zwar schnell. Ich ziehe einen Schraubenzieher aus meiner Bomberjacke und hebele damit die Heckklappe des Landcruisers auf.
    »Typen mit Geländewagen haben immer einen Reservekanister dabei«, erkläre ich Jule aus Erfahrung sprechend. Und ich habe keinen Bock, mein schönes Benzin an irgendwelche Zuhälter zu vergeuden.
    Ich hole den Kanister, vierzig Liter, ein tonnenschweres Teil, aus dem Landcruiser und lege zwischen den Autos eine dicke Benzinspur. Wichtig ist dabei, die Reifen gut zu benetzen. Brennt so ein Autoreifen erst mal, ist die Karre nicht mehr zu retten.
    »Willst du die Autos in die Luft jagen?« Jule ist empört. »Du regelst alles mit Gewalt, wie?«
    Mensch, Mädel, denke ich, quatsch mich bitte nicht voll, während ich arbeite! Ich bin auch so angespannt genug. Aber sie tappert hinter mir her und redet wie aufgezogen.
    »Vielleicht kann man mit den Leuten ja reden? Aber du findest deine Rolle als Krieger offenbar unglaublich toll!«
    »Jule, mit den Leuten kann man nicht reden«, entgegne ich genervt, »das sind Killer.«
    »Männerkulte«, schimpft Jule und meint damit nicht nur mich, sondern auch die aufeinander losgehenden Zuhälter aus dem Hotel. »Ihr seid gefühlsmäßig alle im Mittelalter stecken geblieben. Euch treibt nur der Hass.«
    »Yeah«, nicke ich, »Hass ist ein großes Gefühl.« Ich benetze mein Taschentuch mit Benzin. »Jetzt pass mal auf, was das hier gleich für Bambule gibt!«
    Ich lasse mein Feuerzeug aufschnappen, setze das Taschentuch in Brand und werfe es zwischen die Autos.
    Wumm! Eine Flammenwand schießt hoch. Klasse!
    Ich ziehe Jule schnell zwischen zwei große Müllcontainer.
    Am Hotel bricht Chaos aus. Schreiende Männer mit Feuerlöschern kommen heran, einige versuchen verzweifelt, ihre Autos aus den Flammen zu fahren, andere schleppen Wassereimer. Auch die beiden Russen und ihre Bomberjackenträger helfen hektisch beim Löschen, denn Feuerwehr, Bullen und dieses ganze offizielle Tatütata kann hier jetzt keiner gebrauchen.
    »Okay, die Bande ist erst mal beschäftigt.« Ich nehme Jule an der Hand und ziehe sie geduckt über die Straße ins Hotel hinein.
    Kein Mensch ist mehr hier. Alle löschen draußen. In der Gaststube baumelt eine einsame Glitzerkugel an der Decke, ansonsten gibt es blaue Plastikstühle und -tische, mit Brandlöchern übersät. Zerknüllte Bier- und Pepsidosen liegen auf dem Boden, über der Theke flackert eine halb blinde Ballantines-Reklame, und aus den Boxen schluchzt Chris Isaak von der Einsamkeit im »Blue Hotel«.
    Eine Treppe führt hoch ins Obergeschoss. Von einem schmalen, seltsamerweise mit alten Zeitungen tapezierten Gang führen links und rechts Türen ab. Vor allem in den Zimmern zur Straße hin hört man

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